Eine SBB-Mitarbeiterin, die sexuell belästigt wurde, erhält eine Entschädigung in Höhe von zwei Monatslöhnen. Wegen der jahrelangen, negativen Haltung der Frau hat das Bundesverwaltungsgericht ihre Entlassung jedoch bestätigt.
Im Jahr 2011 war die Mitarbeiterin Zeugin eines Überfalls auf eine Wechselstube in einem Bahnhof geworden. Sie wurde daraufhin versetzt und es kam in der Folge zu Schwierigkeiten mit ihren Kollegen.
Nach einem langwierigen Verfahren stellte ein von der SBB beauftragtes Unternehmen fest, dass eine sexuelle Belästigung stattgefunden hatte. Dies geht aus einem am Dienstag veröffentlichten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hervor.
Die SBB bot der Frau eine Entschädigung von rund 6600 Franken an, was einem Monatslohn entsprach. Diesen Betrag bestätigte das Bundesverwaltungsgericht im Dezember 2018. Das Bundesgericht hob diese Entscheidung im Oktober 2019 mit der Begründung auf, dass die Vorinstanz nicht alle Umstände des Falles berücksichtigt hatte.
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Entschädigung in seinem aktuellen Urteil auf zwei Monatslöhne festgesetzt. Es ist zum Schluss gelangt, dass die SBB «nicht die von einem Grossunternehmen zu erwartende Sorgfalt» an den Tag gelegt habe und die beanstandeten Umstände erst mit sechsmonatiger Verspätung geprüft habe.
Das Gericht wirft der SBB auch ein fehlerhaftes und unzureichendes Management vor. Die Betroffene sei als einzige Frau in einem Team von etwa 20 Männern mindestens zehn Monate lang mit dem unangemessenen Verhalten von einigen dieser Kollegen konfrontiert gewesen.
In einem zweiten Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde der Angestellten gegen die Rechtswidrigkeit ihrer Entlassung zurückgewiesen. Im Jahr 2015 entschied die SBB, dass die Frau nicht mehr in ihr Team integriert werden könne. Das Unternehmen bot ihr an, sie in die Stellenbörse zu versetzen, um ihre Karriere neu auszurichten.
Im Oktober 2018 erhielt die Mitarbeiterin eine Kündigungsandrohung aufgrund verschiedener Verfehlungen. Es handelte sich um respektlose Äusserungen und Fehler bei der Arbeitszeiterfassung. Ein Jahr später informierte die SBB die Frau über die Absicht, das Arbeitsverhältnis aufzulösen. Die Kündigung wurde per Ende Juni 2020 ausgesprochen.
Die Betroffene legte Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ein. Dieses stellte fest, dass die SBB «objektive und ausreichende Gründe» für die Kündigung hatte. Die Beschwerdeführerin habe seit 2014 wiederholt Anlass zu Kritik gegeben. Und auch nach der Kündigungsdrohung im Oktober 2018 sei es zu Verstössen gekommen.
Isoliert betrachtet seien die Vorkommnisse nicht besonders schwerwiegend, schreibt das Bundesverwaltungsgericht. Trotz der Verwarnung habe die Frau ihr Verhalten jedoch nicht geändert. Und selbst wenn man den Hintergrund der Vorkommnisse berücksichtige, so müsse festgehalten werden, dass die Mitarbeiterin sich unangemessen verhalten und ihren Pflichten mehrfach nicht nachgekommen sei.
Die SBB hätten zahlreiche Massnahmen ergriffen, um die Frau bei ihrer Umschulung zu unterstützen. Insofern deute entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nichts darauf hin, dass es der SBB nur darum gegangen sei, sie loszuwerden.
Die beiden Urteile sind noch nicht rechtskräftig und können ans Bundesgericht weitergezogen werden. (Urteil A-5461/2020 vom 29.7.2021 und A-448/2020 vom 2.8.2021) (aeg/sda)