Ausserhalb der Bauzonen soll die Zahl der Gebäude nicht mehr steigen. Zu diesem Ziel bekennt sich das Parlament. Im Nationalrat hatten von Minderheiten beantragte Ausnahmeregelungen keine Chance.
Im zweiten Anlauf nahm der Nationalrat das revidierte Raumplanungsgesetz am Donnerstag mit 173 zu 0 Stimmen und mit 13 Enthaltungen an. Die Vorlage ist seit langem hängig im Parlament.
Ende 2019 hatte die grosse Kammer nicht darauf eintreten wollen. Danach vereinfachte sie die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerates, und der Ständerat hiess sie gut. Er ist nach den Entscheiden des Nationalrats nun wieder am Zug, denn noch gibt es Differenzen.
Beide Räte entschieden zudem, das revidierte Raumplanungsgesetz zum indirekten Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative zu machen. Die Initiative will die Trennung von Baugebiet und Nicht-Baugebiet in die Verfassung schreiben.
Herzstück der Gesetzesrevision ist ein Stabilisierungsziel. Die Kantone müssen im Richtplan festlegen, wie sie ausserhalb der Bauzone die Zahl der Gebäude und das Ausmass der Versiegelung stabil halten wollen. Sie müssen dem Bund regelmässig Bericht erstatten und falls nötig Anpassungen vornehmen.
Bau-Ausnahmen ausserhalb von Baugebieten könnten neu die Kantone regeln, führte Kommissionssprecher Mike Egger (SVP/SG) dazu aus. Diese Zuständigkeit der Kantone ermögliche massgeschneiderte Lösungen, sagten mehrere Votanten.
Dass nicht mehr genutzte Bauten aus der Landschaft verschwinden, wollen die Räte mit Anreizen erreichen. Neu sollen die Kantone unter gewissen Voraussetzungen Abbruchprämien für solche Gebäude und nicht mehr genutzte Anlagen bezahlen. Der Nationalrat präzisierte dazu, dass das Gebäude rechtmässig erstellt worden sein muss.
Würden jährlich 1000 bis 2000 Bauten abgebrochen und betrüge die Prämie zwischen 20'000 und 30'000 Franken, wäre mit jährlichen Kosten für die Kantone von 21 bis 66 Millionen Franken zu rechnen. So hatte es im Ständerat Jakob Stark (SVP/TG) vorgerechnet.
Der Bund kann aber Beiträge leisten, mit Rücksicht auf die Einnahmen der Kantone aus der Mehrwertabgabe für Einzonungen. Das hat der Nationalrat auf Antrag einer Minderheit ergänzt.
Nicht an einen Standort gebundene Nutzungen ausserhalb von Bauzonen - zu Gunsten der wirtschaftlichen Entwicklung - will der Nationalrat nur in Berggebieten erlauben. Der Ständerat hingegen und auch der Bundesrat wollen dies überall im Land zulassen.
Beide Räte wollen, dass im Gegenzug Auflagen gelten sollen, etwa Kompensations- und Ausgleichsmassnahmen. Umweltminister Albert Rösti ergänzte zu diesem Punkt, dass rund zwei Drittel der Fläche der Schweiz zum Berggebiet gehörten.
Nicht mehr genutzte Bauernhäuser und an diese Häuser angebaute Ökonomiegebäude sollen nicht zu Wohnzwecken umgenutzt werden dürfen. Das entschied der Nationalrat mit 101 zu 82 Stimmen. SP, Grüne, GLP, aber auch Mitglieder von Mitte, FDP und SVP wollten nichts von der Möglichkeit wissen, diese Gebäude künftig besser zu nutzen.
Martina Munz (SP/SH) warnte namens der Minderheit, diese Umbauten würden das Stabilisierungsziel untergraben. Grosse Ökonomiegebäude könnten zu Mehrfamilienhäusern werden, «mitten auf dem Land». Diese «Inselbauzonen» würden ein Privileg bedeuten, das Grundbesitzer in der Bauzone nicht hätten, doppelte Beat Flach (GLP/AG) nach.
Die Mehrheit und Umweltminister Rösti hätten solche Nutzungen zulassen wollen unter der Voraussetzung, dass die Baute altrechtlich erstellt worden und genügend erschlossen ist.
Das von der Minderheit gezeichnete Bild entspreche nicht der Realität, kritisierte Rösti und löste im Rat mit seinem Engagement für diesen Passus zahlreiche Fragen aus. Es gehe um erschlossene Wohnhäuser, die trotz Strukturwandels genutzt werden sollten. Die Häuser müssten aber ihr Erscheinungsbild behalten.
Unter gewissen Voraussetzungen erlauben will eine knappe Mehrheit den Abriss, den Wiederaufbau und die betriebliche Erweiterung von Beherbergungsbetrieben ausserhalb des Baugebiets. Für Restaurants soll das aber nicht gelten. Der Ständerat hingegen wollte diese Möglichkeit allen Gastbetrieben geben.
Neu regeln will der Nationalrat den Anspruch auf Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes für unbewilligte Nutzungen ausserhalb von Bauzonen. Dieser soll nach 30 Jahren verfallen. So verlangt es eine vom Parlament angenommene Motion. (sda)