Leben
Schweiz

Filmfestival Locarno 2025: Die Milliardärin und der Leopard

A general view shows spectators waiting for the start of a film screening on the Piazza Grande square during the 76th Locarno International Film Festival in Locarno, Switzerland, Saturday, August 5, 2 ...
Die Piazza Grande von Locarno: Platz für 12'000 Zuschauer und noch immer eine der grössten Leinwände der Welt (26 mal 14 Meter). Bild: keystone
Filmfestival Locarno

Die Milliardärin und der Leopard: Im August laufen 225 Filme am Lago Maggiore

Und mit Jane Campion und dem Bollywood-King Shah Rukh Khan sind auch veritable Stars zu sehen.
10.07.2024, 15:5010.07.2024, 17:07
Mehr «Leben»

Maja Hoffmann aus dem Clan der Basler Pharma-Dynastie Hoffmann-La Roche ist reich. Superreich. 6 Milliarden Franken reich, um genau zu sein. Sie ist jetzt die Präsidentin des Filmfestivals Locarno, das jährlich 18 Millionen Franken kostet, und sie ist sehr zufrieden an der Pressekonferenz im Zürcher Ausstellungsraum der LUMA-Stiftung, die selbstverständlich keine andere als sie gegründet hat. Es sei gelungen, die wichtigsten privaten Festivalpartner an Bord zu behalten, und mit neuen sei man auch im konstruktiven Gespräch. Das ist wichtig, denn von der öffentlichen Hand ist in Zukunft sicher nicht mehr Geld zu erwarten.

Ebenfalls sehr glücklich ist sie mit dem Festivalplakat für 2024. Es zeigt – wie immer – den Locarneser Leoparden. Logisch, ist ja auch heimisch in den Wäldern um den Lago Maggiore. Nein, natürlich nicht, aber er ist einfach ein markiges, wildes, unabhängiges Festival-Maskottchen wie der Löwe von Cannes oder der Berlinale-Bär. Ein Raubtier dazu – wer den Goldenen Leoparden gewinnt, hat den anderen den Sieg geraubt. Oder so. Für Maja Hoffmann ist der Leopard vor allem eines: weiblich. «La panthère», denn Maja Hoffmanns erste Sprache ist Französisch.

Das neue Festivalplakat von Annie Leibovitz mit «la panthère».
Das neue Festivalplakat von Annie Leibovitz mit «la panthère».Bild: locarno film festival

Sie habe sich «als Frau attackiert» gefühlt, «la panthère» sei ihr auf den bisherigen Plakaten immer «aufgetischt» worden «wie auf einem Teller». Da muss eine erst einmal darauf kommen. Und deshalb hat sie ihre gute Freundin angerufen, nämlich Annie Leibovitz, die Fotografin von Superstars wie der Queen, die selbst mal ein Superstar war, dann jedoch durch so einiges, etwa Steuerschulden in Millionenhöhe, in Ungnade fiel.

London, UK. 13 January 2016. American photographer Annie Leibovitz poses in front of her photo of Queen Elizabeth II. WOMEN: New Portraits, a global tour of new photographs by Annie Leibovitz launches ...
Annie Leibovitz vor ihrem Queen-Porträt.Bild: imago stock&people

«Annie» arbeitete netterweise gratis beziehungsweise legte sich am Lago Maggiore so lange auf die Lauer, bis sie einen Leoparden vor die Linse kriegte oder beauftragte auch einfach einen ihrer Assistenten damit, einen Leoparden in ein Stück Tessiner Landschaft zu photoshoppen. Und siehe da, Maja Hoffmann war glücklich, denn «la panthère» befand sich nun in Freiheit, in der Natur und erst noch unter einem Himmel, der nicht «schön» ist, sondern bewölkt und damit das bewölkte Klima der Welt, in der wir uns befinden, wiedergibt. Etwa so muss man die Worte der Festivalpräsidentin deuten. Item, irgendwie eine hübsche Geschichte. Im Tessin wurde das Plakat sofort zum Meme mit einem ganzen Zoo an tierischen Möglichkeiten.

