Der SBB-Chef Vincent Ducrot ist ein Familienmensch. Letzte Woche gab er dem «Blick» ein persönliches Interview, in dem er von seinem neuen Glück berichtete: Er sei nicht nur frisch verliebt, sondern habe sogar geheiratet. Zusammen mit seiner Ehefrau habe er nun insgesamt sieben Kinder.
Für Ducrot ist klar: «Die Familie hat Vorrang.» Der SBB-Chef erreichte, dass die Bahn ihm einen Teil seines 757'382-Franken-Salärs in Form von GAs für die Familie auszahlt (13'678 Franken). Der Bähnler sagte vor drei Jahren in einem Interview: «Meine Kinder sind beste Kunden des öffentlichen Verkehrs und der SBB.»
Doch nicht nur Ducrots Kinder sind «beste Kunden des öffentlichen Verkehrs», sondern auch die Kinder anderer Eltern – und zwar wortwörtlich.
Mütter oder Väter, die für ihr Kind am Bahnhof einen Wickeltisch benötigen, zahlen stolze zwei Franken – 50 Rappen mehr, als wenn jemand das Pissoir nutzen will.
Bekannt ist das schon lange, am Mittwochmorgen fiel das aber auch einer Twitter-Userin auf. Sie stellte nüchtern fest:
Ihre Empörung hielt sich verbal in Grenzen – jene der Twitter-Community hingegen nicht. Eine Frau kritisierte die SBB als «unfassbar kinderfeindlich».
Andere erinnerten daran, dass die Bundesbahnen mit all jenen ein grosses Geschäft machen würden, die fürs kleine Geschäft auf die Schüssel statt zum Pissoir müssen. Stichwort Gleichheit der Geschlechter: Ob man Mann oder Frau ist, soll nicht darüber entscheiden, wie viel fürs Urinieren bezahlt werden muss.
Nach einer Anfrage von watson reagiert* SBB-CEO Vincent Ducrot auf die Preisunterschiede bei der WC-Nutzung. «Ehrlich gesagt, wusste ich gar nicht, dass in gewissen WC-Anlagen die Benutzung des Pissoirs günstiger ist, als wenn man im Toiletten-Bereich auch den Wickeltisch benutzt. Als ich das erfahren habe, war meine spontane Reaktion, dass das nicht okay ist.»
Seine Reaktion: «Ich habe mich bei den Verantwortlichen erkundigt. Ich kann sagen: Die SBB sind ohnehin schon dran, die Preise raschestmöglich zu vereinheitlichen. Künftig kostet alles 1.50 Franken», sagt Ducrot.
Entsprechende Pilotprojekte gibt es bereits an den Bahnhöfen in Olten, Schaffhausen, Regensdorf und Uster. Gelöst wird damit zwar das Problem mit den unterschiedlichen Preisen fürs kleine Geschäft. Bestehen bleibt aber die Tatsache, dass einmal kurz Wickeln etwas kostet.
Quasi kostenlos geht's in den Zügen, wo bei den WCs Wickeltische installiert sind. Dort, wo es nicht möglich ist, verweisen die SBB auf den Sitz im Zugabteil:
Man wird jedoch auf der SBB-Website gebeten, die Windeln ausserhalb des Zugs zu entsorgen – die Mitreisenden seien dankbar dafür.
* Die ursprüngliche Fassung dieser Story erschien ohne die Stellungnahme von SBB-CEO Vincent Ducrot, da dieser zu wenig explizit angesprochen/angeschrieben war. Wir bitten um Entschuldigung für die Unachtsamkeit.
Im Zug ist das WC gratis. Also nutzt man auf einer Reise möglichst das WC im Zug statt jene in Bahnhöfen.
Der Betrieb eines WCs in einem Zug ist mit Wassertank, Bioreaktor, Abwassertank usw. aber viel aufwändiger und teurer als ein stationäres WC mit Wasserleitung- und Kanalisationanschluss.
Gäbe es in den Bahnhöfen auch Gratis-WCs, wären jene in den Zügen weniger überlastet.
Ein Kompromiss wäre vielleicht, wenn die Bahnhof-WCs nur mit einem gültigen Bahnbilett oder -Abo gratis wären.