Blut spritzt aus dem Mund eines gestrandeten Pottwals, als zwei Männer in Forschungsanzügen den Zahn des Tiers entfernen. Um herauszufinden, woher der Wal kommt, müsse man analysieren, was das Tier zuletzt gegessen habe, heisst es.
Dieses Schauspiel ereignet sich am Montagmorgen an der Promenade beim Zürcher Utoquai.
Am Boden liegt ein etwa 16 Meter langer gestrandeter «Pottwal». Es riecht nach verwestem Fisch. Das Publikum ist Augenzeuge von wissenschaftlichen Interventionen: Gewebeentnahme, forensische Zahnmedizin, Autopsie.
Auf dem See rudern weitere Wissenschaftler, sie befürchten, dass sich ein weiterer Wal im Gewässer aufhält. Denn: Ein Wal kommt selten alleine.
Passanten fotografieren die Investigation, wollen wissen, was passiert ist. «Das Wahrscheinlichste ist, dass der Wal von der Nordsee über den Rhein, die Aare und die Limmat in den Zürichsee gekommen ist», erzählt ein Mann im Schutzanzug.
Einige sind verblüfft.
«Wow, der kommt tatsächlich von der Nordsee». «Der ist bestimmt wegen der grossen Wassermengen hierhergekommen», vermutet eine Passantin.
Gut möglich, dass es sich dabei um instruierte Darstellerinnen und Darsteller handelte.
Denn: Der Wal ist in Wahrheit nur eine Attrappe.
Das belgische Künstlerkollektiv Captain Boomer hat in Zusammenarbeit mit der Schweizer Meeresschutz-Organisation KYMA sea conversation & research und dem Zürcher Theater Spektakel den Pottwal am Zürichsee stranden lassen.
Captain Boomer hat schon öfters mit gestrandeten Walen für Fragezeichen gesorgt, an der Seine in Paris, auf der Autobahn in Bremen. In Nacht- und Nebelaktionen installieren sie die Kunstinstallationen aus Kunststoff und versuchen, die Menschenmassen mit kreativen Geschichten zu täuschen.
Doch hinter der Aktion steckt mehr als nur Spass. Gemeinsam will man auf die Gefahren aufmerksam machen, denen Wale ausgesetzt sind. Denn es kommt nicht selten vor, dass die Tiere durch Verschmutzung, Kollisionen mit Frachtschiffen oder mangelnde Nahrungsquellen an Meeresküsten stranden.
Die Schweizer Meeresschutz-Organisation KYMA sieht auch die Schweiz in der Verantwortung. «Aus unserer Sicht zeigt die Installation vor allem symbolisch auf, dass die Schweiz ihren Beitrag zum Schutz der Meere leisten muss – denn unser Abwasser, unser Mikroplastik, unsere Chemikalien gelangen trotz Filteranlagen teilweise ins Meer und wir importieren und konsumieren Meerestiere», sagt Dr. Silvia Frey von KYMA sea conservation & research.
Ausserdem ist die Schweiz Sitz der weltweit grössten Containerreederei, welche ihre Güter mit Frachtschiffen über die Weltmeere transportiert. «Das alles schädigt die Meereswelt massiv. Tragödien würden so nicht immer genau dort ausgelöst, wo sie sich schliesslich ereignen», so Frey.
Die Inszenierung bleibt bis Mittwoch-Abend am Zürcher-Seeufer – samt den «wissenschaftlichen Untersuchern» von Captain Boomer, die so tun, als wäre der Wal echt.
Ja. Völlig plausibel. Zweifellos. Was denn sonst?
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