Glasklar sind dagegen die Ansagen des künstlerischen Direktors Giona Nazzaro und des kaufmännischen Direktors Raphael Brunschwig. Dank flankierender Massnahmen ausserhalb der Leinwände für die Filmschaffenden selbst – etwa das sogenannte Basecamp in Muralto für gut 200 Nachwuchstalente – vermag sich das Festival tatsächlich zu verjüngen beziehungsweise «das Publikumsalter zu regenerieren», jeweils ein Fünftel Festival-Neulinge seien seit ein paar Jahren zu beobachten. Und es stimmt, die Menschen, die in Locarno aus den Lokalen mit den Think Thanks und Seminaren quellen, sehen immer nach einer global zusammengewürfelten Kunsthochschule aus.

Praesidentin des Locarno Film Festivals Maja Hoffmann, Mitte, posiert mit Vizepraesident Luigi Pedrazzini, von links, Artistic Director Giona Nazzaro und Managing Director Raphael Brunschwig an der Me ...
Nazzaro, Hoffmann und Brunschwig (von links) bei der Pressekonferenz vom 10. Juli.Bild: keystone

Das Programm ist wie immer: international und indipendent. Filme aus Asien, Osteuropa, dem Globalen Süden, von überall her, nur nicht aus Hollywood. Hollywood und Mainstreamkino findet in Locarno anders statt. Heuer etwa in Gestalt von Ben Burtt, dem Soundtüftler, der das Röcheln von Darth Vader und die Stimme von E.T. erfand. Oder in der Retrospektive zu 100 Jahren Columbia Pictures (mit über 40 Filmen). Oder durch die Produzentin Stacey Sher, die Filme wie «Gattaca» und vieles von Tarantino produzierte.

Bollywood-Fans erwarten bereits jetzt mit äusserstem Herzflattern Indiens grössten aktuellen Leinwandhelden, Shah Rukh Khan (oder auch einfach SRK oder King Khan). Und andere (wie die Autorin dieses Artikels) sehnen die Begegnung mit Jane Campion, der australischen Regisseurin von «An Angel at My Table», «The Piano», «The Power of the Dog» oder der Thriller-Serie «Top of the Lake» herbei.

Anna Paquin & Holly Hunter Characters: Flora McGrath & Ada McGrath Film: The Piano AUS/Z//FR 1993 Director: Jane Campion 15 May 1993 PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxONLY Copyright: MaryxEvansxAFxAr ...
Holly Hunter und Anna Paquin 1993 in «The Piano».Bild: www.imago-images.de

225 Filme laufen heuer in Locarno, 5679 haben sich für einen Start auf der Piazza Grande oder in einem der vielen Kinosäle beworben, gut 35 Prozent davon sind von Regisseurinnen gedreht worden, und die längste Zahl im Katalog dürfte ein Film mit dem Titel «Cent Mille Milliards» werden, denn der soll in Ziffern dargestellt werden: «10'000'000'000'000».

Die Filme, die für Locarno ausgewählt werden, bleiben meist in Locarno, jedenfalls ist dies ihre Karriere in der Schweiz. International laufen sie nach Locarno noch an vielen weiteren Festivals. Doch für viele Besucherinnen und Besucher (und Locarno ist noch immer das mit Abstand grösste Filmfestival der Schweiz) ist genau dies der Reiz: Dass sie im Ambiente einer südlichen Urlaubsregion ganz exklusiv Filme sehen können und sich dabei auf Entdeckungsreisen durch möglicherweise wenig vertraute Welten machen. Die Locarno-Filme, sagt Nazzaro, seien wie Postkarten aus einem anderen Teil der Welt, die sagen: Hier bin ich und so geht es mir.

Hier geht es zur Auswahl der Filme.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Filmfestival Locarno historisch
1 / 20
Filmfestival Locarno historisch
1946 fanden die Open-Air-Vorstellungen im Garten des Grand Hotels statt.
quelle: pardo.ch
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Das sagen die Swifties nach dem Konzert
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
4 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
4
    200'000 Dollar für Tattoo-Entfernung – so sieht Pete Davidson jetzt aus
    Der Comedian hat einen grossen Wandel hinter sich – doch nicht nur äusserlich.

    Pete Davidson schafft es immer wieder in die Medien. Ob mit seinem neusten Comedy-Skit, seiner neuen, irgendwie viel zu schönen Freundin oder – wie gerade jetzt – seinem nackten Oberkörper. Der 31-Jährige hat sich in den letzten Jahren fast alle seiner über 200 Tattoos entfernen lassen – und dafür eine stolze Summe bezahlt.

    Zur Story