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Amnesty wirft Israel «Genozid» vor: Schweiz soll Massnahmen ergreifen

FILE - Palestinians line up for a meal in Rafah, Gaza Strip, Feb. 16, 2024. (AP Photo/Fatima Shbair, File)
Palästinenser stehen in Rafah für Essen an, 16. Februar 2024.Bild: keystone

Amnesty wirft Israel «Genozid» vor: Schweiz soll Massnahmen ergreifen

05.12.2024, 11:49
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Die Nichtregierungsorganisation Amnesty International fordert von der Schweiz öffentlichen Druck auf Israel zum Stopp des «Genozids» an der palästinensischen Bevölkerung im Gazastreifen. Die Schweiz solle unter anderem die israelische Botschafterin einbestellen und öffentlich ein Ende der Gewalt fordern.

Man habe «hinreichende Belege» dafür, dass Israel einen «Völkermord» an der palästinensischen Bevölkerung im Gazastreifen begehe, teilte Amnesty International am Donnerstag mit. Die Organisation berief sich auf einen von ihr selbst verfassten, fast 300 seiten langen Bericht, den die israelische Regierung als «vollständig falsch» bezeichnete.

Amnesty betonte, Israel habe es darauf angelegt, die Palästinenser als Gruppe zu zerstören. Wer Israel weiterhin Waffen liefere, laufe Gefahr, sich mitschuldig zu machen. Der «Völkermord» müsse sofort beendet, ein Waffenstillstand vereinbart und alle Geiseln freigelassen werden, forderte die Menschenrechtsorganisation.

Die israelische Regierung habe zahllose Mahnungen über die katastrophale humanitäre Lage ignoriert und sich über Massnahmen des Internationalen Gerichtshofs (IGH) hinweggesetzt, kritisierte Julia Duchrow, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland. Der IGH hatte Israel aufgefordert, die humanitäre Versorgung im Gazastreifen sicherzustellen.

«Der israelische Staat beging und begeht Völkermord an Palästinensern im Gazastreifen», sagte Amnestys internationale Generalsekretärin, Agnès Callamard, in Den Haag. Israel «hatte und hat die klare Absicht, Palästinenser im Gazastreifen auszulöschen».

Die Schweiz soll sich im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen bis Ende Jahr für ein Waffenembargo gegen Israel, die Hamas und andere palästinensische Gruppen sowie Sanktionen gegen die Verantwortlichen von Gräueltaten einsetzen. Die Schweizer Bundesanwaltschaft soll «strukturelle Ermittlungen» aufnehmen, um Beweise zu sichern.

Die Schweiz soll auch ein Handelsverbot mit Siedlungen oder Firmen, die mit der Besetzung palästinensischer Gebiete in Verbindung stehen, prüfen. Zudem forderte Amnesty die Wiederaufnahme humanitärer Hilfe über das UNO-Palästinenserhilfswerk UNRWA.

Israel bestritt in der Vergangenheit Völkermord-Vorwürfe. Das Land beruft sich auf sein Recht auf Selbstverteidigung, nachdem Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober den Süden Israels überfallen und rund 1200 Menschen getötet hatten. Seither führt Israel im Gazastreifen Krieg gegen die Hamas. Den Kämpfen sind auch Tausende palästinensische Zivilisten zum Opfer gefallen. Israel steht deshalb in der Kritik.

Das israelische Aussenministerium beschrieb Amnesty International als eine «schändliche und fanatische Organisation». Es handele sich um einen «fabrizierten Bericht, der vollständig falsch ist und auf Lügen basiert». Israel verteidige sich seit dem Hamas-Terrorangriff in Übereinstimmung mit dem internationalen Recht.

Vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag läuft eine von Südafrika erhobene Völkermord-Klage gegen Israel. Im Mai hatte zudem der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) in Den Haag Haftbefehle unter anderem gegen Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu wegen der Kriegführung beantragt. (rbu/sda)

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79 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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skandalf
05.12.2024 09:09registriert November 2021
Russland pocht ja auch auf das Recht auf Selbstverteidigung gegen die Ukraine..
Was in Gaza abgeht hat längst nichts mehr mit dem hamas- Überfall zu tun...
Netanyahoo muss weg.
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Mutzli
05.12.2024 09:56registriert Dezember 2016
Weil der Whataboutism bereits in ein paar Kommentaren aufgetaucht ist:

Amnesty International hat auch die Aktionen der Hamas wiederholt und deutlich verurteilt.
Z.B. Medienmitteilung 7.11.2023: "Anstatt verzweifelte zivile Geiseln als Mittel zu benutzen, um politische Ziele zu erreichen, sollte die Hamas diese sofort und bedingungslos freilassen."
12.07.2024: "Geiselnahme ist ein Kriegsverbrechen. Es gibt keine Rechtfertigung dafür, den Geiseln, die seit über neun Monaten in Gefangenschaft sind, und ihren Familien solche Qualen zuzufügen." etc.

Bei AI gibts auch zum Bericht viel mehr Details
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GRoA -Gruppe Russland ohne Armee
05.12.2024 09:13registriert März 2022
Längst nicht nur Amnesty spricht davon, sondern viele Leute die das Thema Genozid, Kriegsverbrechen und so weiter als Hauptteil ihres Lebens behandeln sei es als Historiker und Jurist.
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