Schweiz
Gesundheit

Strafanzeigen gegen Lebensmittel-Betriebe nehmen in der Schweiz zu

«Grün angelaufene» Spareribs: Strafanzeigen gegen Lebensmittel-Betriebe nehmen zu

08.05.2025, 11:5708.05.2025, 17:20
Mehr «Schweiz»

Erstmals veröffentlichte das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) detaillierte Daten zu den amtlichen Kontrollen im Lebensmittelbereich.

Berücksichtigt wurden die Daten der Jahre 2022 und 2023 – in anonymisierter Form. Der Befund: Die Lebensmittelsicherheit ist insgesamt hoch. Kontrolliert wurden nicht nur Restaurants und Catering-Betriebe, sondern auch Schlachtbetriebe und Metzgereien.

Jede fünfte Kontrolle (bei Restaurants sogar jede vierte) zeigte bei den Lebensmitteln ein «erhebliches» oder «grosses» Risiko. Das liegt daran, dass die Kontrollen risikobasiert stattfinden. Betriebe, die bereits negativ auffielen, werden öfter kontrolliert.

Neben Lebensmitteln schauen die Kontrolleurinnen und Kontrolleure auf folgende Punkte:

  • Laufen die Prozesse korrekt ab?
  • Stimmen die räumlichen Voraussetzungen?
  • Gibt es ein Konzept zur Selbstkontrolle?
Ein Mann beisst in ein Stück Spareribs.
En Guete.Bild: Shutterstock

2023 gab es mehr als 20'500 Verwaltungsmassnahmen gegen Restaurants – deutlich mehr als im Vorjahr. Beanstandete Waren wurden in 2500 Fällen vernichtet, in 200 Fällen gab es Verbote, beispielsweise für einzelne Räume oder Geräte.

Im Kanton Bern hat sich die Zahl der Strafanzeigen gegen Lebensmittelbetriebe wegen gravierender Mängel innerhalb eines Jahres sogar verdoppelt – zehn mussten geschlossen werden, wie der Tages-Anzeiger schreibt. Der Berner Kantonschemiker Otmar Deflorin sagt dazu:

«Steht weniger Personal zur Verfügung, wird oftmals zuerst bei der Hygiene gespart. Darunter leidet nicht nur die vordergründige Sauberkeit eines Betriebs, sondern auch die mikrobiologische Beschaffenheit der Lebensmittel.»

Sowohl das Bündner Amt für Lebensmittelsicherheit als auch der Kanton Solothurn berichten von Fachkräftemangel als Grund für die sich verschlechternde Situation. Das führe «auch in jahrelang bisher sehr gut geführten und aus lebensmittelrechtlicher Sicht unauffälligen Betrieben zunehmend zu Problemen».

Die Extremfälle

Die Berner Staatsanwaltschaft bestrafte im letzten November einen Betrieb, in dem «erheblicher Schädlingsbefall (Mäusekot)» festgestellt wurde. In Solothurn stiessen Kontrolleure in einem Gartenrestaurant auf «augenscheinlich verdorbene» Lebensmittel:

  • Verschimmelter Rohschinken
  • Verschimmelte Erdbeeren
  • Verdächtig riechende Pouletbrüstli
  • Zweieinhalb Jahre altes Schweinsvoressen (tiefgekühlt)

Der Aargauer Verbraucherschutz schreibt im Jahresbericht 2023: «Siebenmal wurde die Benützung eines Produktionsraums aufgrund von Hygienemängeln, einmal verbunden mit einem Mäusebefall, einmal zusammen mit einem starken Fliegenbefall, verboten.»

In einem Fall musste das Amt Spareribs aussortieren, die «grün angelaufen» gewesen seien.

Vergangenen September hätten die Kontrolleure «verdorbene, saure, übel riechende oder schimmlige Lebensmittel» und einen Kellerboden, der «übersät mit Fliegen» gewesen sei, vorgefunden. Ein Lavabo sei nicht betriebsbereit gewesen, der Küchenabzug «stark verfettet». Das Tiramisu wies eine Kerntemperatur von 12 Grad auf. Die Fleischbouillon war seit über einem Jahr abgelaufen.

Um welches Restaurant es konkret ging, ist nicht bekannt. Der «Tages-Anzeiger» konnte den Strafbefehl nur anonymisiert einsehen. Der Beizer musste eine Busse von 3000 Franken bezahlen.

Gastro Suisse nimmt Stellung

Beim Branchenverband Gastro Suisse ist klar, dass es zu solchen Fällen nicht kommen darf. Interimsdirektor Patrik Hasler-Olbrych sagt gemäss «Tages-Anzeiger»:

«Die allermeisten Betriebe arbeiten vorbildlich und halten die Hygienevorschriften jederzeit ein.»

Die Lebensmittelsicherheit sei essenziell. «Als Arbeitgeberverband informieren und unterstützen wir unsere Mitglieder daher zum Beispiel mit der Leitlinie für gute Verfahrenspraxis im Gastgewerbe.»

Der anhaltende Fachkräftemangel könne tatsächlich ein möglicher Grund für die Beanstandungen und Strafanzeigen sein. Hasler-Olbrych nennt jedoch auch die «stark gestiegenen Personal-, Waren- und Energiekosten sowie fehlende oder zu lasche Mindeststandards in gewissen Kantonen». Ein Grossteil der Beanstandungen wäre mit einer umfassenden Aus- und Weiterbildung zu verhindern, ist Hasler-Olbrych überzeugt.

(rbu)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Wir glaubten es auch kaum, aber: So schön kann Schimmel sein
1 / 24
Wir glaubten es auch kaum, aber: So schön kann Schimmel sein
Kunst oder kann das weg?
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Ekel-Burger: Kundin macht unappetitlichen Fund in Zürcher McDonalds
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
75 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
PetNat
08.05.2025 12:14registriert März 2014
Man sollte endlich (wie im Ausland üblich) Plaketten einführen, diese müsste jeder Betrieb am Eingang gut sichtbar aufhängen.

Ich wette, dass sich die Hygiene dann massiv und rasch verbessern würde in Schweizer Restaurants.

Hier ist Datenschutz fehl am Platz bei den schwarzen Schafen.

Gleichzeitig könnten sich hygienisch einwandfreie Betriebe sicher über mehr Kunden freuen.
1985
Melden
Zum Kommentar
avatar
Lingsrächts
08.05.2025 12:10registriert Dezember 2021
Ich würde halt schon gerne wissen, in welchem Restaurant ich mir eine Vergiftung holen könnte.
1666
Melden
Zum Kommentar
avatar
ShyFlu
08.05.2025 12:12registriert Dezember 2020
Ich verstehe einfach nicht warum die Betriebe nicht genannt werden.
1565
Melden
Zum Kommentar
75
    Tierischer Eklat in Köniz: Ente rast mit 52 km/h durch 30er-Zone – ohne Führerschein

    In der Berner Vorortsgemeinde Köniz hatte sich Mitte April eine Stockente scheinbar nicht im Griff. Das Tier raste mit 52 Stundenkilometern durch eine Tempo-30-Zone – und wurde dabei auf frischer Tat ertappt. Das Foto einer Radarfalle zeigt, wie das Tier scheinbar schamlos in viel zu hohem Tempo durch die Gegend rast.

    Zur Story