Die Entwicklung von mRNA-Impfstoffen gegen Corona der Pharmafirmen Moderna und Biontech/Pfizer verhinderte Millionen von Schwererkrankungen und Todesfällen. Deshalb versucht die Forschung, mRNA-Impfungen auch gegen andere Erkrankungen einzusetzen. Moderna entwickelte eine mRNA-Impfung gegen das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV). Dieses Virus hatte in der Schweiz und in der Welt in den beiden vergangenen Wintern Hochsaison. RSV ist die häufigste Ursache für Spitalaufenthalte von Säuglingen in den Wintermonaten.
Doch die beiden mRNA-Impfstoffe von Moderna für Säuglinge sind bereits im frühen Stadium gescheitert. Der eine Impfstoff richtet sich ausschliesslich gegen RSV, der zweite zusätzlich gegen hMPV. Das hMP-Virus ist eng mit RSV verwandt und löst ebenfalls eine Atemwegserkrankung aus.
Die beiden mRNA-Impfstoffe sind nun von der amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA gestoppt worden. Allerdings hat Moderna schon im vergangenen Juni mit der Studie pausiert und diese von selbst im September abgebrochen. Dies, weil in der ersten Phase der Studie bei einigen Säuglingen im Alter von 5 bis 7 Monaten schwere RSV-bedingte Erkrankungen festgestellt wurden. Von 35 geimpften Säuglingen entwickelten sechzehn RSV-Symptome, fünf mussten ins Spital wegen Lungenentzündungen. Von diesen haben sich die Säuglinge inzwischen aber wieder erholt, wie Moderna schreibt.
Im September erklärte Moderna, dass es seine RSV-Impfstoffprogramme für Säuglinge nicht über Phase 1 hinaus vorantreiben werde. Die wissenschaftliche Untersuchung der Nebenwirkungen wurde Mitte Dezember beim US-Impfstoff-Komitee (VRBPAC) der US-Gesundheitsbehörde FDA vorgestellt und bei einer Fachzeitschrift mit Peer-Review eingereicht. Nun hat die FDA die Impfstoffe definitiv gestoppt.
Ist die Idee, die technisch unkomplizierte und günstige mRNA-Impfung auf andere Erkrankungen auszuweiten, gescheitert? «Nein», sagt Steve Pascolo von der Universität Zürich, einer der führenden mRNA-Forscher in der Schweiz. «Dies ist kein Rückschlag für die mRNA-Impfung im Allgemeinen. Es ist ein Rückschlag für diesen Anti-RSV-Impfstoff für Kinder», sagt er. Damit gebe es weiterhin noch keinen Anti-RSV-Impfstoff, der sich bei Kleinkindern bewährt habe.
Pascolo sagt, die schweren Nebenwirkungen der gestoppten RSV-Impfstoffe hätten nicht direkt mit dem mRNA-Impfstoff zu tun. «Der Impfstoff selbst wurde gut vertragen.» Das Problem entstand erst im Nachgang zur Impfung, als sich einige Babys nach einer späteren Infektion eine schwere RSV-Erkrankung mit Lungenentzündung holten. «Die Zahlen sind gering, sodass ein Zusammenhang mit dem Impfstoff nicht bewiesen ist, aber es reicht aus, um die Studie zu beenden», sagt der mRNA-Forscher.
Ein solches Problem gab es schon in den 1960er-Jahren bei einem Versuch mit herkömmlichen Totimpfstoffen gegen RSV. Dieser löste schwere Nebenwirkungen aus. Der Impfstoff hatte vor 60 Jahren eine Immunreaktion hervorgerufen, die den Schweregrad der Erkrankung nach einer RSV-Infektion erhöhte, anstatt ihn zu verringern. Das sei nun wohl auch bei einigen Babys mit dem mRNA-Impfstoff geschehen, sagt Pascolo.
Die genauen Mechanismen müssten noch erforscht werden. Dann könne eine Lösung gefunden werden, um neue mRNA-Impfstoffe gegen RSV zu entwickeln. «Zum Beispiel eine mRNA-Impfung, die nur auf einen Teil der Proteine anspricht, sodass die induzierte Immunreaktion nur eine gute ist und keine schlechte wie bei den gescheiterten Moderna-Impfstoffen.»
Die mRNA-Forschung geht auch in anderen Bereichen weiter. mRNA-Impfstoffe gegen Grippe befinden sich in der letzten und dritten Studienphase. «Sie werden mit mRNA-Impfstoffen gegen Covid und eventuell mit einem mRNA-Impfstoff gegen RSV kombiniert werden. Damit ein Erwachsener mit einer einzigen Impfung im Oktober und November gegen drei Krankheiten geschützt ist», sagt Pascolo.
Zudem befindet sich ein individualisierter mRNA-Impfstoff gegen Melanome von Moderna in einer internationalen Phase-3-Studie. «Wenn sie gut verläuft, könnte dieser Impfstoff 2026 oder 2027 zugelassen werden. Mehrere mRNA-Impfstoffe gegen Krebs befinden sich bei Moderna und Biontech in Phase eins oder zwei», sagt Pascolo von der Universität Zürich. Im Raum stehen zudem mRNA-Impfungen gegen Herpesviren, das Epstein-Barr-Virus, HIV, Malaria, Tuberkulose, Affenpocken und Herpes Zoster.
Nichts zu tun hat der gescheiterte mRNA-Impfstoff mit der diesen Winter in der Schweiz neu verabreichten Passivimpfung gegen RSV für Säuglinge. Dabei werden Antikörper direkt in den Körper gespritzt und nicht Stoffe, welche die Produktion von Antikörpern erst auslösen. «Es besteht keinerlei Ähnlichkeit mit dem Antikörper Beyfortus, der zur RSV-Prophylaxe verwendet wird», sagt Anita Niederer-Loher vom Ostschweizer Kinderspital.
Die Passivimpfung werde sehr gut toleriert, es komme praktisch nie zu Nebenwirkungen – und wenn, dann höchstens zu einer Rötung an der Einstichstelle. «Wir sehen im Kinderspital aktuell sehr wenige RSV-Infektionen, was wohl zumindest teilweise auf die RSV-Immunisierung zurückzuführen ist», sagt Niederer-Loher.
Die Entdeckung der Funktionsweise von mRNA ist vermutlich der grösste Durchbruch in der Genetik seit der Entdeckung der DNA.
Doch aktuell stehen wir noch am Anfang, die Zusammenhänge sind noch zu erforschen.
Sicher scheint, dass die mRNA existiert hat, vor der DNA.
Im Gegensatz zur DNA ist die mRNA aber wenig stabil, man geht hier von 6 Monaten aus.
Ob mRNA-Impfungen langfristig sinnvoll sind, sei dahingestellt.
Sicher ist jedoch: Wir werden dieses Feld weiter erforschen, nicht weil wir müssen, sondern weil wir es können.