Als «Kassensturz»-Moderator war Ueli Schmezer so etwas wie der Anwalt der Abgezockten, ungerecht Behandelten und Pechvögel. Ein Vierteljahrhundert stand er im Schweizer Fernsehen vor der Kamera. Er nahm im Studio Unternehmer in die Mangel, die Kunden übers Ohr gehauen haben, befragte Politiker und Branchenvertreter zu Missständen in Spitälern oder Grüsel-Zuständen in Beizen.
Nun, vier Jahre nach seinem SRF-Abgang, kehrt Konsumentenschützer Schmezer zurück. Nicht als Moderator, sondern als Politiker. Er nimmt im Nationalratssaal ab Montag den Platz ein, auf dem bisher Matthias Aebischer sass. Der SP-Nationalrat ist seit Anfang Jahr Mitglied der Berner Stadtregierung und darum als Parlamentarier zurückgetreten.
Auf den ehemaligen SRF-Moderator folgt damit ein anderer ehemaliger SRF-Moderator. Aebischer hatte einst durch die «Tagesschau» geführt, den Club moderiert und war, wie Schmezer, beim Konsumentenmagazin «Kassensturz».
Was die beiden ebenfalls verbindet: sie sind politische Spätzünder. Beide haben, anders die meisten Parlamentarierinnen und Parlamentarier in Bern, nicht schon viele Jahre Politerfahrung in Gemeinderäten, Stadt- oder Kantonsparlamenten gesammelt. Neben der journalistischen Karriere wäre ein politisches Engagement schliesslich nicht möglich gewesen.
Schmezer ist erst 2022 in die SP eingetreten. Ein Jahr später kandidierte er bereits für den Nationalrat und landete auf dem ersten Ersatzplatz. Der Gang in die Politik lag für ihn nahe. «Viele der Themen, die ich als Konsumentenschützer behandelt habe, münden letztlich in eine politische Frage», sagt Schmezer. Auf diesen Erfahrungsschatz werde er bei vielen Geschäften zurückgreifen können. «Respekt habe ich vor der schieren Menge an Vorlagen.»
Ausführlich will sich der Neo-Politiker nicht zu sich und seinem neuen Amt äussern. Noch nicht. Erst einmal will er sich im Bundeshaus einleben. Nur einige wenige Fragen möchte er jetzt beantworten. Schmezer, als Moderator einst von vielen Gesprächspartnern wegen seiner hartnäckigen Fragen gefürchtet, scheint es nicht sonderlich zu mögen, auf der anderen Seite von Mikrofon oder Kamera zu stehen.
Was er sagt: Auch als Nationalrat will er sich für Konsumentinnen und Konsumenten starkmachen. Ein wichtiges Geschäft steht in wenigen Wochen auf der Traktandenliste des Nationalrats: das Ermöglichen von Sammelklagen. «Darauf warten wir seit Jahren. Ich hoffe, dass die Mehrheit im Parlament sieht, wie wichtig die Sammelklage für die Konsumentinnen und Konsumenten ist», sagt Schmezer.
Der ehemalige SRF-Mann nimmt für die SP in der Rechtskommission Einsitz – und befasst sich damit beispielsweise mit dem Arbeits-, Miet- oder Versicherungsrecht. Das kommt Schmezer gelegen. Vor einigen Jahren ging er, der einst eine Lehrerausbildung und ein Ökonomiestudium abgebrochen hatte, nochmals an die Uni und machte den Master in Rechtswissenschaften. Das Studium sei ein Geschenk an sich selber gewesen, ohne konkrete Absicht, hatte er einst dem «Blick» gesagt. Nun stellt es sich nachträglich als sehr nützlich heraus.
Ueli Schmezer wird in wenigen Monaten 64 Jahre alt. Wie lang will er Nationalrat bleiben? Darauf angesprochen, sagt er: «Mein Jahrgang ist für mich kein Thema. Ich bin eben erst am Warmlaufen.»
Nebst der Politik und dem Journalismus – seit seinem Abgang beim SRF ist er als Auftrittscoach und Videoproduzent tätig – schlägt Schmezers Herz noch für etwas ganz anderes: die Musik. Seine ersten TV-Auftritte hatte der Berner nicht als Moderator, sondern als Musiker – als einer der ersten Mundartrapper der Schweiz. Unter dem Künstlernamen Jules landete er mit einem Disco-Song sogar einen Sommerhit in Spanien.
Später machte er mit der Schmezerband Mundart-Pop und -Rock. Noch heute tourt er zudem mit seinen Kinderliedern durch die Deutschschweiz (mit Hits wie «Mis liebschte Gmües isch Cervelat», «Bagger» oder « Nuggi-Räuber») und interpretiert mit Bandkollegen Mani-Matter-Klassiker neu.
Angesichts dieses musikalischen Erfahrungsschatzes drängt sich auf, dass Schmezer nicht nur Mitglied der Rechtskommission wird, sondern auch der Bundeshausband, für die auch schon SP-Bundesrat Beat Jans am Schlagzeug sass. Doch lieber möchte Schmezer einmal mit seiner Matter-Band auftreten. «‹Dynamit› von Mani Matter müsste im Bundeshaus unbedingt mal erklingen», findet er.
Ein Lied, das sich um einen «bärtigen Kärli» dreht, der das Bundeshaus in die Luft sprengen will. Und von einem Mann, der ihn mit einer flammenden Rede über Demokratie, Freiheit und Rechtsstaat davon abhält. Ein Lied, das zeigen soll, wie fragil die Demokratie ist. Eine Botschaft, die Politiker Schmezer am Herzen liegt.
– Albert Einstein
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