Im Kanton Aargau sorgt derzeit ein Fall von Menschenhandel für Schlagzeilen. Wie die Staatsanwaltschaft des Kantons am Montag mitteilte, vermittelte ein Mann vor einigen Jahren eine 16-jährige Ungarin an ein Bordell im Bezirk Baden. Dabei ging er mutmasslich mit der sogenannten Loverboy-Methode vor. Bei dieser werden junge Frauen durch falsche Liebesversprechen manipuliert und emotional abhängig gemacht und später zu Prostitution gezwungen.
So vermittelte der mutmassliche Loverboy die 16-Jährige vor einigen Jahren an eine Bordellbetreiberin aus dem Bezirk Baden. Die Teenagerin musste in der Folge zwischen Januar und März 2023 rund 70 Männer bedienen. Die 60-jährige Bordellbetreiberin befindet sich nun in Haft und wird wegen mehrfachen qualifizierten Menschenhandels sowie Förderung der Prostitution von Minderjährigen angeklagt. Gefordert werden eine vierjährige Freiheitsstrafe und ein Landesverweis für zehn Jahre. Neben der Ungarin soll auch ein weiteres minderjähriges Opfer während drei Tagen im Bordell gearbeitet und in dieser Zeit acht Freier gehabt haben. Bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung.
Doch nicht nur die Bordellbetreiberin hat nun Probleme mit der Justiz: Die Behörden gehen auch gegen diejenigen Personen vor, welche die Dienste der Minderjährigen in Anspruch genommen haben. So erhielten fünf Männer rechtskräftige Strafbefehle und wurden zu Geldstrafen sowie Bussen zwischen 250 und 2500 Franken verurteilt. Zudem mussten sie dem Opfer eine Entschädigung zahlen.
Wie die «Aargauer Zeitung» schreibt, handelt es sich bei einem der rechtskräftig verurteilten Männer um einen SVP-Lokalpolitiker, der in seiner Wohngemeinde in der Ortspartei aktiv ist und sich als Kandidat für die Grossratswahlen aufstellen liess. Dieser war gemäss dem Strafbefehl zweimal bei der minderjährigen Prostituierten. Dabei hätte er aufgrund ihres Aussehens und Verhaltens erkennen müssen, dass sie «offensichtlich noch minderjährig» sei, so die Staatsanwaltschaft. Der Mann bezahlte pro Besuch 220 Franken für Sex, zudem weitere 100 Franken für Geschlechtsverkehr ohne Kondom. Bei den weiteren Verurteilten handelt es sich um drei Personen, die ebenfalls im Aargau leben, sowie einen Mann aus der Westschweiz. Es handelt sich um Schweizer, Italiener, Portugiesen und Türken im Alter zwischen 35 und 52 Jahren. Zwei von ihnen sind vorbestraft.
Weiter verurteilt wurden zwei ungarische Rezeptionistinnen des Bordells. Diese waren für die Termin- und Dienstleistungsvereinbarungen im Betrieb zuständig. Sie erhielten bedingte Freiheitsstrafen von 14 respektive 16 Monaten sowie eine Landesverweisung für 5 Jahre.
Die Ermittlungen gegen den mutmasslichen Loverboy aus dem Ausland laufen ebenso noch wie gegen einen Freier, der mutmasslich gezielt nach der Minderjährigen gefragt hatte und bei dem zudem der Verdacht der illegalen Pornografie besteht. Ihm droht eine Freiheitsstrafe von acht Monaten.
Die junge Ungarin, die Opfer der Ausbeutung wurde, befindet sich mittlerweile in Sicherheit und in geschützter Betreuung. Gemäss den Ermittlungsbehörden geht es ihr den Umständen entsprechend gut. Sie habe durch ihre aktive und mutige Mithilfe zum erfolgreichen Abschluss der Ermittlungen beigetragen. (dab)