Als Reaktion auf zahlreiche, islamistische Terroranschläge in Europa erarbeitete der Bundesrat 2015 eine Strategie zur Terrorbekämpfung. Daraus entstand der «Nationale Aktionsplan (NAP) zur Verhinderung und Bekämpfung von Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus». Dieser umfasst soziale, therapeutische und gesellschaftliche Massnahmen. Zusätzlich wurden das Strafrecht im Bereich Terrorismus verschärft und das Nachrichtendienstgesetz um zusätzliche Überwachungsmittel ergänzt, mit denen Bedrohungen frühzeitig erkannt werden sollen.
Doch im Bereich der präventiven Massnahmen fehlen der Polizei nach Ansicht des Bundesrats wichtige Mittel, um gegen Terrorismus vorgehen zu können. Er erarbeitete deshalb ein «Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (PMT)». Das Parlament stimmte dem Gesetz mit Änderungen im September 2020 zu. Dagegen wurde erfolgreich das Referendum ergriffen, weshalb die Vorlage an die Urne kommt.
Das Gesetz sieht insgesamt sieben, unterschiedlich einschneidende Massnahmen vor. Personen können zu regelmässigen Gesprächen mit den Behörden verpflichtet werde. Dabei wird die Bedrohung überprüft, die von ihnen ausgeht und eine Verhaltensänderung angestrebt. Darüber hinaus kann ein Kontaktverbot zu anderen Personen ausgesprochen werden, um den Austausch zwischen radikalisierten Personen zu unterbinden. Die Behörden können zudem Ausreiseverbote gegen Personen aussprechen, bei denen die Gefahr besteht, sie könnten im Ausland terroristisch aktiv werden. Mit einer Meldepflicht können die Behörden zudem überprüfen, ob sich jemand an ein solches Ausreiseverbot hält. Ausländische Staatsbürger, von denen eine Terrorgefahr ausgegeht, können in Ausschaffungshaft genommen werden.
Zu den einschneidendsten Massnahmen gehört die Ein- und Ausgrenzung einer Person. Damit wird ihnen untersagt, bestimmte Orte, zum Beispiel Moscheen, aufzusuchen. Oder bestimmte Gebiete, etwa ihre Wohngemeinde, zu verlassen. Die weitreichendste Massnahme ist der Hausarrest. Dabei darf sich eine Person nur noch innerhalb einer bestimmten Liegenschaft aufhalten.
Gemäss Gesetzestext sind Massnahmen ausschliesslich für «terroristische Gefährder» vorgesehen. Bei solchen Gefährdern müsse aufgrund konkreter und aktueller Anhaltspunkte davon ausgegangen werden, dass sie eine terroristische Aktivität ausüben werden.
Als terroristische Aktivität gelten laut PMT «Bestrebungen zur Beeinflussung oder Veränderung der staatlichen Ordnung, die durch die Begehung oder Androhung von schweren Straftaten oder mit der Verbreitung von Furcht und Schrecken verwirklicht oder begünstigt werden sollen.» Die Massnahmen können bereits für Kinder ab zwölf Jahren angeordnet werden - mit Ausnahme des Hausarrests, der erst für Jugendliche ab 15 Jahren möglich ist.
Die Massnahmen müssen auf den Einzelfall ausgerichtet sein, setzen «konkrete und aktuelle Anhaltspunkte» für eine terroristische Gefahr voraus. Sie dürfen nur dann angewandt werden, wenn mildere Massnahmen nichts nützen oder verletzt worden sind. Die Dauer der Massnahmen ist auf sechs Monate begrenzt. Sie kann einmalig um sechs Monate verlängert werden.
Beantragt können die Massnahmen vom Nachrichtendienst oder von den Kantonen. Den Entscheid darüber trifft das Bundesamt für Polizei (fedpol). Eine Ausnahme ist der Hausarrest: Er ist auf drei Monate begrenzt und kann maximal zweimal um je drei Monate verlängert werden. Den Hausarrest muss das Zwangsmassnahmengericht anordnen. Personen, für die eine Massnahme angeordnet wird, können deren Rechtmässigkeit vom Bundesverwaltungsgericht überprüfen lassen. Allerdings bleibt sie bis zu einem Gerichtsentscheid in Kraft.
Für das PMT sprechen sich der Bundesrat und eine Mehrheit der Parteien aus: SVP, FDP, Mitte und EVP. Auch die kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren unterstützten das Gesetz. SP, Grüne, GLP und ihre Jungparteien sind dagegen, ebenso wie die Jungfreisinnigen und die Piratenpartei. Auch 60 Rechtsprofessoren setzen sich öffentlich gegen das PMT ein.
Für die Unterstützer werden mit dem PMT gesetzliche Lücken geschlossen. Damit könne die Bevölkerung besser vor Terrorismus geschützt werden. Dieser Schutz sei wichtig, um die freiheitliche und demokratische Gesellschaft zu verteidigen. Für die Befürworter sind die Massnahmen des PMT gezielte und ausgewogene Mittel, um terroristische Gefahren vorzubeugen. Das Gesetz entspreche rechtsstaatlichen Standards und sei mit den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) vereinbar.
Für die Gegner ist das PMT ein «Willkürparagraf». Die Definitionen zu «terroristischen Gefährdern» und «terroristischer Aktivität» seien schwammig und weit reichend formuliert. Dies verschaffe den Behörden einen zu grossen Handlungsspielraum, der im Zweifel auch gegen politische Aktivisten genutzt werden könne. Die richterliche Kontrolle sei ungenügend und das Gesetz verletze auf gravierende Weise rechtsstaatliche Grundsätze. Jemand könne auf reinen Verdacht hin eingesperrt werden. Ausserdem sei das PMT weder mit der EMRK noch mit der UNO-Kinderrechtskonvention vereinbar. (aargauerzeitung.ch)