«Grün angelaufene» Spareribs: Strafanzeigen gegen Lebensmittel-Betriebe nehmen zu
Erstmals veröffentlichte das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) detaillierte Daten zu den amtlichen Kontrollen im Lebensmittelbereich.
Berücksichtigt wurden die Daten der Jahre 2022 und 2023 – in anonymisierter Form. Der Befund: Die Lebensmittelsicherheit ist insgesamt hoch. Kontrolliert wurden nicht nur Restaurants und Catering-Betriebe, sondern auch Schlachtbetriebe und Metzgereien.
Jede fünfte Kontrolle (bei Restaurants sogar jede vierte) zeigte bei den Lebensmitteln ein «erhebliches» oder «grosses» Risiko. Das liegt daran, dass die Kontrollen risikobasiert stattfinden. Betriebe, die bereits negativ auffielen, werden öfter kontrolliert.
Neben Lebensmitteln schauen die Kontrolleurinnen und Kontrolleure auf folgende Punkte:
- Laufen die Prozesse korrekt ab?
- Stimmen die räumlichen Voraussetzungen?
- Gibt es ein Konzept zur Selbstkontrolle?
2023 gab es mehr als 20'500 Verwaltungsmassnahmen gegen Restaurants – deutlich mehr als im Vorjahr. Beanstandete Waren wurden in 2500 Fällen vernichtet, in 200 Fällen gab es Verbote, beispielsweise für einzelne Räume oder Geräte.
Im Kanton Bern hat sich die Zahl der Strafanzeigen gegen Lebensmittelbetriebe wegen gravierender Mängel innerhalb eines Jahres sogar verdoppelt – zehn mussten geschlossen werden, wie der Tages-Anzeiger schreibt. Der Berner Kantonschemiker Otmar Deflorin sagt dazu:
Sowohl das Bündner Amt für Lebensmittelsicherheit als auch der Kanton Solothurn berichten von Fachkräftemangel als Grund für die sich verschlechternde Situation. Das führe «auch in jahrelang bisher sehr gut geführten und aus lebensmittelrechtlicher Sicht unauffälligen Betrieben zunehmend zu Problemen».
Die Extremfälle
Die Berner Staatsanwaltschaft bestrafte im letzten November einen Betrieb, in dem «erheblicher Schädlingsbefall (Mäusekot)» festgestellt wurde. In Solothurn stiessen Kontrolleure in einem Gartenrestaurant auf «augenscheinlich verdorbene» Lebensmittel:
- Verschimmelter Rohschinken
- Verschimmelte Erdbeeren
- Verdächtig riechende Pouletbrüstli
- Zweieinhalb Jahre altes Schweinsvoressen (tiefgekühlt)
Der Aargauer Verbraucherschutz schreibt im Jahresbericht 2023: «Siebenmal wurde die Benützung eines Produktionsraums aufgrund von Hygienemängeln, einmal verbunden mit einem Mäusebefall, einmal zusammen mit einem starken Fliegenbefall, verboten.»
In einem Fall musste das Amt Spareribs aussortieren, die «grün angelaufen» gewesen seien.
Vergangenen September hätten die Kontrolleure «verdorbene, saure, übel riechende oder schimmlige Lebensmittel» und einen Kellerboden, der «übersät mit Fliegen» gewesen sei, vorgefunden. Ein Lavabo sei nicht betriebsbereit gewesen, der Küchenabzug «stark verfettet». Das Tiramisu wies eine Kerntemperatur von 12 Grad auf. Die Fleischbouillon war seit über einem Jahr abgelaufen.
Um welches Restaurant es konkret ging, ist nicht bekannt. Der «Tages-Anzeiger» konnte den Strafbefehl nur anonymisiert einsehen. Der Beizer musste eine Busse von 3000 Franken bezahlen.
Gastro Suisse nimmt Stellung
Beim Branchenverband Gastro Suisse ist klar, dass es zu solchen Fällen nicht kommen darf. Interimsdirektor Patrik Hasler-Olbrych sagt gemäss «Tages-Anzeiger»:
Die Lebensmittelsicherheit sei essenziell. «Als Arbeitgeberverband informieren und unterstützen wir unsere Mitglieder daher zum Beispiel mit der Leitlinie für gute Verfahrenspraxis im Gastgewerbe.»
Der anhaltende Fachkräftemangel könne tatsächlich ein möglicher Grund für die Beanstandungen und Strafanzeigen sein. Hasler-Olbrych nennt jedoch auch die «stark gestiegenen Personal-, Waren- und Energiekosten sowie fehlende oder zu lasche Mindeststandards in gewissen Kantonen». Ein Grossteil der Beanstandungen wäre mit einer umfassenden Aus- und Weiterbildung zu verhindern, ist Hasler-Olbrych überzeugt.
(rbu)


