«Masken bringen uns zum Schweigen» steht auf einem Schild eines älteren Mannes. «Impfpass gleich Kriegserklärung» lautet seine markige Parole darunter. Stolz und mit einem Lächeln im Gesicht spaziert der Mann über den Sportplatz der Schulanlage Frenke, wo sich nach dem Marsch vom Emma Herwegh-Platz beim Bahnhof die gegen 6000 Demonstrantinnen und Demonstranten zur Kundgebung versammelt haben. Die Stimmung ist euphorisch. «Wir sind wirklich 10’000», ruft eine der Organisatorinnen des Vereins «Stiller Protest» zu Beginn ins Mikrofon. Die Menge jubelt – nicht zum letzten Mal an diesem Nachmittag.
Es war die bislang grösste Demonstration gegen die Corona-Massnahmen in der Schweiz. Die Stadt Liestal hat sie bereits vor Wochen bewilligt. Die wichtigste Auflage, das Tragen einer Schutzmaske, wurde aber genüsslich ignoriert. Eigentlich trugen nur jene eine Maske, die diese als Teil ihres Kostüms, der weissen Schutzanzüge, benötigten. Im Vorfeld der Demonstration schaltete der Verein «Stiller Protest» auf seiner Website ein Video mit einer Tanz-Performance online, wie man sich zu Ansagen aus den Lautsprechern bewegen soll. Mit gebückter Haltung und hängenden Schultern sollte beispielsweise ein dystopisches Gesellschaftsbild voller Unterdrückung gezeichnet werden. «Maskenpflicht für immer» oder «Gehorsam macht frei» lauteten zwei dieser Ansagen.
Dieser Vergleich zur Diktatur der Nationalsozialisten – viele Eingangstore zu den Konzentrationslagern waren mit den Worten «Arbeit macht frei» beschriftet – war beileibe kein Einzelfall. «Nazi-Impfmörder» hielt ein anderer Mann auf seinem Schild hoch und forderte darunter zum Test-, Impf- und Maskenboykott auf.
Die Demonstrantinnen und Demonstranten sehen sich als Opfer und Unterdrückte einer Diktatur, die die Menschenrechte mit Füssen tritt.
schimpfte der Basler Männerarzt Marco Caimi in seiner Rede und bezeichnete Bundesrat Alain Berset als Sonnenkönig in einer Monarchie. «Ist es eine Diktatur? Ist es eine Tyrannei? Ist es Totalitarismus?», fragte Caimi provokativ ins Publikum, welches drei Mal mit einem lauten «Ja» antwortete. Der Männerarzt rief zum Widerstand auf, um wieder Ordnung ins Land zu bringen, in dem das Obligationenrecht, das Zivilrecht und das Strafgesetz gelten. Beim Impfen zog Caimi einen Vergleich zum Apartheit-Regime in Südafrika, als Weisse und Schwarze strikt getrennt wurden.
Markige Worte wählte auch der Rünenberger Gemeinderat Stefan Lang, der aktuell vor allem als Baselbieter Regionalleiter der «Freunde der Verfassung» auftritt. Er kritisierte die angebliche Propaganda der Medien. Die Regierungen würden versuchen, einen Keil ins Volk zu treiben, um es leichter beherrschen zu können. «Die Menschenrechte werden nicht eingehalten», monierte der Oberbaselbieter Exekutivpolitiker und rief über die Schulanlage Frenke:
Die Baselbieter Primarlehrerin Caro Jockel engagiert sich seit Wochen im Verein «Eltern für Kinder» gegen die Maskenpflicht an den Schulen. Diese schade den Kindern in körperlicher, psychischer und seelischer Ebene. «In uns allen steckt eine kleine Pippi Langstrumpf», forderte sie die Menge zum Widerstand mit vereinten Kräften auf, als würden sie alle ein gepunktetes Pferd in die Höhe stemmen.
Es war in vielerlei Hinsicht eine beeindruckende Demonstration: Einerseits die hohe Anzahl Teilnehmenden und deren verströmte Energie, andererseits aber auch die Kompromisslosigkeit, in der die Vorgaben zur Bewilligung missachtet wurden. Die Baselbieter Polizei, die von Kollegen aus der Stadt Zürich unterstützt wurde, fand sich in einem unlösbaren Dilemma wieder. Ihre Aufforderung, Masken zu tragen, wurde johlend überhört.
sagte Polizeisprecher Adrian Gaugler nach Ende der Demonstration. «Für uns hatte ein sicherer und ruhiger Ablauf Priorität.» Es sei für die Polizei eine Güterabwägung zwischen dem Durchsetzen der Massnahmen und dem Aspekt der Deeskalation gewesen, so Gaugler, der das Vorgehen der Polizei als «verhältnismässig» bezeichnete. Es irritierte aber, dass sogar Personen aus dem Organisationskomitee, die als solche gekennzeichnet waren, ohne Maske mit der Polizei diskutieren konnten, ohne dass diese sichtbar etwas dagegen unternahm.
Zwölf Personen wurden vorübergehend angehalten. Eine Person wurde gemäss Polizei bei einem Angriff verletzt und musste ins Spital gebracht werden. Gemäss einem Video, das auf Twitter kursiert, handelt es sich um einen Journalisten. Zu sehen ist, wie er und eine andere Person auf dem Wasserturmplatz angegangen werden. Laut unbestätigten Angaben wurde der mutmassliche Täter verhaftet. Von der Polizei waren zum Vorfall keine Angaben erhältlich.
Rechtsextreme gehen an Corona-Demo in Liestal auf Fotografen und Linke los. pic.twitter.com/oGQXRdUBUg
— Fabian Eberhard (@FabianEberhard) March 20, 2021
Flaschenwürfe auf mich als Journalist und auf ein kleine Gruppe Antifaschist*innen @PolizeiBL konnte meine Arbeit nicht weiter führen wurde mit dem leben Betroht.Eine Person wurde Verletzt.@srfnews @Telebasel @woz #Pressefreiheit @Freedom_Paper @ajour_mag #stillerprotest pic.twitter.com/A8TeD3NYru
— Jorimphotos (@jorimphotos) March 20, 2021
Die Klimademo mit srhr gutem Schutzkonzept wurde dafür nicht erlaubt und die Fünfergruppen nach Hause geschickt.
Was ist hier schiefgelaufen?
Gruppendruck & Nachplappern oder gibt es effektiv so viele Menschen, die denken, dass sie das gleiche durchmachen, wie die Millionen grausam ermordeten Menschen im Nationalsozialismus?