Sie werde «von der politischen Ebene verschwinden» und sich nicht mehr einmischen: Das sagte Doris Leuthard im Dezember 2018, kurz vor dem Ende ihrer zehnjährigen Amtszeit als Bundesrätin. Die Worte der populären CVP-Frau sind längst Makulatur. Bemerkenswert ist nun aber doch, dass sich Leuthard auch in die Debatte um das abgelehnte CO2-Gesetz einmischt– und ihrer Nachfolgerin im Umweltdepartement, Simonetta Sommaruga, gleich noch Ratschläge für die Neuauflage gibt.
Denn es war Leuthard, welche das CO2-Gesetz ausgearbeitet hatte. Unter ihrer Ägide wurde es vom Bundesrat verabschiedet. Leuthard war auch noch bei der ersten Beratung dabei, als der Nationalrat die Vorlage versenkte. Ihre SP-Nachfolgerin Sommaruga gleiste es dann zusammen mit dem Ständerat neu auf. Leuthard sagte jetzt in der «NZZ am Sonntag», dass die Vorlage an der Verteuerung von Benzin und Diesel gescheitert sei: «Das ist ein Killerargument.» Nun müsse man schnell ein Gesetz ohne diese Abgabe zimmern. Auch ohne die Flugticketabgabe.
Diese hat tatsächlich das Parlament in das Gesetz aufgenommen, und zwar als sich Leuthard schon längst aus Bundesbern verabschiedet hatte. Den Benzinpreis wollte aber schon Leuthard erhöhen. Im aktuellen Gesetz – das nach dem Volksnein immer noch gültig ist – darf die Treibstoffabgabe um maximal 5 Rappen erhöht werden. In der Vorlage, die Leuthard verantwortet hatte, war indes keine Deckelung der Treibstoffabgabe mehr vorgesehen. Das Parlament erkannte die politische Brisanz.
Eine Deckelung im Gesetz sei wichtig, weil in einem Abstimmungskampf sonst die «wildesten Fantasiezahlen herumgeboten werden», fanden die Nationalräte etwa. Leuthard wehrte sich als Bundesrätin nicht gegen den Deckel, wollte ihn aber von 5 nur auf 8 Rappen erhöhen. Letztlich einigte sich das Parlament auf 12 Rappen; damals war Leuthard nicht mehr im Amt. Dem Vernehmen nach hätte Sommaruga sich auch einen tieferen Deckel als das Parlament gewünscht.
Ob das CO2-Gesetz mit einem Zuschlag von 8 Rappen durchgekommen wäre? Das ist Kaffeesatzlesen. Klar ist indes, dass auch bei Leuthards Vorlage die Autofahrer stärker zur Kasse gebeten worden wären. Interessant sind Leuthards Aussagen auch deshalb, weil sie in die Erzählung von Mitte-Präsident Gerhard Pfister passen. Auch er attackierte Sommaruga nach der verlorenen Abstimmung scharf und machte sie direkt für das Nein verantwortlich. Sommaruga habe zu stark auf die FDP statt auf die Mitte gesetzt. Und Leuthard hätte die Abstimmung gewonnen.
Die CVP-Frau mischt aber nicht nur beim CO2-Gesetz mit. Sie kritisiert auch noch das neue Energiegesetz ihrer Nachfolgerin. Und unlängst hat sie sich in die Debatte um die Abschaltung der UKW-Sender eingeschaltet. Radiopionier Roger Schawinski wehrt sich dagegen mit einer Petition – mit dem Support von Leuthard. Das ist erstaunlich, weil die Idee der Abschaltung der UKW-Sender noch aus der Ära Leuthard datiert.
Schawinski plauderte auf seinem Radiosender jüngst aus, dass es um das Verhältnis der zwei Politikerinnen nicht zum Besten steht. Wörtlich sagte er: «Doris Leuthard hat mir gesagt, ihre Nachfolgerin Sommaruga habe sie in zwei Jahren nie angerufen!» Was für ein Affront, denkt man sich da. Da bleibt Leuthard kein anderer Weg, als ihre Ratschläge via Medien zu erteilen.