Nach Deutschen, Französinnen und Briten sind die Chinesen die viertgrösste Ausländergruppe an Schweizer Hochschulen. 3810 Staatsangehörige der Volksrepublik China sind im aktuellen akademischen Jahr 2023/24 an einer Schweizer Hochschule immatrikuliert.
Doch ihr Leben in der Schweiz unterscheidet sich deutlich von demjenigen anderer ausländischer Studierenden. Die von der Verfassung zugesicherte Meinungsäusserungs-, Forschungs- und Versammlungsfreiheit gilt für sie auf Schweizer Boden kaum.
Denn das Regime in Peking geht mit Zwang, Drohungen und Drangsalierungen gegen diese Studierenden und ihrer in China lebenden Angehörigen vor.
Aus Angst vor Repressionen verzichten diese Studierenden, sich politisch zu äussern oder auch nur schon an Lehrveranstaltungen zu aus Sicht Pekings unangebrachten Themen teilzunehmen. Sie betreiben an den Universitäten und im Privatleben Selbstzensur. Aus Furcht vor Spitzeln des Regimes isolieren sie sich vom akademischen und sozialen Leben an ihren Universitäten.
Dies geht aus einem neuen Bericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International hervor. Die Autoren haben die Situation in acht westlichen Ländern untersucht, darunter der Schweiz. Sie stützen sich dabei auch auf Interviews mit über dreissig chinesischen Studierenden.
Deren Aussagen sind erschreckend: Praktisch alle Befragten gaben an, im On- und Offline-Bereich Selbstzensur zu betreiben. Ein Drittel sagte aus, durch das vorherrschende Klima der Angst habe sich ihr Studienfokus verändert, weg von politisch exponierten hin zu unverdächtigeren Themen.
Problematisch ist auch, dass die vom Regime ausgeübte Repression diffus bleibt: Den Studierenden ist unklar, wie die Überwachungsmechanismen genau funktionieren und welche Aussagen Konsequenzen haben.
Knapp die Hälfte der Befragten gab an, sie fürchteten sich davor, dass andere chinesische Studierenden kritische Aussagen an die Behörden melden könnten. Über 50 Prozent gaben an, aufgrund ihrer Angst unter psychisch bedingten Problemen zu leiden.
Die Erkenntnisse aus den Befragungen und weiteren Quellen belegen für Amnesty International unzweifelhaft, dass sich Chinas Regime einer «transnationalen Repression» bedient. Dabei setze Peking auf verschiedene Werkzeuge. Nicht immer ist der Nachweis einer direkten Beteiligung staatlicher Akteure einfach zu erbringen.
Doch in gewissen Fällen ist diese unbestritten. So berichten mehrere Befragte, wie ihre in China lebenden Angehörigen Besuch von der Polizei erhalten haben. Die Beamten forderten die Familie dazu auf, dafür zu sorgen, dass die im Ausland studierenden Verwandten politische Äusserungen unterliessen. Die Eltern einer politisch aktiven Studentin wurde gezwungen, die finanzielle Unterstützung ihrer Tochter einzustellen.
Fast die Hälfte der Befragten gab an, an öffentlichen Anlässen fotografiert oder anderweitig beobachtet worden zu sein. Eine Studentin schilderte, wie ihr Vater wenige Stunden nachdem sie in ihrer westlichen Universitätsstadt an einer Gedenkfeier zum Tiananmen-Massaker teilgenommen hatte, zu Hause in China Besuch von der Polizei erhielt.
Ebenfalls häufig genannt wurden Warnungen vor Beginn eines Studiums im Ausland, geäussert beispielsweise durch Dozierende an chinesischen Hochschulen. Der Tenor: Man müsse auch im Westen loyal zur Regierung in Peking stehen und unangebrachte Aktivitäten anderer chinesischer Studierenden melden.
Für Historikerin Ariane Knüsel, Expertin für die schweizerisch-chinesischen Beziehungen und Chinas Spionagetätigkeit im Ausland, sind die Erkenntnisse des Berichts keine Überraschung.
Unter Xi Jinpings Führung sei die zuvor schon schwierige freie Meinungsäusserung praktisch unmöglich geworden. In den letzten Jahren sei der internationale Fokus verstärkt worden: «Das Regime versucht, auch im Ausland die chinesische Sichtweise durchzusetzen, und chinesische Studierende spielen dabei eine wichtige Rolle.»
Das Regime sitze ihnen gegenüber am längeren Hebel – nicht zuletzt, weil dank dem in den letzten Jahren massiv ausgebauten Überwachungs- und Repressionsapparat Angehörige in China einfacher unter Druck gesetzt werden könnten.
Swissuniversities, der Dachverband der Schweizer Hochschulen, konnte vor dem Auffahrtswochenende keine detaillierten Fragen zum neuen Amnesty-Bericht beantworten. Er verwies auf einen 2022 publizierten «Leitfaden für eine verantwortungsvolle internationale Zusammenarbeit». Dort wird unter anderem auf die Gefahren bezüglich der akademischen Freiheit bei der Zusammenarbeit mit Universitäten aus repressiven Staaten hingewiesen.
(aargauerzeitung.ch/dsc)
Mit China darf und soll man Geschäfte machen, aber sicher nicht „ins Haus lassen“. China hat während der Pandemie ausreichend gezeigt, dass es kein verlässlicher Partner ist.
Ausser in Ungarn - Orban hat offiziell chinesische Polizei im Land !