Das Fotoshooting findet im Bundeshaus in drei Sequenzen statt. Und da kommt es zu einer Überraschung. Die drei Politiker stellen sich stets genau gleich auf: SVP-Nationalrat Lars Guggisberg in der Mitte, links flankiert von FDP-Nationalrat Alex Farinelli und rechts von Mitte-Nationalrat Pius Kaufmann.
Sind Farinelli und Kaufmann einverstanden, dass Guggisberg stets im Zentrum steht? Alex Farinelli kontert lachend: «Ja, denn er hat am meisten dafür bezahlt.» Alle drei schmunzeln.
Die Episode hat symbolischen Charakter. Sie zeigt: Der Tessiner Farinelli (43), der Berner Guggisberg (47) und der Luzern-Entlebucher Kaufmann (53) verstehen sich bestens auf menschlicher Ebene. Und die Episode zeigt weiter: Die SVP – sonst oft radikal – hält für ihre Verhältnisse Mass. Dafür gehen FDP und vor allem Mitte weiter als üblich. Damit steht die SVP im bürgerlichen Zentrum der Budgetdebatte.
Farinelli, Guggisberg und Kaufmann haben geschafft, was seit über einem Jahrzehnt niemandem mehr gelang: Sie erarbeiteten ein Mitte-Rechts-Budget. Das bestätigt Mitte-Nationalrat und Bauernpräsident Markus Ritter. «Ich bin seit 13 Jahren in Bern, und in dieser Zeit brachten die Bürgerlichen im Nationalrat zum ersten Mal ein gemeinsames Budget durch», sagt er.
Die Operation «bürgerliches Budget» begann in der Junisession im Bundeshaus. Das Trio traf sich zu einer ersten Diskussion und einigte sich später auf drei zentrale Punkte: Erstens wird das Armeebudget um 500 bis 600 Millionen Franken erhöht. Zweitens muss das Budget konform sein mit der Schuldenbremse. Und drittens müssen die Mehrausgaben eingespart werden bei Entwicklungshilfe (250 Millionen), bei Asyl und Migration (185 Millionen) und bei Personal- und Verwaltungskosten (155 Millionen).
Oder, in Lars Guggisbergs Worten: «Wir wollten weniger Geld ins Ausland senden, dafür mehr Geld in die Armee investieren, ohne die Landwirtschaft zu vernachlässigen.»
Das alles wäre kaum gelungen, hätten nicht vor allem die Delegationsleiter von SVP und Mitte auf starken Support der Parteispitze zählen können. Denn sie wichen ab vom Kurs in früheren Jahren.
Die SVP streckte den Bürgerlichen gegenüber «ihre Hand ein Stück weit aus», bestätigt Fraktionschef Thomas Aeschi. Das klare Ziel: «Wir wollten unbedingt verhindern, dass eine Mitte-Links-Mehrheit das Budget gestaltet.»
Aeschi schützte deshalb Guggisberg vor den internen Hardlinern, die tiefere Einschnitte wollten. Er habe darauf hingewirkt, sagt Aeschi, dass die Fraktion das Vorgehen der SVP-Delegation in der Finanzkommission «geschlossen unterstützt».
Guggisberg gilt nicht als Hardliner. Er war zwischen 2010 und 2019 Mitglied des Grossen Rats des Kantons Bern, wurde 2019 in den Nationalrat gewählt und ein Jahr später zum SVP-Delegationsleiter der Finanzkommission ernannt. Er wolle sich für die Schweiz und die Werte der eigenen Wählerschaft einsetzen, sagt er: «Die Essenz besteht darin, diese Werte in mehrheitsfähige Lösungen zu verpacken.»
Für eine bürgerliche Mehrheit beim Budget brauchte es aber die Mitte. Diese hatte es in Budgetfragen oft eher nach links gezogen. In der Partei war aber Erstaunliches geschehen. Fraktionschef Philipp Matthias Bregy ernannte zu Beginn der Legislatur überraschend Pius Kaufmann zum Mitte-Delegationsleiter in der Finanzkommission – obwohl dieser erst seit Dezember 2023 im Nationalrat sitzt.
Bregy wusste, dass Kaufmann eher konservativ tickt. «Wir wollten einen Delegationsleiter, der die nötigen Voraussetzungen mitbringt», sagt der Mitte-Fraktionschef. Als Gemeindeammann von Escholzmatt-Marbach wisse Kaufmann, wie man ein Budget erstelle. Kaufmann bringt viel Erfahrung mit. Er war 16 Jahre im Grossen Rat des Kantons Luzern und ist seit 24 Jahren Gemeindeammann.
Schon im Sommer sprach Bregy mit Kaufmann über das Budget, weil ein Notbudget drohte. Dabei seien schnell drei Dinge klar geworden, sagt Bregy: «Erstens wollten wir ein Budget. Zweitens wollten wir das Armeebudget erhöhen und drittens wollten wir die Last der Kürzungen möglichst breit verteilen.»
