Hirte und Bergbauer mit dem Milchbuch in Mürren, Bern. Bild: Romano Riedo, Swiss Press Photo, aus der Serie «Hinterland», unveröffentlicht
Das Zürcher Landesmuseum stellt die diesjährigen Gewinner des «Swiss Press Photo»-Wettbewerbs aus. Ein bunter Mix aus sensiblen, ästhetischen und ironischen Bildern.
Das Landesmuseum Zürich zeigt vom 1. Mai bis zum 6. Juli 2014 die preisgekrönten Schweizer Pressebilder des Jahres 2013 in der Ausstellung «Swiss Press Photo 14». Aus einem Schwall von 4'874 eingereichten Bildern von insgesamt 208 Fotografen wählte die internationale Wettbewerbsjury (siehe Infobox) die Gewinner in den Kategorien «Aktualität», «Schweizer Reportagen», «Alltag», «Porträt», «Sport» und «Ausland». Der Genfer Mark Henley wurde als bester Fotojournalist der Schweiz ausgezeichnet und das nicht zum ersten Mal. Bereits 2012 entschied sich die Jury für seinen «Banker im Regen».
Die Ausstellung «Swiss Press Photo 14» im Zürcher Landesmuseum. Bild: watson
So jetzt aber genug geschwatzt. Schliesslich geht es hier um Bilder und so sollen auch sie die Geschichte erzählen. Hier eine Vorschau auf die Gewinner der sechs bewerteten Kategorien:
Eine iranische Reporterin installiert ihren Maschinenpark, kurz bevor sie auf Sendung geht. Bild: Mark Henley, Swiss Press Photo, aus der Serie «Waiting for the Iran Deal, Geneva», «SwissInfo»
Wir befinden uns in Genf. Es ist Herbst. In diesen unwirtlichen Novembertagen verhandeln Deutschland, die USA, Russland, China, Frankreich und Grossbritannien mit dem Iran über dessen Nuklearprogramm. Es passiert tagelang nichts.
Zwei Journalisten warten auf News. Bild: Mark Henley, Swiss Press Photo, aus der Serie «Waiting for the Iran Deal, Geneva», «SwissInfo»
Mark Henley («SwissInfo») steht in der Tradition des deutschen Bildreporters Erich Salomon, nur mit dem Unterschied, dass er eine permanente Lizenz zum Fotografieren besitzt. Salomons erste Fotografien, die er klammheimlich während eines Strafverfahrens schoss, erschienen 1928 in der «Berliner Illustrierten Zeitung». Bewaffnet mit seiner «Ermanox-Kamera», die ohne Stativ und Blitzlicht auskam und die er notfalls mit einem schwarzen Verband für seinen fingierten, gebrochenen Arm verhüllte, betrat er – mit oder ohne Genehmigung – die Stätten des aktuellen Geschehens der Weimarer Republik: das Gebäude des Völkerbundes in Genf, das Reichsgebäude in Berlin und bedeutende Gerichtsverhandlungen im In- und Ausland. Der Mann mit dem manipulierten Diplomatenköfferchen, aus dessen Löchern seine Linse blitzte, prägte die Pressefotografie wie kaum ein anderer.
Ähnlich wie Salomons Bilder, thematisieren auch die von Henley nicht die Ereignisse der weltpolitischen Bühne an sich, sondern das Alltägliche und Menschliche hinter der Gefasst- und Ernsthaftigkeit ihrer Handlungsträger.
Es sind die Bodyguards und die gestressten, übermüdeten Journalisten, welche den Konferenz-Alltag prägen und die Henley so gekonnt einfängt. Michael von Graffenried umschreibt Henleys Talent mit den Worten: «Mark Henley ist Spezialist für Themen, die eigentlich gar nicht fotografierbar sind.»
Michael von Graffenried, Fondation Reinhardt von Graffenried
Auch das Bild zum Abschluss der Genfer Atom-Gespräche wird vom preisgekrönten Fotografen ironisch gebrochen: Der iranische Aussenminister Mohammed Sarif stellt am 24. November um 4.30 Uhr morgens das geschlossene Abkommen vor. Und mitten in seine Powerpoint-Präsentation läuft ein Mann. Und er bückt sich, darum bemüht, niemandem im Bild zu stehen.
