Wie PR-Agenturen die Kommunikation des Bundes zum Autobahnausbau prägen
Das Ausmass erstaunt: Allein das Büro Farner hat in den letzten Jahren fürs Astra Aufträge in der Höhe von 8,2 Millionen Franken ausgeführt. Das zeigen die Auftragslisten, in welche CH Media letzte Woche mit Berufung aufs Öffentlichkeitsprinzip Einblick nehmen konnte. Das bekannte Zürcher Büro rühmte sich einst, es könne «für eine Million Franken aus jedem Kartoffelsack einen Bundesrat machen». Vor zwei Jahren hat die Agentur die zunächst als chancenlos geltende Bundesratskandidatin Elisabeth Schneider-Baume erfolgreich gecoacht und in die Landesregierung gehievt. Jetzt hat «Farner Consulting» das Astra unter anderem beim umstrittenen Ausbau der N1 auf acht Spuren sowie beim Bypass Bern beraten, wie aus internen Dokumenten hervorgeht.
Doch Farner ist nur eine Agentur von vielen, die vom Astra profitieren. Auch andere kümmern sich intensiv um die Öffentlichkeitsarbeit der Strassenbauer: Die Politberater von «FurrerHugi» figurieren ebenso auf der «Lieferantenliste» wie «Infrakom», welche sich auf die Kommunikation besonders umstrittener Projekte im Bereich Geothermie und Strassenbau konzentriert. Über 2,1 Millionen Franken kassierte diese Firma in den Jahren 2022 und 2023 für Arbeiten zum Rheintunnel in Basel sowie für den Bypass Luzern. In Biel bemühte sich die Firma Gebel letztes Jahr für knapp 100'000 Franken, die Akzeptanz für den Ausbau und die Sanierung der N5 zu steigern. Die Firma Generis schliesslich hat in den letzten Jahren vom Astra über drei Millionen Franken eingestrichen, unter anderem für die kommunikative Begleitung der Stadtautobahn in St.Gallen sowie des Fäsenstaubtunnels in Schaffhausen, der ebenfalls zu den Referendumsprojekten zählt.
Auf Anfrage bestätigt das Astra jährliche Gesamtausgaben für die Öffentlichkeitsarbeit von über fünf Millionen Franken, Tendenz steigend. Tatsächlich dürften die Ausgaben noch höher liegen. Wegen einer Informatikumstellung, relativiert ein Sprecher, seien bei dieser Aufstellung nicht alle PR-Arbeiten fürs Astra berücksichtigt worden.
Das Ergebnis der teuren Arbeiten sind Sprachregelungen und Tricks – nicht nur bezüglich «Sicherheitsgewinn». Beispiele:
- Die sechs Ausbauprojekte werden kleingeredet. Es werde «kein einziger zusätzlicher Meter Autobahn gebaut», erklärt der Astra-Direktor immer wieder. Tatsächlich werden 400'000 m2 Landwirtschafts- und Grünflächen zubetoniert. Das Astra selber spricht von einer «Kapazitätserweiterung».
- Die zusätzlichen Spuren werden als «Engpassbeseitigung» verkauft. Dabei verschweigt das Astra den Mehrverkehr, der laut Experten durch den Ausbau der Autobahnen entsteht und nach kurzer Zeit wieder zu neuen «Engpässen» führt. Astra-interne Projektunterlagen dokumentieren, dass nach der Einweihung der zusätzlichen Spuren bei Nyon eine kontinuierliche Steigerung des Verkehrs von 14 Prozent pro Jahr zu erwarten ist – auf über 40'000 zusätzliche Fahrzeuge nach zehn Jahren.
- Schliesslich werden – ein bekannter Kniff – die konkreten Pläne für die drei Auflageprojekte in Bern und Schaffhausen derzeit zurückgehalten – «aus Respekt vor dem demokratischen Meinungsbildungsprozess», so die Begründung des Astra. Erst nach der Abstimmung wird bekannt, wie die Ausbauprojekte aussehen.
Zwar beteuerte das Bundesamt auf Anfrage, die PR-Büros hätten nur an einzelnen Projekten mitgearbeitet und würden sich am Abstimmungskampf nicht beteiligen. Den Beweis dafür aber konnte oder wollte das Astra trotz öffentlichem Interesse nicht antreten. Es liess am Freitag ausrichten, es brauche rund acht Tage Zeit für die Zusammenstellung der angeforderten Unterlagen. (aargauerzeitung.ch)
