Schweiz
Umwelt

Pottwal beim Utoquai Zürich gestrandet: Das steckt dahinter

Video: watson/nico bernasconi

Der Pottwal, der Verwesungsgeruch und die «wissenschaftliche» Untersuchung

19.08.2024, 13:1819.08.2024, 15:00

Blut spritzt aus dem Mund eines gestrandeten Pottwals, als zwei Männer in Forschungsanzügen den Zahn des Tiers entfernen. Um herauszufinden, woher der Wal kommt, müsse man analysieren, was das Tier zuletzt gegessen habe, heisst es.

Bühne frei für ein grosses Schauspiel bei der Promenade beim Zürcher Utoquai.
Bühne frei für ein grosses Schauspiel bei der Promenade beim Zürcher Utoquai.bild: watson

Dieses Schauspiel ereignet sich am Montagmorgen an der Promenade beim Zürcher Utoquai.

Am Boden liegt ein etwa 16 Meter langer gestrandeter «Pottwal». Es riecht nach verwestem Fisch. Das Publikum ist Augenzeuge von wissenschaftlichen Interventionen: Gewebeentnahme, forensische Zahnmedizin, Autopsie.

Die Untersuchung wird genaustens dokumentiert.
Die Untersuchung wird genaustens dokumentiert.bild: watson

Auf dem See rudern weitere Wissenschaftler, sie befürchten, dass sich ein weiterer Wal im Gewässer aufhält. Denn: Ein Wal kommt selten alleine.

Menschen mit Schutzanzügen auf der Suche nach einem zweiten Wal.
Menschen mit Schutzanzügen auf der Suche nach einem zweiten Wal.bild: watson

Passanten fotografieren die Investigation, wollen wissen, was passiert ist. «Das Wahrscheinlichste ist, dass der Wal von der Nordsee über den Rhein, die Aare und die Limmat in den Zürichsee gekommen ist», erzählt ein Mann im Schutzanzug.

Einige sind verblüfft.

«Wow, der kommt tatsächlich von der Nordsee». «Der ist bestimmt wegen der grossen Wassermengen hierhergekommen», vermutet eine Passantin.

Gut möglich, dass es sich dabei um instruierte Darstellerinnen und Darsteller handelte.

Denn: Der Wal ist in Wahrheit nur eine Attrappe.

Ein Modell eines Pottwals am Zuercher Utoquai, am Montag, 19. August 2024 in Zuerich. Seit Montagmorgen liegt am Utoquai in der Stadt Zuerich ein rund 15 Meter langer Pottwal. Er ist Teil einer dreita ...
Zugegeben: Auf den ersten Blick sieht das Wal-Kadaver täuschend echt aus.Bild: keystone

Das belgische Künstlerkollektiv Captain Boomer hat in Zusammenarbeit mit der Schweizer Meeresschutz-Organisation KYMA sea conversation & research und dem Zürcher Theater Spektakel den Pottwal am Zürichsee stranden lassen.

Captain Boomer hat schon öfters mit gestrandeten Walen für Fragezeichen gesorgt, an der Seine in Paris, auf der Autobahn in Bremen. In Nacht- und Nebelaktionen installieren sie die Kunstinstallationen aus Kunststoff und versuchen, die Menschenmassen mit kreativen Geschichten zu täuschen.

Ein Mann Misst die Zaehne eines Modells eines Pottwals am Zuercher Utoquai, am Montag, 19. August 2024 in Zuerich. Seit Montagmorgen liegt am Utoquai in der Stadt Zuerich ein rund 15 Meter langer Pott ...
Ein Mann analysiert die Zähne des Pottwals.Bild: keystone

Doch hinter der Aktion steckt mehr als nur Spass. Gemeinsam will man auf die Gefahren aufmerksam machen, denen Wale ausgesetzt sind. Denn es kommt nicht selten vor, dass die Tiere durch Verschmutzung, Kollisionen mit Frachtschiffen oder mangelnde Nahrungsquellen an Meeresküsten stranden.

Aktion zur Schärfung des Umweltbewusstseins

Die Schweizer Meeresschutz-Organisation KYMA sieht auch die Schweiz in der Verantwortung. «Aus unserer Sicht zeigt die Installation vor allem symbolisch auf, dass die Schweiz ihren Beitrag zum Schutz der Meere leisten muss – denn unser Abwasser, unser Mikroplastik, unsere Chemikalien gelangen trotz Filteranlagen teilweise ins Meer und wir importieren und konsumieren Meerestiere», sagt Dr. Silvia Frey von KYMA sea conservation & research.

Ausserdem ist die Schweiz Sitz der weltweit grössten Containerreederei, welche ihre Güter mit Frachtschiffen über die Weltmeere transportiert. «Das alles schädigt die Meereswelt massiv. Tragödien würden so nicht immer genau dort ausgelöst, wo sie sich schliesslich ereignen», so Frey.

Die Inszenierung bleibt bis Mittwoch-Abend am Zürcher-Seeufer – samt den «wissenschaftlichen Untersuchern» von Captain Boomer, die so tun, als wäre der Wal echt.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Pottwal in Zürich gestrandet
1 / 11
Pottwal in Zürich gestrandet
Am Utoquai am Zürcher Seeufer liegt seit Montagmorgen, dem 19. August, ein Pottwal.
quelle: watson
Auf Facebook teilenAuf X teilenWhatsapp sharer
51 Grindwale an Strand in Westaustralien verendet – sonderbare Formierung gibt Rätsel auf
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
70 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
HeavyFuel
19.08.2024 11:38registriert April 2019
«Das Wahrscheinlichste ist, dass der Wal von der Nordsee über den Rhein, die Aare und die Limmat in den Zürichsee gekommen ist»

Ja. Völlig plausibel. Zweifellos. Was denn sonst?
😂😂😂😂😂
926
Melden
Zum Kommentar
avatar
Shinobi
19.08.2024 12:11registriert November 2016
haha. so geil. also meine Unterstützung haben sie schon mal alleine für den hart durchgezogenen trockenen Humor. ausserdem ist das eine echt wirkungsvolle Protestaktion, mit Stil und ohne jemanden zu behindern. Respekt.
9921
Melden
Zum Kommentar
avatar
bitzliz'alt
19.08.2024 11:29registriert Dezember 2020
...immer noch besser als Pistenkleben/Strassenkleben... (und ich stelle mir grad den Wal in einer Rheinschleuse vor....)
7122
Melden
Zum Kommentar
70
    Aprilscherz an der Schmerzgrenze – Schweizer Botschafter auf WC-Kontrolle
    Der Schweizer Botschafter im Kongo Chasper Sarott hat sich einen 1.-April-Scherz erlaubt, den man auch falsch verstehen kann. Die Reaktionen auf Twitter gehen dementsprechend in beide Richtungen.

    Mit Zug fährt der weisse Geländewagen mit dem Schweizer Fähnli vor. Auftritt Chasper Sarott, Schweizer Botschafter in der Demokratischen Republik Kongo. Nach einigem Händeschütteln macht er sich an die Arbeit. Sein Programm heute: Prüfen, ob das in der Schweiz «während dreier Wochen» ausgebildete Reinigungspersonal auf der Höhe seiner Aufgabe ist und die Botschaftertoilette ordentlich in Schuss hält. So erzählt es ein Sprecher auf Französisch in dem knapp einminütigen Videoclip, den der Botschafter auf seinem offiziellen Konto auf dem Kurznachrichtendienst X (ehemals Twitter) am Dienstag veröffentlicht hat.

    Zur Story