Sie sorgen für rote Köpfe auf beiden Seiten: Die Kohäsionsmilliarde und die künftige Teilnahme der Schweiz an den EU-Forschungsprogrammen. Beide sind sie im Moment blockiert wegen des Streits um das institutionelle Rahmenabkommen. In beiden Fällen geht es um viel Geld.
Aber um wie viel genau? Wohin gehen diese Zahlungen der Schweiz an die EU überhaupt? Und wie viel kommt zurück? Hier ein Überblick.
Ein am Dienstag publizierter Bericht des Europäischen Rechnungshof, der unabhängigen EU-Prüfinstanz, gibt detailliert Auskunft über die Zahlungen der Schweiz und anderer Drittstaaten an die EU.
Im Prinzip geht es um zwei Arten von Zahlungen: 1. Zahlungen ins EU-Budget für die Teilnahme an EU-Programmen. 2. Zahlungen direkt an EU-Mitgliedsstaaten im Rahmen der Kohäsion. (Solche machen neben der Schweiz nur die EWR-Staaten Norwegen, Island und Lichtenstein)
Im Finanzierungszeitraum 2014-2019 zahlte die Schweiz rund 2.45 Milliarden Franken direkt in die EU-Kasse ein (knapp 2.2 Milliarden Euro).
Das Gros entfiel mit rund 1.95 Milliarden Franken auf das Forschungsprogramm Horizon2020.
Im selben Zeitraum erhielt die Schweiz aus den EU-Forschungstöpfen 1.87 Milliarden Franken zurück, wie Zahlen des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation zeigen. Diese sind nicht abschliessend und können sich noch nach oben bewegen. Es zeigt aber: Die Bilanz ist nahezu ausgeglichen. In der Periode 2007 bis 2013 machte die Schweiz noch ein Plus von 235 Millionen Franken.
Neben der Forschung zahlte die Schweiz 2014 - 2019 rund 440 Millionen Franken an andere EU-Programme, an denen sie teilnimmt. Knapp 300 Millionen entfallen auf die EU-Satellitenprogramme wie das GPS-Double «Galileo». Etwas mehr als 100 Millionen kostet die Teilnahme an Schengen und der Sicherheitszusammenarbeit. Nochmals 25 Millionen gingen für die Zusammenarbeit im Bereich der Statistik drauf.
Zum Vergleich: Das EWR-Land Norwegen zahlt mit 2.18 Milliarden Euro praktisch gleich viel wie die Schweiz, obwohl es mit seinen 5.3 Millionen Einwohner nur rund 60 Prozent der Schweizer Wirtschaftsleistung aufweist. Israel bezahlte für die Teilnahme an Horizon2020 rund 1 Milliarde Euro.
Neben den Zahlungen ins EU-Budget unterstützt die Schweiz mit den Kohäsionsgeldern vor allem ost- und zentraleuropäische EU-Staaten auch direkt.
Seit 2007 bezahlte die Schweiz rund 1.3 Milliarden Franken über zehn Jahre hinweg an die 13 EU-Staaten, die der EU seit 2004 beigetreten sind. Der Hauptteil des Schweizer Beitrags ging an Polen (ca. 900 Mio.), Ungarn (ca. 235 Mio.) und Rumänien (ca. 550 Mio).
In ihrem Bericht halten die EU-Rechnungsprüfer fest, dass der Bundesrat die Erneuerung des Kohäsionsbeitrags zwar 2018 beschlossen habe. Das Geld aber wegen des Streits um die Börsenäquivalenz blockiert bleibt. Er verweist auf eine Entschliessung des EU-Parlaments aus dem Jahr 2019, wonach die Schweiz grossen Nutzen aus dem Binnenmarkt ziehe und deshalb deutlich mehr bezahlen sollte. Die Rechnungsprüfer betonen, dass künftig sichergestellt werden müsse, dass die Beiträge in einem «angemessenen Verhältnis zu den Vorteilen» stünden, die sich aus dem Marktzugang ergäben.
Ein Direktvergleich mit den EWR-Staaten ist schwierig, da sich die Beiträge auf einen anderen Zeitraum verteilen. Aber: Die EWR-Staaten zahlten zwischen 2014 und 2021 insgesamt 2.8 Milliarden Euro (ca. 3.1 Mia. Franken) an Kohäsionsgelder. Das Gros entfiel auf mit über 95 Prozent auf Norwegen.
Der Bericht der EU-Rechnungsprüfer legt nahe, dass die Schweiz in Zukunft mehr an die EU zahlen muss. Aus zwei Gründen.
Daher eigentlich sogar im Interesse der Schweiz, mehr Grundlagenforschung in der EU zu betreiben. Ein Vorteil der europäischen Integration.