Am Bezirksgericht Frauenfeld hat am Donnerstagvormittag der Prozess gegen einen 69-jährigen Mann begonnen. Ihm wird die vorsätzliche Tötung seiner Frau vorgeworfen. Die Anklage fordert eine Freiheitsstrafe von neun Jahren.
Das Gericht folgte in seinem Urteil dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Eine Reue sei nicht zu erkennen, hiess es in der Begründung. Man müsse davon ausgehen, dass der Mann in einer gleichen Situation wieder genauso handeln würde.
Er muss die Untersuchungs-, Verfahrens- und Gerichtskosten in der Höhe von rund 37'000 Franken übernehmen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
«Ich habe meine Frau aus Liebe erschossen», sagte der Beschuldigte am Donnerstag vor dem Bezirksgericht Frauenfeld. Er habe ihr den Verlust der gemeinsamen Liegenschaft und ihres geliebten Gartens ersparen wollen.
Der Mann trat gemäss Anklageschrift am frühen Morgen mit einer Pistole der Armee ans Bett seiner schlafenden Ehefrau und tötete sie mit zwei Schüssen in den Kopf.
Seinen Plan, sich nach der Tötung seiner Frau umzubringen, führte der Mann nicht aus. Die alarmierte Polizei konnte ihn von seinem Vorhaben abbringen und festnehmen.
16 Tage zuvor war der Beschuldigte durch einen Entscheid des Bezirksgerichts Frauenfeld aufgefordert worden, das Einfamilienhaus zu räumen. Am Tag der Tat drohte aufgrund der finanziellen Notlage die Zwangsausweisung aus der Liegenschaft.
Seine Frau habe das Haus und ihren Garten geliebt. «Mich hat die Situation zerrissen», so der Mann. Er habe es nicht fertiggebracht, ihr zu sagen, dass sie dies aufgeben müsse. Mehrfach weinte der Mann bei der Befragung. Er hoffe, dass man nachvollziehen könne, was er getan habe. Es tue ihn leid.
Seinen Plan, sich nach der Tötung seiner Frau ebenfalls umzubringen, scheiterte. In einer E-Mail an seinen Bruder schilderte er an jenem Morgen seine aussichtslose Situation. Dieser alarmierte schliesslich die Polizei, die den Mann nach einer langen Intervention von seinem Suizid-Vorhaben abbringen und festnehmen konnte.
Die Frau habe sterben müssen, weil es ihr Mann nicht ertragen konnte, ihr den finanziellen Ruin zu erklären, sagte die Staatsanwältin.
Der Mann habe sogar die Post seiner Frau auf ein von ihm bedientes Postfach umgeleitet, um ihr die desolate finanzielle Situation zu verheimlichen, sagte die Staatsanwältin weiter. Mit niemandem habe er darüber gesprochen, von niemandem Hilfe angefordert. Er habe seiner Frau das Leben genommen, obwohl sie ihm nichts angetan habe.
Das Vorgehen des Mannes sei nicht etwa eine Hinrichtung gewesen, sondern «die humanste Art unter diesen Umständen», erklärte der Anwalt des Mannes. Er plädierte auf Totschlag anstelle von vorsätzlicher Tötung. Die Haftstrafe sei bei drei Jahren anzusetzen.
Sein Mandant habe sich in einem seelischen Ausnahmezustand befunden, unter psychischem Druck gestanden. «Er war nur noch beschränkt in der Lage, sein Verhalten zu kontrollieren.» Gleichzeitig sei die Frau sterbenskrank gewesen, was eine Obduktion bestätigt habe. (nib/sda)