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Ausländerstimmrecht: Wo in Europa Ausländer wählen und abstimmen dürfen

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Wer soll alles mitreden dürfen in der Schweizer Lokalpolitik?Bild: shutterstock
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Diese Länder Europas lassen Ausländer an der Urne mitbestimmen

Ausländerinnen und Ausländer, die seit mehr als zwei Jahren im Kanton Zürich wohnen, sollen das Stimmrecht auf Gemeindeebene erhalten. Dieser Vorschlag erhält viel Gegenwind – doch in vielen Ländern Europas ist er bereits seit Jahren Standard.
17.01.2020, 13:33
Lea Senn
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An der ersten Sitzung des Zürcher Kantonsrates warb Stadtpräsidentin Corine Mauch für das Ausländerstimmrecht auf Gemeindeebene. Unter bestimmten Bedingungen sollen Ausländer und Ausländerinnen im Kanton Zürich mitbestimmen dürfen, ob die alte Turnhalle abgerissen oder ein neues Gemeindehaus gebaut wird. Kurz gesagt: Wer schon länger als zwei Jahre in einer Zürcher Gemeinde wohnt, soll mitreden dürfen, wofür seine Steuergelder eingesetzt werden.

Situation in der Schweiz

Eine völlig neue Idee ist das nicht. In vielen Westschweizer Gemeinden dürfen sich Ausländer auf kommunaler Ebene bereits heute einbringen. Meist müssen sie dafür bereits einige Jahre in der Schweiz, im entsprechenden Kanton oder sogar in der betroffenen Gemeinde wohnhaft sein.

Auch vereinzelte Gemeinden im Kanton Graubünden und Appenzell Ausserrhoden haben das Ausländerstimmrecht eingeführt.

karte: reto fehr

Je nach Regelung gilt dann das aktive Stimmrecht – die betroffenen Personen dürfen abstimmen und wählen – oder bekommen sogar das passive Stimmrecht – die Personen dürfen sich selbst für das Amt als Gemeinderat zur Wahl stellen.

Rund 600'000 von insgesamt 2'150'000 hier wohnhaften Ausländern wohnen in einer Gemeinde, in der sie theoretisch mitbestimmen dürften, das ist gut jeder vierte Ausländer.

Allerdings sind davon statistisch gesehen nur gut 80 Prozent über 18 Jahre alt, also rund 500'000 Personen. Wie viele davon die oben genannte Mindestaufenthaltsdauer in der Schweiz erfüllen, ist nicht bekannt.

Im Kanton Zürich leben zurzeit über 400'000 Ausländer und Ausländerinnen. Abstimmungsberechtigt wären gemäss der neuen Regelung alle Erwachsenen, die bereits zwei Jahre in einer Zürcher Gemeinde leben.

Situation in Europa

In der Diskussion rund um das Thema Ausländerstimmrecht fällt – auch in der watson-Kommentarspalte – oft das Argument, dass die Schweiz das einzige Land sei, das Bürger aus anderen Ländern mitbestimmen lässt. Das stimmt so nicht: In den meisten europäischen Staaten sind Bürger anderer Länder auf lokaler Ebene stimm- und wahlberechtigt, wobei sich das in den meisten Fällen systembedingt natürlich auf das Wahlrecht beschränkt.

So räumt beispielsweise Slowenien allen Ausländern mit ständigem Wohnsitz im Land das Recht ein, auf lokaler Ebene zu wählen. Sie können auch selbst für das Amt als Gemeinderat kandidieren. Ein ähnliches Gesetz kennt auch Irland.

Auch andere Länder aus der EU, wie zum Beispiel Dänemark, Schweden und Finnland, lassen Ausländer aus allen Ländern mitbestimmen – allerdings erst, wenn sie bereits einige Jahre im Land wohnhaft sind. Spanien und Portugal beschränken das Mitbestimmungsrecht auf EU-Bürger und Personen aus einigen südamerikanischen Staaten.

In den meisten anderen EU-Ländern sind zumindest Bürger aus anderen Ländern der Europäischen Union auf lokaler Ebene wahlberechtigt. Dieses Recht garantiert die Unionsbürgerschaft, es ist also sozusagen ein Wahlrecht für Bürger eines Mitgliedstaates in einem anderen Mitgliedsstaat – man kann also technisch gesehen nicht von einem Ausländerstimmrecht sprechen.

Ein weiterer Spezialfall ist Grossbritannien: Nebst Briten, Iren und anderen EU-Bürgern (zumindest vor dem Brexit) dürfen dort auf lokaler Ebene auch sämtliche Bürger aus den 48 Commonwealth-Staaten – unter anderem Australien, Indien und Kanada – mitreden.

Noch ein Blick nach Amerika: Der Grossteil der Ausländer in den USA darf politisch nicht mitreden. In Maryland erlauben jedoch einige wenige Kommunalregierungen Ausländern die Teilnahme an Lokalwahlen. San Francisco erlaubt ausserdem ausländischen Eltern, die Schulbehörde zu wählen.

Trotz vieler internationaler Beispiele: Die Zürcher Initiative von Corine Mauch hat noch einen langen Weg vor sich. Zuerst kommt sie zur Ausarbeitung in die Kommission und danach muss sie sich nochmals dem Kantonsrat stellen. Erhält sie eine Mehrheit, kommt die Verfassungsänderung vors Zürcher Volk.

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46 Kommentare
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Maragia
17.01.2020 13:56registriert April 2016
Wer mitbestimmen möchte kann sich ja Einbürgern lassen. Das ist heutzutage ja nicht mehr all zu schwierig (gerade für hier Geborene welche noch einen Ausländischen Pass erhalten haben...). Nach 5 Jahren in der gleichen Gemeinde kann man sich einbürgern oder? Das ist ja nicht mehr all zu weit weg von den 2 Jahren.
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Edgar Allan Klo
17.01.2020 14:37registriert Februar 2014
In jedem Verein ist es so, dass die Mitglieder bestimmen was läuft. Ich sehe nicht ein, warum man Leute mitreden lassen soll, die nicht Mitglied sind oder werden wollen.

Tut mir leid, aber ich sehe keinen Grund, Nichtmitglieder mitbestimmen zu lassen. Das Steuerzahl-Argument zieht nicht, Steuern sind nichts Anderes als eine Gebühr für die Mitnutzung der Infrastruktur/Angebote/etc.

Wer wählen und abstimmen will, soll sich bekennen und einbürgern lassen.
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Plan B
17.01.2020 17:35registriert Oktober 2019
Es ist gut, wie es ist.
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