Nachdem am Dienstag 14 Wale auf der australischen Insel Tasmanien verendeten, kam es am Mittwoch an der Küste zu einer weiteren Massenstrandung – aber eine von noch viel grösserem Ausmass. 230 Grindwale (auch Pilotwale genannt) waren am Mittwoch in der abgelegenen Macquarie-Bucht im Westen der Insel gestrandet. Zunächst soll Augenzeugen zufolge noch die Hälfte von ihnen am Leben gewesen sein.
Einen Tag später sind Berichten zufolge nur noch 35 Tiere am Leben. Helfer waren am Donnerstag im Einsatz, um die Körper der Meeressäuger mit Wassereimern und nassen Tüchern zu befeuchten. Der Sender «ABC» sprach von einem «Rennen gegen die Zeit». Allein in der Nacht seien fünf weitere Tiere verendet, sagte Brendon Clark vom «Tasmania Parks and Wildlife Service».
Ohne fremde Hilfe haben die Wale keine Chance, den Weg zurück ins Wasser zu finden – die überlebenden Tiere können nur mit den Flossen zucken und leicht hin und her schaukeln.
Das tasmanische Marine Conservation Program versuchte am Mittwoch deshalb, so schnell wie möglich ein Rettungsprogramm auf die Beine zu stellen. «Die Strandungsreaktion in diesem Bereich ist komplex», so die Behörde. Man werde sich bei Bedarf auch bei der Bevölkerung melden.
Die ersten Schritte wurden schnell eingeleitet. Helferinnen und Helfer bedeckten die gestrandeten Tiere, die noch lebten, mit speziellen Decken und leerten Wasser auf sie, um sie so lange wie möglich am Leben zu halten und dann zurück ins Wasser zu befördern. Man konzentriere sich auf die Kleineren, so ein Helfer gegenüber dem «Guardian». Grindwale können bis zu drei Tonnen schwer sein – je leichter ein Tier ist, desto einfacher die Rettung.
«Leider ist die Überlebenswahrscheinlichkeit der Pilotwale gering», sagte der Walforscher Olaf Meynecke von der Griffith University in Queensland der Deutschen Presse-Agentur. Selbst wenn die überlebenden Wale ins offene Meer transportiert würden, könnten viele versuchen, zu ihren gestrandeten Freunden und Familienmitgliedern zurückzukehren, erklärte der Deutsche.
Der emotionale Stress der Tiere, die extrem enge Bindungen untereinander aufbauten, sei sehr gross. «Einige Tiere werden es jedoch schaffen, aber die Mehrzahl von ihnen wird verenden», erklärte er und fügte hinzu: «Für einen Walforscher wie mich, ist dies einer der schlimmsten Momente meiner Arbeit.»
Das ist derzeit unklar. Auch die Wissenschaft hat keine eindeutige Antwort auf diese Frage. Ein möglicher Grund sei die wechselhafte Wassertemperatur, die dafür sorgen könnte, dass die Tiere näher an die Küste schwimmen, so Professorin und Wal-Expertin Karen Stockin gegenüber dem «Guardian». Expertin Vanessa Pirotta sagt gegenüber der «New York Times», es könne auch sein, dass etwas im Wasser die Gruppe aufgeschreckt habe.
Was aber klar ist: Kommt ein Wal vom sicheren Kurs ab, wird es gleich für viele Tiere gefährlich. Grindwale gelten als besonders soziale Tiere, die stets der Gruppe folgen. Strandet ein Tier, folgen oft viele weitere. Dies bestätigen auch die Rettungskräfte vor Ort: Die Tiere im Wasser würden von den Geräuschen der lebenden Wale am Strand angezogen, wird berichtet.
Ja – und zwar ebenfalls in Tasmanien. Im Jahr 2020 strandeten sogar 470 Tiere auf der Insel, dies gilt bis heute als schlimmste Walstrandung Australiens seit Beginn der Aufzeichnungen. Die Rettungsarbeiten dauerten damals eine Woche, am Ende konnten rund 110 Tiere gerettet werden.
Die über 350 Kadaver wurden ebenfalls zurück ins Meer gebracht. Denn diese stellen an Land eine zusätzliche Gefahr dar: Tote Wale platzen nach einer gewissen Zeit und geben so ein Öl ab, das einerseits für andere Tiere schädlich sein kann und andererseits Haie an die Küste lockt.
(dab)