Noch ist es nicht offiziell. Doch verschiedene involvierte Stellen in der Bundesverwaltung äussern sich gleichlautend: Die jüngste Anfrage aus Deutschland, die Eidgenossenschaft möge die Lieferung von Granaten aus Schweizer Produktion für den Panzer Gepard an die Ukraine freigeben, werde abschlägig beantwortet. Wichtigstes Argument: Das Gesetz hat sich seit der letzten Absage im Juni nicht geändert.
In Bern weisen involvierte Personen weiter darauf hin, dass es sich ja nicht um eine offizielle Anfrage der deutschen Regierung gehandelt habe, sondern um einen Brief der deutschen Verteidigungsministerin Christine Lambrecht an ihre Schweizer Amtskollegin, Viola Amherd. Über den Brief haben die Tamedia-Blätter am Donnerstag berichtet. Die Ukraine verfügt zwar über Gepard-Panzer, doch die Munition dafür droht den Truppen im Kampf gegen die russischen Angreifer auszugehen. Kiew argumentiert nun, die Munition werde für den Schutz von Getreideexporten verwendet, Getreide, auf das Staaten in der Dritten Welt dringend angewiesen seien.
So stichhaltig das Argument drohender Hungersnöte in armen Ländern ist, so unwahrscheinlich ist ein Einlenken des Bundesrats. Denn die Regierung hat an ihrer Sitzung von Mittwoch in einem Bericht zu Handen der aussenpolitischen Kommissionen bekräftigt, dass sie an der bestehenden Neutralitätspraxis nichts ändern wolle. Diese wurde 1993 festgelegt.
Der Bundesrat argumentiert, die geltende Praxis der Neutralität lasse einen genügend grossen Handlungsspielraum, um auf die Ereignisse seit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges zu reagieren und die Neutralität «als Instrument der Schweizer Sicherheits- und Aussenpolitik zu nutzen». Allerdings müsse die Handhabe der Schweizer Neutralität im heutigen internationalen Kontext «sowohl in Europa wie global verstanden und anerkannt werden».
Und hier hapert es, wie nicht nur Lambrechts Brief aus Berlin zeigt. In den vergangenen Monaten haben sowohl US-Präsident Joe Biden als auch der russische Präsident Wladimir Putin und Wolodimir Selenski in Kiew öffentlich erklärt, die Schweiz sei nicht mehr neutral. Es ist eines von sehr wenigen Themen, bei dem sich die beiden Kriegsgegner offensichtlich einig sind. Das hat inzwischen auch der Bundesrat zur Kenntnis nehmen müssen, wie sich den Tiefen des Neutralitätsberichts von Mittwoch entnehmen lässt.
Im Kapitel «Wahrnehmung der Neutralität in Europa und der Welt», schreibt er von einer «geografischen Bruchlinie», die sich durch den Krieg in der Ukraine verstärkt habe: «In Asien, dem Nahen und Mittleren Osten, Afrika und Lateinamerika ist die Wahrnehmung der Schweizer Neutralität zwar nicht sehr differenziert, aber überwiegend positiv.» In Europa und im angelsächsischen Raum hingegen habe das Verständnis für die Schweizer Neutralität abgenommen, «die Wahrnehmung ist bisweilen negativ».
In Europa seien EU und Nato regionale Stabilitätsfaktoren, der Neutralität werde «kaum mehr eine eigene stabilisierende Wirkung für die Sicherheit in Europa zugebilligt». In Europa sei eine Erwartungshaltung gegenüber der Schweiz spürbar, «die europäische Sicherheit und Wertegemeinschaft mitzutragen».
Dies wird innenpolitisch noch zu reden geben. So signalisieren Mitte und FDP Bereitschaft für eine gewisse Lockerung der Neutralitätsauslegung: Die Schweiz soll Drittstaaten wie aktuell Deutschland nicht mehr mit einer restriktiven Wiederausfuhrpolitik daran hindern, der angegriffenen Ukraine militärisch Hilfe zu leisten. Auf der andern Seite will SVP-Doyen Christoph Blocher per Initiative die strikte Neutralität in der Verfassung verankern. (cpf/bzbasel.ch)
Den Saudis Waffen und Munition liefern ist offenbar kein Problem
Aber Putin will man nicht drangsalieren, schliesslich scheint der mit der SVP verbandelt zu sein
Neutralität und steht somit auf der falschen Seite der Geschichte…
nichts Neues… das Verständnis unserer wichtigsten
Partner in Europa und Übersee schwindet verständlicherweise…
ob das mittel-und langfristig vorteilhaft ist…ich denke kaum.
Schade.