Herr Szvircsev Tresch, Ihre Studie zeigt, dass das allgemeine Sicherheitsempfinden der Schweizer Bevölkerung sehr hoch ist: Über 90 Prozent der Leute fühlen sich sicher. Wie lässt sich das vor dem Hintergrund der Kriege in der Ukraine und in Gaza erklären?
Tibor Szvircsev Tresch: Das Vertrauen in die Institutionen der Schweiz ist sicher gross. Man weiss, dass die Dinge hierzulande funktionieren. Die Leute können rausgehen, sie können konsumieren.
Aber?
Wir haben die Umfrageteilnehmenden auch zu verschiedenen Aufgaben der Armee befragt, eine davon war die Unterstützung der Grenzwache bei Flüchtlingsströmen. 63 Prozent sind der Meinung, dass es in Zukunft wichtiger sein wird, dass die Schweizer Armee die Grenzwache bei grossen Flüchtlingsströmen unterstützt. Die Schweizer Bevölkerung befürchtet also doch zu einem gewissen Grad, dass das, was ausserhalb passiert, in die Schweiz überschwappen könnte.
Spielt es eine Rolle, dass aktuelle geopolitische Konflikte wie der Krieg in der Ukraine oder in Gaza in Ländern stattfinden, die nicht direkt an die Schweiz grenzen?
Ja, das spielt eine grosse Rolle. Wir sahen das bereits 2015, als Europa von einer Terrorwelle überrollt wurde, als es beispielsweise Anschläge in Paris gab oder in Berlin. Damals hat sich gezeigt: Je näher ein Konflikt oder Terroranschlag stattfindet, desto stärker wirkt sich dies auf das Sicherheitsempfinden aus. Vergleicht man aber den Krieg in der Ukraine mit dem Konflikt in Afghanistan, wird Russland wiederum stärker als Bedrohung wahrgenommen. Doch auch diese Haltung verändert sich. Nach über zwei Jahren Krieg ist ein gewisser Abnützungs- oder Verdrängungseffekt festzustellen. Die Welt ist sehr schnelllebig.
Hat diese Schnelllebigkeit zugenommen oder war sie in der Vergangenheit auch schon zu beobachten?
Diese Schnelllebigkeit ist schon länger zu beobachten. Illustrieren lässt sie sich gut an der Zustimmung zur NATO-Annäherung. Immer wenn Konflikte virulent waren, beispielsweise in den 1990er-Jahren in Bosnien oder im Kosovo, war die Zustimmung zu einer Annäherung an die NATO in der Schweiz grösser. Gingen die Kriege oder Konflikte zurück, änderte sich auch das Meinungsbild.
Ihre Resultate zeigen auch, dass die Schweizer Bevölkerung unserer Neutralität kritischer gegenübersteht als auch schon.
Dies ist sicher auch mit dem Krieg in der Ukraine zu erklären. Russland hat mittlerweile ja klar gesagt, die Schweiz werde nicht mehr als neutrales Land betrachtet, weil sie die EU-Sanktionen mitgetragen hat. Im Gegenzug zeigt sich, dass diejenigen Personen, welche die Sanktionen gegenüber Russland unterstützen, auch eher kritisch gegenüber der Beibehaltung der Neutralität eingestellt sind.
Sie haben die Aufgaben der Armee sehr differenziert abgefragt. Weshalb?
Im August des vergangenen Jahres veröffentlichte der Chef der Armee sein «schwarzes Buch», darin ging es um das Ambitionsniveau der Armee für die Landesverteidigung. Wir wollten wissen, welche Meinung die Bevölkerung zur Armee hat. Die Zahlen zeigen, dass die Verteidigungsfähigkeit der Armee für Schweizerinnen und Schweizer sehr wichtig ist. Auf einer 10er-Skala erreicht sie 9 Punkte. Aber auch andere Aufgaben sind von grosser Relevanz, etwa die Verhinderung von Terrorismus, die Abwehr von Cyberattacken, die Wahrung der Lufthoheit oder die erwähnte Unterstützung der Grenzwache bei Flüchtlingsströmen. All diese Punkte sind sehr hoch bewertet.
Hat sich das Bild der Armee in der Bevölkerung gewandelt?
Ja, dies sieht man nicht nur in der Schweiz. Generell hat sich das Aufgabenspektrum europäischer Armeen erweitert. Früher ging es ganz klassisch um Verteidigung, dann kamen weitere Aufgaben dazu. Zum einen multinationale Militärkooperationen, beispielsweise im Rahmen von UNO- oder NATO-Missionen. Und subsidiäre Einsätze im Landesinnern, vor allem das Abwehren von Terroranschlägen, die in der Vergangenheit zugenommen haben.
Bezüglich der weltpolitischen Lage zeigt Ihre Studie: Die Menschen waren noch nie so pessimistisch eingestellt. Ist dies kausal auf die Kriege in der Ukraine und Gaza zurückzuführen?
Eine Kausalität können wir nicht feststellen. Wir verwenden jedoch das Wort «Multikrisen» und ich denke, das trifft es ziemlich gut. Bei einem Teil der Bevölkerung hängt der zunehmende Pessimismus vielleicht damit zusammen, dass Donald Trump wieder US-Präsident werden könnte, für andere sind die Kriege in der Ukraine oder Gaza ausschlaggebend. Wieder andere sind besorgt, was das Verhältnis zwischen China und Taiwan anbelangt. Es handelt sich um eine Gemengelage von verschiedensten Hotspots auf dieser Welt, welche den Pessimismus fördert.
Die Wissenschaft war wohl noch nie so stark im öffentlichen Fokus wie während der Covid-Pandemie, sie wurde auch oft kritisiert. Dennoch gaben die Befragten an, von allen öffentlichen Institutionen der Wissenschaft am meisten zu vertrauen. Wie erklären Sie sich das?
Das Interessante ist, dass das Vertrauen in die Wissenschaft auch während der Covid-Pandemie hoch blieb. Es war eine Minderheit, die sich über die Wissenschaft beschwert hat. Die Mehrheit betrachtete die Wissenschaft differenziert und nicht nur in Bezug auf das Coronavirus.
Das Vertrauen in den Bundesrat und das Parlament hingegen ist signifikant gesunken. Was sind hier mögliche Gründe?
Wir führen dies auf die Parlaments- und Bundesratswahlen im vergangenen Jahr zurück. Wenn neue Leute am Werk sind, weiss die Stimmbevölkerung nicht genau, was sie erwartet. Was man aber sagen muss: Trotz Rückgang ist das Vertrauen in diese beiden Institutionen immer noch hoch, wie bei allen anderen Institutionen, die wir abgefragt haben. Dies ist die oft zitierte Schweizer Stabilität.
Das ist doch alles nur Blabla. Die relevante Frage ist doch, wie/inwiefern verteidigungsfähig. Das ist doch kein ja/nein. Wenn D, F und I kämen, wären wir nicht verteidigungsfähig, egal wie viele Mrd. die Armee bekommt. Gegen Österreich wären wir wohl recht verteidigungsfähig, usw.
Die Szenarien müsste die Armee mal präsentieren. Aber ohne Plan ist man flexibler und kauft was die Golffreunde grad anbieten.