Trotz der jüngsten Entwicklungen im Krieg in Iran haben mit dem Mullah-Regime verbündete Milizen im Nachbarland Irak nach Einschätzung einer Expertin derzeit kein Interesse, sich am Konflikt zu beteiligen.
Es komme zwar vor allem darauf an, was Teheran als Nächstes tue, sagte die Irak-Expertin Luluwa al-Raschid der Deutschen Presse-Agentur. Aber:
«Sie wollen ihr Land nicht in einen Krieg ziehen», so al-Raschid. Der Irak habe in den letzten Jahrzehnten viel Leid, Krieg und Zerstörung gesehen. Die Vertreter der von Irans Regime unterstützten Milizen seien an keiner weiteren «Spirale der Gewalt» interessiert – trotz ihrer Rhetorik des Widerstands gegen die USA und Israel.
Nach den US-Angriffen auf iranische Atomanlagen besteht die Sorge vor einer weiteren Ausweitung des Krieges. Beobachter sehen aus Teheran gesteuerte Angriffe auf US-Stützpunkte in der Region als ein mögliches Szenario. Dabei könnten auch verbündete Milizen beispielsweise im Irak zum Einsatz kommen. Einige von ihnen haben bereits Drohungen gegen die USA ausgesprochen.
Schiitische Milizionäre im Irak
Hisbollah als Abschreckungsbeispiel
Sie fürchteten sich aber auch vor einem ähnlichen Schicksal wie demjenigen der ebenfalls von Irans Regime gestützten Hisbollah im Libanon, so die Analystin, die lange für Nichtregierungsorganisationen die Lage in der Region untersucht hat und nun unabhängig tätig ist.
Die im Libanon ansässige Schiitenmiliz stand nach monatelangem Beschuss in Solidarität mit der Hamas im Gazastreifen auf den israelischen Norden im vergangenen Herbst im offenen Krieg mit Israel. Dabei wurde ein Grossteil ihrer Führungsregie getötet, auch ihr langjähriger Generalsekretär Hassan Nasrallah. Seit dem Krieg gilt die Hisbollah als stark geschwächt.
«Es ist ihnen durchaus bewusst, dass ihnen genau das Gleiche über Nacht passieren könnte», sagte al-Raschid.
Wollen politischen Einfluss nicht verlieren
Gleichzeitig hätten viele der Milizen heute auch politischen Einfluss. Unter der aktuellen Regierung von Ministerpräsident Mohammed al-Sudani hätten sie Zugang zu öffentlichen Ämtern oder üben grossen Einfluss aus auf die politische Führung.
«Sie wollen das nicht verlieren. Sie wissen, dass der Preis sehr hoch sein könnte», so die Irak-Expertin. Sollte Teheran aktiv Unterstützung einfordern oder Irans oberster Führer Ajatollah Ali Chamenei getötet werden, könnten sich jedoch neue Dynamiken entwickeln.
Seit der US-Invasion 2003 herrscht im Irak eine unübersichtliche Sicherheitslage. Dutzende schiitische Milizen konnten so entstehen. Die meisten davon zählen zum Verbund der sogenannten Volksmobilisierungskräfte mit starken Beziehungen zu Irans Regime. In der Vergangenheit griffen sie bereits mehrfach US-Ziele in der Region an. Sie betrachten die etwa 2500 US-Soldaten im Land als Besatzer und fordern deren Abzug. (sda/dpa)