Vor knapp einem Monat schlug er zu: der Prämienhammer. Die Schuldigen dafür waren schnell gefunden – es seien all die Menschen, die wegen jedem Pipifax gleich in den Notfall rennen oder zum Spezialisten. Auch Gesundheitsminister Alain Berset lies einen Seitenhieb an diese Menschen nicht aus.
Das Problem ist nur: Diese Menschen sind nicht die alleinigen Kostentreiber im Gesundheitswesen. So deckte der «Tagesanzeiger» die Machenschaften von Medizinaltechnik-Herstellern auf – und wie diese dank eines «obskuren Systems» Milliarden verdienen und so die Gesundheitskosten in die Höhe treiben.
Laut der Zeitung machen diese Medtech-Hersteller mit dem System pro Jahr in der Schweiz einen Umsatz von 9 Milliarden Franken. Das entspricht rund 10 Prozent der gesamten Kosten des Schweizer Gesundheitssystems. Zum Vergleich: Medikamente machen etwa 11 Prozent aus.
Und so funktioniert es:
Der «Tagesanzeiger» erzählt die Geschichte anhand des Edora 8 DR-T, ein Herzschrittmacher des Herstellers Biotronik aus Deutschland.
In der Herstellung koste der Edora 8 DR-T keine 500 Franken, bestätigen Experten dem «Tagesanzeiger». Doch in hiesigen Spitälern wurde für ihn in den Jahren 2018 bis 2020 Preise zwischen 2200 Franken und 12’900 Franken in Rechnung gestellt – ein Unterschied von über 580 Prozent. Laut Angaben der Krankenkasse CSS wurden in den vergangenen fünf Jahren im Durchschnitt rund 4800 Franken für den Herzschrittmacher bezahlt.
Brisant dabei: 20 Schweizer Spitäler hat der «Tagesanzeiger» angeschrieben. Alle hielten den Preis unter Verschluss – die Preise haben erst Insider verraten.
Patrick Müller, Einkäufer des Kantonsspitals Winterthur, erklärt gegenüber dem «Tagesanzeiger», wie Spitäler die von ihnen benötigten Medtech-Produkte direkt beim Hersteller einkaufen. Der Preis werde dabei «ganz anders als bei Medikamenten, nicht vom Staat reguliert». Heisst: Der Preis ist Verhandlungssache zwischen dem Spital und dem Lieferanten.
Wie sich das auf die Krankenkassenprämien niederschlägt? Zumindest im ambulanten Bereich erhalten die Spitäler den vollen Betrag von der Krankenkasse zurückerstattet, so der «Tagesanzeiger».
Müller sagt der Zeitung weiter, dass Spitäler gar kein Interesse daran hätten, Transparenz herzustellen bei den Preisen. Eine Auswertung von Daten von 2018 bis 2022 durch den «Tagesanzeiger» ergab: «Die Biotronik Schweiz AG zahlte hierzulande fast 5,6 Millionen Franken, zum Beispiel an Dutzende Spitäler. Darunter ein Universitätsspital, das über 400’000 Franken erhielt.» Welche Gegenleistungen dafür verlangt würden, wollte Biotronik gegenüber der Zeitung nicht beantworten.
Dem hält der Verband Swiss Medtech entgegen, dass die Preise spezifischer Produkte nicht geheim seien. So hätten die Spitäler die Möglichkeit, sich untereinander auszutauschen.
Es gebe zwar keine offiziellen Daten, «die zeigen würden, wie sehr die Preisdifferenzen der Medizinprodukte die Prämien belasten», so der «Tagesanzeiger» weiter. Trotzdem rechnet er vor, wie viel Einsparpotenzial allein bei Herzschrittmachern vorhanden wäre. So seien im vergangenen Jahr rund 8500 Herzschrittmacher implantiert worden.
Wenn nun die Preisunterschiede bei allen Herstellern ähnlich hoch sei wie beim Edora 8 DR-T, hätten allein 2020 über 20 Millionen Franken eingespart werden können. «Und das nur bei einer einzigen Unterkategorie von Medizinprodukten, von denen es Tausende gibt», so der «Tagesanzeiger». Und mit dieser Schlussfolgerung ist die Zeitung nicht allein. Auch die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) und der Preisüberwacher des Bundes hätten bereits Ähnliches festgestellt.
(yam)
Sowas würde ich auch Korruption nennen.
Ok, kann man machen. Aber eigentlich ist das B'schiss!
Wenn die Kasse den Preis für den Schrittmacher festlegt und zentral mit den Herstellern verhandelt ist Schluss mit dem Gedöns