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Neuer Bundesratsplan zu den EU-Verträgen – das sind die Reaktionen

Bundesrat Ignazio Cassis, Mitte, spricht neben Michael Schoell, Direktor des Bundesamtes fuer Justiz (BJ), links, und Alexandre Fasel, Staatssekretaer des Eidgenoessischen Departements fuer auswaertig ...
Der Bundesrat spricht sich dafür aus, dass die EU-Verträge dem fakultativen Referendum unterstehen sollen.Bild: keystone

SVP-Aeschi zeigt sich «schockiert» – das sind die Reaktionen zum Bundesratsentscheid

Der Bundesrat spricht sich dafür aus, dass die EU-Verträge dem fakultativen Referendum unterstehen soll. Demnach würde das Volksmehr an der Urne ausreichen. Das sind die ersten Reaktionen aus der Politik.
30.04.2025, 14:5930.04.2025, 16:01
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SVP-Fraktionschef Aeschi zeigt sich schockiert

«Schockierend»: So hat SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi am Mittwoch auf den Bundesratsplan reagiert, die neuen EU-Verträge nur dem Volksmehr und nicht auch dem Ständemehr zu unterstellen.

Zudem listete er auf, dass die Bundesräte Elisabeth Baume-Schneider (SP) Ignazio Cassis (FDP), Beat Jans (SP) und Martin Pfister (Mitte) für das alleinige Volksmehr gestimmt hätten. Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter (FDP) sowie die SVP-Bundesräte Guy Parmelin und Albert Rösti hätten sich dem widersetzt. Abstimmungen im Bundesrat sind eigentlich geheim.

Dazu stellte er einen Kommentar in der «Neuen Zürcher Zeitung». In diesem vertritt die Kommentatorin die Ansicht, das Ständemehr sei nicht nur staatspolitisch richtig und juristisch vertretbar, sondern für den Zusammenhalt des Landes nötig.

Thomas Aeschi, SVP-ZG, spricht im Nationalrat, waehrend der Wintersession der Eidgenoessischen Raete, am Donnerstag, 19. Dezember 2024 in Bern. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)
SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi.Bild: keystone

In der offiziellen Medienmitteilung spricht die SVP von einem «EU-Unterwerfungsvertrag», welcher dem Volk das Stimmrecht entziehen würde.

«Das ist vollkommen inakzeptabel. In unserer direkten Demokratie haben nämlich Volk und Kantone das Sagen.»
Offizielle Medienmitteilung der SVP

Mit seinem Vorgehen stelle sich der Bundesrat gegen die Schweizer Demokratie, so die SVP. Die Schweizerische Volkspartei wäre die einzige, welche den «entscheidenden Widerstand» gegen das Vorgehen des Bundesrates vorgehen würde.

Arslan: Grüne begrüssen fakultatives Referendum

Die Basler Nationalrätin Sibel Arslan begrüsst die Ankündigung des Bundesrats, die Bilateralen Verträge dem fakultativen Referendum zu unterstellen. In der Medienmitteilung der Grünen argumentiert sie, dass die Verfassung eindeutig wäre und deshalb ein obligatorisches Referendum in jenem Fall sowieso nicht vorgesehen wäre. Im gleichen Zuge kritisiert sie die SVP:

«Es ist gut, dass sich der Bundesrat dem rechtspopulistischen Angriff der SVP auf den Rechtsstaat entgegenstellt.»
Sibel Arslan, GP-BS, kommentiert den Aussenpolitischen Bericht 2023, an der Herbstsession der Eidgenoessischen Raete, am Montag, 9. September 2024 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Alessandro della Va ...
Sibel Arslan, Nationalrätin der Grünen (BS).Bild: keystone

Kontinuität und Kohärenz – Elisabeth Schneider-Schneiter, Die Mitte

Mitte Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter (BL) hielt auf X fest, die Landesregierung setze auf Kontinuität und Kohärenz. Zudem bleibe der Spielraum für Parlament und Kantone erhalten.

ARCHIVBILD - ZUR CVP-BUNDESRATSKANDIDATIN ELISABETH SCHNEIDER-SCHEITER STELLEN WIR IHNEN FOLGENDES BILDMATERIAL ZUR VERFUEGUNG - Elisabeth Schneider-Schneiter, CVP-BL, spricht an der Herbstsession der ...
Elisabeth Schneider-Schneiter, Mitte-BL.Bild: KEYSTONE

SP-Nationalrat Nussbaumer: Ständemehr sei Erfindung der Gegner

Alle bisherigen Verträge mit der EU waren in der Schweiz bei der eidgenössischen Abstimmung lediglich dem Volksmehr unterstellt: Das hält SP-Aussenpolitiker und Nationalrat Eric Nussbaumer fest. Die Behauptung, ein Ständemehr sei nötig, sei eine «Erfindung der Gegner.»

