klar13°
DE | FR
Wir verwenden Cookies und Analysetools, um die Nutzerfreundlichkeit der Internetseite zu verbessern und passende Werbung von watson und unseren Werbepartnern anzuzeigen. Weitere Infos findest Du in unserer Datenschutzerklärung.
Schweiz
TV

Freude am Gewehr

So viele Probleme! Mona Petri als Mutter, Joel Basman als Sohn in «Ziellos». 
So viele Probleme! Mona Petri als Mutter, Joel Basman als Sohn in «Ziellos». Bild: SRF/Salvatore Vinci
Joel Basman im Schweizer TV-Film «Ziellos»

Freude am Gewehr

05.04.2014, 16:5606.04.2014, 16:33
Simone Meier
Folge mir
Mehr «Schweiz»

Genau zehn Jahre ist es jetzt her, seit Joel Basman den Zizou Imboden spielte, damals in «Lüthi & Blanc». Als er ein verstockter, aber hochbegabter 14-jähriger Nachwuchs-Tschütteler mit einem gewalttätigen Vater und einer äusserst unglücklichen Mutter war. So hat ihn die ganze Schweiz kennen gelernt, und es war unübersehbar: Achtung, hier kommt ein Talent. Der Kreis 4 in Zürich, der kannte den Joel da schon lange, einen nicht sehr grossen, ziemlich zarten Knaben, Sohn der Modeschöpfer Menachem und Veronika Basman aus der Anwandstrasse.

Im Gegensatz zum Problembuben Zizou hatte Joel Basman eine gute Kindheit und eine kreative dazu, seit sechs Jahren schneidert er selber Kleider, Anfang März präsentierte er seine neue Kollektion, und er scheint sie ganz auf seine eigenen Bedürfnisse abgestimmt zu haben: schöne Anzüge für den internationalen Schauspiel-Dandy auf den roten Teppichen dieser Welt; legere aber stilvolle Strassenbekleidung zwischen Business und Freizeit in der Gesellschaft von Superstars; und mehrere Kapuzenjacken, wie er sie in so vielen seiner Rollen trägt. Zum Beispiel in «Ziellos».

Da ist er wieder: Der Joel-Prototyp. Zizou für immer. Er heisst jetzt Pascal Saner, ist im Film erst 19 Jahre alt, ein guter Tschütteler und Gamer, die Lehre hat er abgebrochen. Seine Mutter (Mona Petri) gleicht einer jener Frauen aus alten Eminem-Videos, einer jener strähnigen, alkoholsüchtigen Trailerparkblondinen. Und dann wird er in die RS eingezogen, er lernt die Freude am Gehorsam und am Gewehr und ist für eine kurze Zeit in seinem Leben glücklich und ein bisschen auch der Held. Logisch, dass daraus nichts Gutes werden kann, so wie leider auch aus dem ganzen neuen SRF-Fernsehfilm «Ziellos» (Regie: Nick Hilber) nichts richtig Gutes wird. Weil die Geschichte eine Spur zu unsauber erzählt ist und die Dialoge zu lieblos geschrieben sind.

Der Mann fürs Feine und fürs Radikale

Trotzdem: Besser als 90 Prozent aller «Tatort»-Folgen ist «Ziellos» immer noch, und das liegt ganz an Joel Basman und Mona Petri. Sie hat man noch nie so natürlich gesehen, so ohne jeden vornehmen Schutz ohne jene aristokratische Distanz, den sich die Enkelin der grossen Anne-Marie Blanc sonst gerne überzieht. Das ist hervorragend.

Und Joel Basman war in seinen zehn Jahren Leinwand- und Fernsehpräsenz sowieso noch nie schlecht, das muss hier mit grossem Respekt festgehalten werden. Er ist gewissermassen ein Schweizer Banksafe prall gefüllt mit Zerbrechlichkeit und Düsternis und er besitzt die Gabe, dies ganz fein dosiert nach aussen zu tragen, so lange, bis die Feinheit in eine radikale Emotion umschlägt. In Trauer, Wut, Gewalt. Das Feine, das hat in «Ziellos» in den Szenen Platz, in denen er allein oder für sein Mädchen Tiere und Blumen aus Holz schnitzt, das Radikale findet sich im Militär und im  – etwas zu unwillkürlich herbeigeschriebenen, aber immerhin spektakulären – Finale.

