Die Ausschaffungsinitiative spaltet die Räte. Der Nationalrat hatte sich aus Angst vor einer neuen Volksabstimmung bei der Umsetzung an der Durchsetzungsinitiative orientiert. Dafür hat der Ständerat kein Verständnis. Er setzt auf eine Härtefallklausel, um die sich widersprechenden Verfassungsbestimmungen zu versöhnen.
Der Widerspruch ist mit der Volksabstimmung vom November 2010 in die Verfassung geraten: Straffällige Ausländerinnen und Ausländer sollen automatisch des Landes verwiesen werden, unabhängig von den Umständen des Einzelfalls. Das verträgt sich nicht mit dem Verfassungsgrundsatz, wonach alles staatliche Handeln verhältnismässig sein muss.
Neben der SVP stimmten im Nationalrat FDP und BDP geschlossen, die CVP nahezu geschlossen für diese Umsetzungsvariante. Im Ständerat zeigten die Bürgerlichen dafür kein Verständnis. Der Weg des Nationalrats sei «von Angst getrieben», stellte Urs Schaller (CVP/FR) fest. Auch Christine Egerszegi (FDP/AG) unterstellte den Fraktionskollegen «Angst vor der Angstmacherei einer Partei».
Der Ständerat orientierte sich bei der Umsetzung nicht an der Durchsetzungsinitiative, sondern an der Ausschaffungsinitiative. Alle Delikte, die darin genannt werden, führen zu einer obligatorischen Ausschaffung, auch Sozialhilfemissbrauch. Darüber hinaus wird der Deliktskatalog um jene schweren Straftaten ergänzt, die sowohl in der Variante des Nationalrats wie auch in jener des Bundesrats fehlten – beispielsweise Zwangsheirat oder Genitalverstümmelung.
Kern der Vorlage und gleichzeitig Stein des Anstosses ist jedoch die Härtefallklausel: Das Gericht soll auf eine Ausschaffung verzichten können, wenn diese für den Ausländer einen schweren persönlichen Härtefall bewirken würde. Diese Bestimmung ist insbesondere auf Secondos gemünzt. Wer in der Schweiz geboren und aufgewachsen ist, soll nicht leichtfertig in ein fremdes Land abgeschoben werden, nur weil er keinen Schweizer Pass besitzt.
Über die Folgen der Umsetzungvarianten kursieren unterschiedliche Zahlen: Die Varianten von Bundesrat und Ständerat sollen zu 5000 zusätzliche Ausschaffungen pro Jahr führen, jene des Nationalrats zu 11'000. Im Abstimmungsbüchlein zur Ausschaffungsinitiative hatten die Initianten von 1500 zusätzlichen Ausschaffungen gesprochen. Die Vorlage geht nun wieder an den Nationalrat. (wst/sda)