Die Schweiz könnte mehr tun, um Gewalt gegenüber Kindern zu verhindern und Kinder in der Gesellschaft mitbestimmen zu lassen. Dies musste die Schweiz am Montag vor dem Uno-Ausschuss für die Rechte des Kindes einräumen.
Die Schweiz hat die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen 1997 unterzeichnet. In der schweizerischen Gesetzgebung fehlt allerdings bis heute ein formelles Verbot der körperlichen Gewalt gegenüber Kindern in der Familie. Die Schweiz wurde schon mehrfach von internationaler Seite ermahnt, diese Situation zu ändern.
«Wir könnten mehr tun, um Gewalt gegenüber Kindern zu verhindern», sagte der Schweizer Botschafter Stefan Cueni am Montag in Genf bei der ersten Anhörung der Schweiz seit sechs Jahren vor dem 18-köpfigen Uno-Ausschuss für Kinderrechte. Cueni ist der Verantwortliche für die Anwendung Internationaler Abkommen im Bundesamt für Sozialversicherungen.
Cueni erinnerte aber daran, dass die Anwendung der Kinderrechtskonvention in die Verantwortung der Kantone und Gemeinden fällt. Seiner Einschätzung nach kann die Situation der Kinder in der Schweiz als «ziemlich gut» bezeichnet werden. Eine der Expertinnen stellte demgegenüber fest, dass in der Schweiz eines von fünf Kindern mit schwerer körperlicher oder psychischer Gewalt konfrontiert sei.
Auch während der Corona-Pandemie hätten die Kantone gezeigt, dass sie in der Lage gewesen seien, wirkungsvoll und abgestimmt in Sachen Rechte der Kinder zu reagieren, sagte die jurassische Regierungsrätin Nathalie Barthoulot (SP), Präsidentin der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren.
Barthoulot räumte indessen ein, dass grössere Anstrengungen unternommen werden müssten, um das Recht der Kinder auf Mitbestimmung und Beteiligung an der Gesellschaft zu achten. Zu lange habe man sich auf das reine Recht auf Anhörung beschränkt.
Ein Uno-Experte zeigte sich weiter beunruhigt, was die Auswirkungen des im vergangenen Juni vom Schweizer Stimmvolk angenommenen Anti-Terrorismus-Gesetzes auf die Kinder betrifft. Er legte den Finger insbesondere auf die elektronische Überwachung der Kinder und verlangte noch vor Inkrafttreten des Gesetzes Garantien, dass dies nicht geschehe.
Ganz allgemein bedauerten die Uno-Experten unterschiedliche Standards in den Kantonen. Auch wenn diese zuständig seien, müsste auf nationaler Ebene mehr für Einheitlichkeit getan werden. (yam/sda)