In dieser Rekrutenschule erinnert gar nichts an «Achtung, fertig, Charlie!».
In dieser Rekrutenschule erinnert gar nichts an «Achtung, fertig, Charlie!».Bild: SRF/Salvatore Vinci

Joel Basmans Können wurde in den letzten Jahren mit so vielen Spielmöglichkeiten belohnt, wie sie für einen Schweizer selten sind. Schon dreimal hatte er grosse Rollen im deutschen «Tatort» (einmal spielte gar der doppelte Oscar-Preisträger Christoph Waltz seinen Vater), mehrfach war er der spätpubertäre, internetsüchtige Problemfall in Filmen von ARD und ZDF und 2013 spielte er im umstrittenen ZDF-Mehrteiler «Unsere Mütter, unsere Väter» einen blutjungen Nazi. 

An den diesjährigen Solothurner Filmtagen war er gleich dreimal zu sehen, als Terrorist («Dawn»), als gelähmter Gauner («vielen dank für nichts») und als dünner Sohn eines depressiven Bauern («Skinny Boy»). Zu seinen älteren Auftritten gehören Paraderollen wie der schwimmsüchtige Autist in «Jimmy», der kleine Kiffer in «Cannabis», der Bub, der eine Beziehung mit einem Huhn hat in «Luftbusiness» oder der Geissenpeter auf Absinth im «Sennentuntschi». 

Zizou für immer

Sein bisher grösster Arbeitgeber heisst George Clooney. Der stellte Joel Basman nämlich für seine «Monuments Men» ein, als blutjunger Nazi-Soldat, der mit Bill Murray eine epische Zigarette raucht. Er hat also seine filmische Übung im Soldatsein. Sein grosses Vorbild ist übrigens Robert de Niro. Das ist wahrscheinlich noch ein rechter Weg für den bescheidenen Schneider und Schauspieler aus dem Kreis 4. Aber er muss ihn auch gar nicht gehen. Zizou für immer ist mehr als gut genug. Für George Clooney hat's jedenfalls gereicht.

«Ziellos» am TV
Sonntag, 6. April, um 20.05 Uhr, SRF1.
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet um die Zahlung abzuschliessen)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Themen

Das könnte dich auch noch interessieren:

0 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
«Inakzeptabel und rücksichtslos»: SRK-Präsidentin Schmid-Federer packt nach Rücktritt aus
Unter ihr wurde der Direktor Markus Mader abgesetzt, jetzt geht sie selbst: Barbara Schmid-Federer tritt per sofort als Präsidentin des Schweizerischen Roten Kreuzes SRK zurück: «Aus gesundheitlichen Gründen und im Sinne der Institution.» Im Interview spart die 57-Jährige aber nicht mit Kritik an der Gegenseite.

Im Dezember beschloss der Rotkreuzrat, also der «Verwaltungsrat» des Roten Kreuzes, unter Ihrer Leitung mit 6 zu 4 Stimmen, sich von Direktor Markus Mader zu trennen. Sie gerieten in einen medialen Sturm der Entrüstung, befeuert von aktiven und früheren Rotkreuz-Grössen. Hat Sie diese Heftigkeit überrascht?
Barbara Schmid-Federer: Es hat mich vor allem enttäuscht. Der Rotkreuzrat hat einen seit Jahren im Raum stehenden und breit abgestützten Personalentscheid im Sinne der Organisation getroffen und damit seine Verantwortung wahrgenommen. Meinungsdifferenzen sind dabei völlig normal, sollten aber nicht öffentlichkeitswirksam und zum Schaden des SRK ausgetragen werden. Die destruktive Energie, die dabei freigesetzt wurde, ist inakzeptabel und rücksichtslos. Fast wöchentlich fanden interne Dokumente den Weg in die Medien, und es wurde unaufhörlich versucht, den Anschein einer Institution in der Krise zu erwecken.

Zur Story