Damit war klar: Die Mitte musste den Weg mit SVP und FDP gehen. Nur so konnte sie das Armeebudget erhöhen. Die Mitte machte aber auch klar, wo sie zu keinen Kürzungen bereit war: bei der familienergänzenden Kinderbetreuung, beim Regionalverkehr und bei der Jugendberatung. «Zudem wollten wir», sagt Kaufmann, «dass die Botschaften zu Bildung, Forschung und Innovation (BFI) und zur Kultur im Budget abgebildet werden.»
Die FDP als eigentliche Finanzpartei wird von Alex Farinelli vertreten. Mit seinen 43 Jahren ist er der jüngste des Trios. Er sass von 2015 bis 2019 im Grossen Rat des Kantons Tessin, war FDP-Fraktionschef und amtete von 2016 bis 2024 als Gemeindepräsident von Comano bei Lugano. Als er 2019 in den Nationalrat kam, wurde er gleich Delegationsleiter der FDP in der Finanzkommission.
Farinelli ist der Schalk anzusehen. «Wenn man überleben will, braucht man schon ein bisschen Humor», erklärt er – gestenreich. Hier unterscheidet er sich von seinen Kollegen. Guggisberg wirkt nüchterner. Auch Kaufmann. Und doch verziehen sich dessen Augen immer mal wieder zu einem verschmitzten Lachen. Selbst schätzen die drei aneinander aber in erster Linie Verlässlich- und Sachlichkeit.
Das Trio hat hart gearbeitet, um das Budget über die Runden zu bringen. 17 Stunden Ratsdebatten mit 50 Differenzen zu Beginn seien es gewesen, sagt Farinelli. Dazu kamen sieben Stunden in der Kommission und unzählige Stunden mit Kollegen, Fraktion und anderen Parteien.
Das Trio ging nach einem klaren Muster vor: In einem ersten Schritt besprach es sich zu dritt, zumal das Budget zuerst im Nationalrat debattiert wurde. In einem zweiten Schritt weihten sie ihre Ständeratskollegen ein: Peter Hegglin (Mitte), Esther Friedli (SVP) und Johanna Gapany (FDP). Mit ihnen haben sie auch eine gemeinsame Whatsapp-Gruppe. Im dritten Schritt informierten sie die eigene Fraktion.
Es gab einen grossen Knackpunkt in der Budgetdebatte: die Einsparungen bei der Internationalen Entwicklungszusammenarbeit (IZA). National- und Ständeräte starteten mit ganz unterschiedlichen Vorstellungen, näherten sich dann aber an. Der Nationalrat wollte zuerst 250 Millionen sparen, ging dann auf 170 und 125 Franken zurück. Der Ständerat schraubte die Sparmillionen von 30 auf 71 und 98 Millionen hoch.
Hier kommt Bundeshaus-Neuling Kaufmann ins Spiel. Er hatte von einem erfahrenen Kollegen gehört, die Budgetberatung sei wie ein Haus mit offenen Fenstern: Der eine Fensterflügel gehöre dem Nationalrat, der andere dem Ständerat. Die Differenzen seien erst dann bereinigt, wenn alle Fenster geschlossen seien.
Also machte sich der Entlebucher daran, in der Einigungskonferenz von National- und Ständerat das entscheidende Fenster zu schliessen. Als Kompromiss zwischen Nationalrat (125 Millionen) und Ständerat (98 Millionen) schlug er vor, dass die Entwicklungshilfe um 110 Millionen gekürzt werden solle. Die Konferenz stimmte Kaufmann zu.
Sind Guggisberg, Farinelli und Kaufmann somit die neuen Stars am Berner Polithimmel? Sie sehen das nicht so. «Wir sind weder Könige noch Hähne, die den Mittelpunkt suchen», sagt Farinelli. «Wir sind drei normale Politiker. Sonst hätte es gar nicht funktioniert zwischen uns.»
Pius Kaufmann immerhin erhält von seinem Fraktionschef Bregy Lob ohne Abstrich: «Er hat das überragend gemacht.» Auch SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi lobt – und sieht rosige Zeiten: «Wir hoffen», sagt er, «dass sich die gute bürgerliche Zusammenarbeit auch im nächsten Jahr fortsetzen lässt, wo der Spardruck noch höher sein wird.»
Hmmm, ein Schelm wer Böses denkt!
Überall sparen, aber die Landwirtschaft wird schon mal ausgenommen. Aber wie sagen die Bürgerlichen, sparen muss weh tun. Ausser wenn es um die eigenen Anhänger geht, da ist mehr als genug Geld vorhanden.
Sie sind gegen einen generellen Mindestlohn von 4000.-, aber jeder Bauer bekommt durchschnittlich pro Monat mehr in den Aa... geschoben.
Anstatt inovative Bauern zu belohnen zementieren die drei Herren eine starre, veraltete und ungesunde Lebensmittelproduktion.
Man darf solchen Politikern ruhig kalkulierte Feigheit unterstellen.
"Schämt euch!"