Das Jahr 2023 war geprägt von Kriegen in der Ukraine, Palästina und im Sudan, den Erdbeben in der Türkei, Syrien, Afghanistan und Nepal sowie den Überschwemmungen in Bangladesch und Europa. Nach Jahren der starken Solidarität und des hohen Spendenvolumens scheint nun eine gewisse Zermürbung und Müdigkeit bei den Schweizer Spenderinnen und Spendern eingesetzt zu haben. Das zeigt der jährlich veröffentlichte Spendenreport der Stiftung Zewo.
Mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine 2022 wurde auch eine Welle von Spenden ausgelöst, was zu einer Zunahme um fast 450 Millionen im Vergleich zum Vorjahr führte. Dieser Wert war ein Rekord und ist seither sinkend. Für das Jahr 2024 prognostiziert die Zewo einen Rückgang von 300 Millionen (im Vergleich zum Rekordjahr 2022) auf 2,2 Milliarden Franken. Die Gründe gehen aber weiter als die Ohnmacht in Bezug auf die Weltlage.
Als einen der Hauptgründe nennt die Studie die angespannte Wirtschaftslage, die mit persönlichen Ängsten um die höhere finanzielle Belastung der Bevölkerung einhergeht. Daher ist auch die Spendentätigkeit von Privathaushalten im Jahr 2023 stark eingebrochen. Der Spendenbarometer, der von Swissfundraising und der Berufsorganisation für Fundraising-Fachleute herausgegeben wird, verzeichnet einen langfristigen Tiefstwert von 72 Prozent Spendentätigkeit bei Haushalten. Das sind 14 Prozent weniger als im Vorjahr: Fast 400'000 Menschen weniger als im Vorjahr haben also etwas gespendet.
Der Medianwert der Spenden konnte sich aber auf dem Höchstniveau von 2022 halten. So blieb dieser Wert stabil bei 400 Franken pro Haushalt. Allerdings nahm der Medianwert 2023 nicht mehr zu, nachdem dieser in den drei Vorjahren kontinuierlich gestiegen war.
Erstmals seit die Zewo-Studie durchgeführt wird, haben sich die Top-Spendenthemen verändert. Deutlich zulegen konnten im Katastrophen- und Krisenjahr 2023 die «Katastrophenhilfe» (plus 37 Prozent) und die «Sozial- und Nothilfe» (plus 13 Prozent). Diese beiden Kategorien waren der Schweiz so wichtig, dass sie sogar den jahrelangen Top-Spendenzweck «Kinder und Jugendliche» vom Podest verdrängt haben. Weiterhin klar auf Rang 1 der Spendezwecke befindet sich die Kategorie «Natur-, Umwelt- und Tierschutz», die bei den Nennungen sogar nochmals um 14 Prozent zulegen konnte.
Doch was heisst das konkret? Wohin gingen diese Spenden? Da viel Geld in die Katastrophenhilfe floss, stagnierten die grossen Mitgliederorganisationen Rega und Paraplegiker-Stiftung eher, so die Studie. Umgekehrt konnte das Schweizerische Rote Kreuz stark zulegen und die Glückskette konnte gar nochmals 30 Prozent mehr Mittel verteilen im Vergleich zum bisherigen Rekordjahr 2022.
Der meistgenannte Grund, warum Menschen in der Schweiz spenden, ist mit 97 Prozent die Solidarität – also bei praktisch allen Teilnehmenden. Platz 2 belegt der eher rationale Grund «Ich bin überzeugt von Anliegen und Engagement der Organisation» mit 93 Prozent aller Nennungen. Weiter bestätigen die Befragten mit 87 Prozent, dass ihnen das Spenden «ein gutes Gefühl» vermittelt, und 84 Prozent schätzen es, mit ihrem Betrag «etwas bewirken zu können».
Die meisten Spenden für Zewo-zertifizierte Hilfswerke stammen mit 52 Prozent aus privaten Haushalten. Sprich rund 754 Millionen der 1,45 Milliarden Franken, die 2023 in die mit einem Gütesiegel ausgestatteten Organisationen flossen.
Seit sieben Jahren steht im internationalen Vergleich, der von der Charities Aid Foundation (kurz CAF) durchgeführt wird, Indonesien zuoberst auf der Liste. Insgesamt haben 4,3 Milliarden Menschen in einer der Kategorien, «Habe einer*m Fremden geholfen», «Habe Geld gespendet» und «Habe Freiwilligenarbeit geleistet», etwas gegeben.
Die Schweiz liegt in diesem Vergleich nur im Mittelfeld, auf Platz 56. Derweilen wird zwar relativ viel Geld gespendet, doch nicht viel Freiwilligenarbeit geleistet. Am meisten Geld wird gemäss der Studie in Myanmar gespendet, die meiste Freiwilligenarbeit in Liberia geleistet und in Jamaika wird am häufigsten fremden Menschen geholfen.
Beim Geld bin ich mir nie sicher, ob es am richtigen Ort ankommt.