Angesichts der steigenden Energiepreise haben verschiedene europäische Länder bereits gehandelt. Deutschland hat jüngst die Benzinsteuern gesenkt. Das heizt auch den Tanktourismus an. Bei eingesparten 20 Rappen pro Liter stürmen die ersten Sparfüchse aus der Schweiz bereits an deutsche Zapfsäulen.
Die Schweiz hat bislang nicht reagiert. Doch auch hierzulande steigt der Druck, Gegensteuer zu geben. Die Suche nach einem probaten Mittel gleicht jedoch der Quadratur des Kreises. Am Montag hat der Ständerat in einer ausserordentlichen Session über taugliche Rezepte diskutiert. Erzwungen hatte die Debatte die SVP.
Auf dem Programm standen gleich vier Vorstösse der Partei. Ansetzen möchte die SVP etwa beim Pendlerabzug. Dieser soll von 3000 auf 6000 Franken angehoben werden. Gleichzeitig schlägt die SVP eine Abfederung der Benzin-, Diesel- und Brennstoffpreise vor: Die Mineralölsteuern auf Treib- und Brennstoffe sollen halbiert werden. Nach dem Willen der SVP käme das Entlastungspaket der Bevölkerung und der Wirtschaft zugute.
«Ausserordentliche Umstände erfordern ausserordentliche Massnahmen», erklärte SVP-Präsident Marco Chiesa. Jede Tankfüllung koste heute 30 Franken mehr. Viele Menschen bezahlten Hunderte Franken mehr für ihre Mobilität. Aus Sicht von Hansjörg Knecht (SVP/AG) trifft es vor allem Berufstätige in ländlichen Gebieten, die auf ihr Auto angewiesen sind.
Die Preisspirale mache aber nicht Halt vor anderen Bereichen. Höhere Energiepreise würden sich auf die «Güter des täglichen Lebens» durchschlagen. Komme hinzu, dass sich die Situation auch in «absehbarer Zeit» nicht beruhigen werde, so Knecht.
Im Ständerat stand die SVP alleine auf weiter Flur. Ruedi Noser (FDP/ZH) hätte die vier Motionen am liebsten in die zuständige Kommission verbannt. Die Vorstösse zeichneten das Weltbild einer Schweiz als «Luftblase». Es werde suggeriert: Egal was geschehe, aber hierzulande könne der Bund seine Bevölkerung immer schützen. «Das kann ein Staat nicht leisten.» Da werde etwas von Bundesrat Ueli Maurer verlangt, das viele auch vom Papst tun würden.
Für Andrea Gmür (Mitte/LU) ist der Ansatz «völlig widersprüchlich». Damit würden jene Menschen bestraft, die sich ökologisch verhielten. Angesichts des rekordlangen Staus an Pfingsten bezweifelte sie zudem, dass nur noch reiche Autofahrer in ihrer Freizeit unterwegs seien. Gelassen gab sich auch Eva Herzog (SP/BS). Die Teuerung in der Schweiz sei weit entfernt von jener in der EU oder den USA. «Wir haben Zeit zu reagieren.»
Dem pflichtete Finanzminister Ueli Maurer bei. Er forderte den Rat auf, nicht gleich «das Pulver zu verschiessen». Jetzt sei nicht der Zeitpunkt, dass der Staat handeln müsse. Auch wenn klar sei, dass «alle applaudieren, wenn die Benzinpreise morgen sinken». Eine Arbeitsgruppe des Bundes beurteilt aktuell die Situation. Im Mittelpunkt dürften Menschen mit tiefen Einkommen stehen, so Maurer.
Der Kässeliwart des Bundes appellierte auch an den haushälterischen Umgang mit Steuergeldern. «Sie können nicht weiter Geld verteilen.» Er habe nichts dazu gehört, wie die neuen Ausgaben kompensiert werden sollten. Das Problem der steigenden Inflation stellte Maurer nicht in Abrede. «Wir nehmen ihre Sorgen durchaus ernst.»
Nach diesem Votum versenkte der Ständerat alle vier Vorstösse deutlich. Es wird diese Woche nicht die einzige Debatte im Parlament bleiben. Der Nationalrat wird am Donnerstag seine Aussprache führen. Anders als im Ständerat wird der Fokus dabei nicht nur auf den Benzinpreisen liegen. Die Parteien präsentieren einen Strauss an verschiedenen Forderungen.
So fordert auch die FDP ein befristetes Entlastungspaket. Der Vorstoss ist jedoch relativ offen gehalten. Aus Sicht der Partei ist eine Senkung der Mineralölsteuer auf Treib- und Brennstoffe denkbar. Auch die Mitte hat ein ähnliches Begehren eingereicht.
Für die Mitte-Partei ist klar: In der Pflicht steht die Landesregierung. «Wir erwarten von Bundesrat Guy Parmelin, dass er ein Krisenpaket präsentiert, bevor es zu spät ist», sagte Mitte-Fraktionschef Philipp Matthias Bregy bereits früher zu CH Media.
Die Ratslinke hält von den bürgerlichen Vorstössen wenig. «Das ist alles Pipifax», sagte die Zürcher SP-Nationalrätin Jacqueline Badran in einem Interview mit der «SonntagsZeitung» gewohnt pointiert. Dabei würden vor allem Ölkonzerne profitieren und Menschen, «die mit grossen Autos viel fahren». Ins Visier nimmt die SP andere Posten im Haushaltsbudget: Mieten, Krankenkassenprämien und die Heiznebenkosten.
Nochmals einen anderen Akzent setzen die Grünen. Die Partei möchte die Preise des öffentlichen Verkehrs deutlich reduzieren. Eine mögliche Idee: Ein Generalabonnement zweiter Klasse sollte für 2000 Franken statt für 3860 zu haben sein, sagt Sophie Michaud Gigon. Als zweite konkrete Massnahme bringt die Waadtländer Grünen-Nationalrätin einen Energie-Gutschein ins Spiel, wie ihn Frankreich auf der Grundlage des Einkommens ausstellt.
Das Geld lieber in neue nachhaltige Projekte investieren!
Immer wieder erstaunlich, mit welch kurzsichtigen Lösungsansätzen unsere drei populistischen Polparteien kommen.