Der iranische Aussenminister Mohammed Sarif stellt in der Nacht des 24. Novembers das geschlossene Abkommen vor. Bild: Mark Henley, Swiss Press Photo, aus der Serie «Waiting for the Iran Deal, Geneva», «SwissInfo»
Erstmals wird dieses Jahr die Kategorie «Schweizer Reportagen» ausgezeichnet. Das ermöglicht den Fotografen, auch unveröffentlichtes Material einzusenden. So können sie ihrer Arbeit unabhängig von textlicher Gebundenheit und Publikation Geltung verschaffen.
Romano Riedo hat sich mit seiner «Hinterland»-Serie auf den ersten Platz fotografiert. Er dokumentiert mit seinen eindrücklichen Bildern die Lebensbedingungen von Schweizer Bergbauern. Die Fotos entstanden analog und ohne zusätzliches Licht.
Bauernbub in einem Hirtenstall im Appenzell. Bild: Romano Riedo, Swiss Press Photo, aus der Serie «Hinterland», unveröffentlicht
Seine Bauern scheinen in bedrückender Dunkelheit zu versinken.
Eddy Mottaz («Le Temps») hat mit ihren Familienfotografien die Alltagskategorie für sich entschieden. Es sind Bilder verschiedener Familien. Die einen haben zwei verschiedene Väter und drei Kinder, die anderen wiederum gar keinen Vater, dafür zwei Mütter. Egal, wie unterschiedlich die Familien auch sein mögen, was Mottaz einzufangen versucht, ist das Gefühl der Zusammengehörigkeit.
Bild: Eddy Mottaz, Swiss Press Photo, aus der Serie «La famille», «Le Temps»
Daniel Brélaz, Stadtpräsident von Lausanne während der Akupunktur, die ihm beim Abnehmen helfen soll. Bild: Sébastien Anex, Swiss Press Photo, «Piqûre de magistrature», «Le Matin Dimanche»
Lausannes Präsident Daniel Brélaz ist ein aussergewöhnlicher Politiker. Während sich seine Kollegen lieber im gut sitzenden Anzug und mit zurecht gezupfter Frisur vor die Linse stellen, um derart ihrer Souveränität Ausdruck zu verleihen, lässt sich dieser Stadtpräsident bei der Akupunktur fotografieren. Nicht der vorteilhafteste Moment. Und es scheint ihn auch nicht gerade zu entspannen. Wirkung hat die Therapie trotzdem gezeigt: Brélaz hat innerhalb von neun Monaten 73 Kilo abgenommen: Von stattlichen 172 Kilo ist sein Gewicht auf 99 Kilo heruntergepurzelt.
Sébastien Anex («Le Matin Dimanche») gewinnt für sein bemerkenswertes Porträt den ersten Preis.
Koordination, Haltung, Spannung und Konzentration. Eben diese Eigenschaften, die den Erfolg eines Wasserspringers ausmachen, drücken diese zwei Junioren aus. Christoph Ruckstuhl (NZZ) hat mit seinen fabelhaft fokussierten «Fliegenden Kindergesichtern» die Jurymitglieder überzeugt.
Bild: Steeve Iuncker, Swiss Press Photo, aus der Serie «Yakoukst: –48°C, la ville plus froide du monde», «La Tribune de Genève»
Steeve Iunckers («La Tribune de Genève») schoss Bilder von Jakutsk, Sibirien, der kältesten Stadt der Welt. Bei minus 48 Grad Celsius geht nur vor die Haustür, wer wirklich muss. Selbst Iunckers Kamera machte nach 15 Minuten in der Eislandschaft schlapp. Die Minuten davor waren es aber wert. Dem Fotografen ist es gelungen, die Kälte so einzufangen, dass der Betrachter nur schon beim Anblick dieser Bilder zu schlottern beginnt.
Bild: Steeve Iuncker, Swiss Press Photo, aus der Serie «Yakoukst: –48°C, la ville plus froide du monde», «La Tribune de Genève»