Im Luftverkehrsabkommen und im Schengen/Dublin-Assoziierungsvertrag habe sich das Volk bereits zweimal für die dynamische Rechtsentwicklung mit den EU-Gesetzen entschieden, schrieb der Baselbieter am Mittwoch auf dem Kurznachrichtenportal X.

Beide Entscheide hätten dem fakultativen Referendum unterstanden. Das geforderte Ständemehr sei lediglich ein Manöver der Gegnerschaft, um die Vetragsanpassungen demokratisch zu erschweren. Die von den Gegnern beschworene vermeintliche Wichtigkeit der neuen EU-Verträge sei kein Kriterium, das jenseits der Kampagnenlogik greifen würde.

Nationalratspraesident Eric Nussbaumer eroeffnet die Sitzung am ersten Tag der Sommersession der Eidgenoessischen Raete, am Montag, 27. Mai 2024, im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)
Der SP-Nationalrat Eric Nussbaumer war 2023/2024 Nationalratspräsident.Bild: keystone

Wäre es verfassungsmässig klar, dass die Verträge dem obligatorischen Referendum unterstehen würden, wäre zudem die Kompass-Initiative für ein solches Referendum mit Volks- und Ständemehr überflüssig.

Corina Gredig, GLP: «Bundesrat hält Kurs»

Für die grünliberale Partei schrieb Fraktionspräsidentin und Nationalrätin Corina Gredig (ZH) auf X, der Bundesrat halte Kurs, und das sei richtig. Das fakultative Referendum wahre die Linie der bisherigen Europapolitik. Ein sachlicher Entscheid im Interesse von Sicherheit, Wohlstand und Verlässlichkeit sei gefragt.

Corina Gredig, Fraktionspraesidentin, spricht anlaesslich der Delegiertenversammlung der Gruenliberalen Partei Schweiz (GLP) vom Samstag, 19. Oktober 2024 in Rueschlikon. (KEYSTONE/Christian Beutler)
Fraktionspräsidentin der GLP: Corina Gredig.Bild: keystone

Kompass-Initiativkomitee pocht auf doppeltes Ja

Mit einem Volks- und Ständemehr zu den EU-Verträgen vorausschauend Rechtssicherheit schaffen: Das fordert das Komitee, das vor gut einem halben Jahr die Kompass-Initiative lanciert hat. Die Initiative könnte noch im Sommer eingereicht werden.

Durch die Initiative soll eine Klausel sicherstellen, dass Volk und Stände über die neuen EU-Verträge, über die möglicherweise vor der Initiative abgestimmt wird, entscheiden können. Für völkerrechtliche Verträge und Gesetze, die in Kraft sind, wenn die Initiative an der Urne angenommen wird, soll dagegen eine Bestandesgarantie gelten.

Vor den Medien machten die Initiantinnen und Initianten schon am gestrigen Dienstag in Bern Druck für das Ständemehr: Unter der Voraussetzung, dass sich Bundesrat und Parlament für das doppelte Ja zu den EU-Verträgen einsetzen und Volk und Stände dieses annehmen, sind sie zum Rückzug ihres Begehrens bereit.

Getragen wird die Initiative von Vertreterinnen und Vertretern von Schweizer Unternehmen. Auch Parlamentsmitglieder aus FDP und SVP sowie Ski-Legende Bernhard Russi, der vom Deutschschweizer Fernsehen SRF bekannte Kurt Aeschbacher und «Nebelspalter»-Chefredaktor und -Verleger Markus Somm sind mit dabei.

Das Bundesamt für Justiz (BJ) war 2024 in einer Analyse zum Schluss gekommen, dass gemäss Verfassung die EU-Verträge nicht dem obligatorischen Referendum und damit dem Volks- und Ständemehr unterstellt werden können, auch nicht ausnahmsweise. Es handle sich um eine juristische, nicht um eine politische Einschätzung, hielt das BJ damals fest. Die Mehrheit der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrates (APK-N) hält ein obligatorisches Referendum aufgrund der Verfassung für nicht möglich. (les)

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Hans Jürg
30.04.2025 15:26registriert Januar 2015
Wen interessiert denn die Meinung des Bundeshaus-Prüglers Aeschi? Er hat ubs ja bewiesen, dass er sehr schlecht im Einschätzen von Situationen ist.
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Waldorf
30.04.2025 15:14registriert Juli 2021
Gegen Rösti, Keller-Suter und Parmelin. Oder auch "Gruppe pro Trump" genannt.
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Drunken Master
30.04.2025 15:50registriert Juli 2018
Na, wenn sich SVP-Aeschi «schockiert» zeigt, kann der Entscheid nur richtig sein ;-)
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    SVP-Aeschi zeigt sich «schockiert» – das sind die Reaktionen zum Bundesratsentscheid
    Der Bundesrat spricht sich dafür aus, dass die EU-Verträge dem fakultativen Referendum unterstehen soll. Demnach würde das Volksmehr an der Urne ausreichen. Das sind die ersten Reaktionen aus der Politik.

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