Reicht das einfache Volksmehr für die Annahme der neuen bilateralen Verträge mit der EU, das fakultative Referendum? Oder braucht es auch die Mehrheit der Kantone, das obligatorische Referendum?
Diese Fragen sorgen gerade für heftige Diskussionen, denn sie werden als strategisch wichtig wahrgenommen: Wer gegen die neuen bilateralen Verträge ist, fordert das obligatorische Referendum – eine möglichst hohe Hürde also. Juristisch argumentieren auch die EU-freundlichen Kreise, das fakultative Referendum genüge. Sie wollen die Kantone umdribbeln.
Vor diesem Hintergrund lohnt sich ein Blick zurück. Über ein halbes Dutzend mal hat die Schweiz in den letzten 25 Jahren über Fragen abgestimmt mit einem mehr oder weniger starken Bezug zur EU-Politik. Das Ständemehr war dabei nur bei Initiativen nötig. Dennoch ist interessant, wie die Kantone bei Referenden stimmten. Es zeigt sich: Meistens entschieden sie gleich wie das Volk.
So sagten 21 Stände im Mai 2000 Ja zu den Bilateralen I inklusive Personenfreizügigkeit; darunter die ehemaligen Halbkantone, die nur eine halbe Stimme haben. Allein Schwyz und Tessin lehnten ab. Als 2005 die Personenfreizügigkeit auf die neuen EU-Staaten in Osteuropa ausgedehnt wurde, stimmte das Volk mit 56 Prozent zu. Nur fünfeinhalb Stände sagten Nein. 2009 sprach sich das Volk mit 59,6 Prozent Ja für die unbefristete Weiterführung der Personenfreizügigkeit mit Ausdehnung auf Rumänien und Bulgarien aus. Bloss Innerrhoden, Glarus, Schwyz und Tessin lehnten ab, das sind 3,5 Standesstimmen. In all diesen Fällen spielte die Frage ob fakultatives oder obligatorisches Referendum also keine Rolle.
In einem Fall wäre das Resultat aber anders herausgekommen, hätte das Ständemehr gezählt. Bei den Bilateralen II, den Verträgen von Schengen und Dublin zur Asyl- und Polizeizusammenarbeit mit der EU, am 5. Juni 2005. Es war ein fakultatives Referendum, deshalb genügte das Volks-Ja von 54,6 Prozent. Doch von den Ständen lehnten zwölf die Vorlage ab, nur elf stimmten zu. Mit einem obligatorischen Referendum wären die zwei Verträge abgelehnt worden – wegen einer einzigen Standesstimme.
Was heisst das in Zahlen? Beispielsweise in Uri stimmten damals 8285 Personen Nein, 5235 sagten Ja zu Schengen/Dublin. Das Nein dieses Kantons lag also am Überhang von 3050 Nein-Stimmen. Zum Vergleich: National stimmten damals 1'477'260 Stimmberechtigte mit Ja, 1'227'042 lehnten die Bilateralen II ab. Es waren 250'218 Befürwortende mehr als Gegner, gut eine Viertelmillion. Und doch hätten rund 3000 Urnerinnen und Urner das Ergebnis auf Bundesebene gekippt. (aargauerzeitung.ch)
EINE Stimme pro Person, was Demokratischeres gibt es nicht!
Stadtdessen wird irgendeine Sorge um den Landeszusammenhalt vorgeschoben.
Was bedeutet denn eine Abstimmung für den Zusammenhalt, deren Ausgang eh schon klar ist und in der die Befürworter massiv weniger Stimmkraft haben?