Die Studentenvereinigung Zofingia ist älter als die Schweiz. Der 1819 in Zofingen gegründete Verein prägte die Gründung des Bundesstaats 1848. Damals war jeder vierte Bundesparlamentarier Mitglied in dieser Kaderschmiede. Auch zwei von sieben Bundesräten waren dabei, einer davon war der erste Bundespräsident der Schweiz. Und der erste ETH-Präsident Alfred Escher war ebenfalls Zofinger.
Heute erscheint die Studentenverbindung als Relikt aus alten Zeiten. In den Statuten steht bis heute, dass nur Männer Mitglied werden können. Doch an den Schweizer Universitäten kann sie sich halten – mit über 2000 Mitgliedern.
Die Führung der ETH Lausanne sieht darin ein Reputationsrisiko. Sie will den Männerclub aus ihrem Campus verbannen. Konkret: Sie will ihr die Anerkennung als universitäre Studentenverbindung entziehen. Damit dürften die Männer mit den weissen Tellermützen nicht mehr das Logo, die Räume und die Kommunikationskanäle der ETH nutzen.
Dagegen hat sich die Waadtländer Sektion vor der Beschwerdestelle der ETH gewehrt und Recht erhalten. Diesen Entscheid hat die ETH Lausanne wiederum vor das Bundesverwaltungsgericht gezogen – und nun verloren. Das Gericht hat Grundrechte gegeneinander abgewogen: Gleichstellung gegen Versammlungsfreiheit.
Die Hochschule argumentiert so: «Um glaubwürdig zu sein, müssen wir auf Distanz zu einer Vereinigung gehen, die ihre Mitglieder auf ihr Geschlecht reduziert.» Dieser symbolische Aspekt sei wichtiger als das Interesse des Clubs.
Die Beschwerdestelle der ETH hingegen findet, die Schulleitung solle sich mit anderen Mitteln für Gleichstellung einsetzen, zum Beispiel indem sie junge Frauen fördere, Lohngleichheit herstelle oder Quoten vorgebe. Den Frauen sei nicht geholfen, wenn ein Männerverein, der in Lausanne nur noch 40 Mitglieder hat, die Anerkennung verliere. Zudem müsste die Direktion dann auch Frauenverbindungen beanstanden.
Das Bundesverwaltungsgericht macht es sich in seinem Entscheid einfach. Es stützt sich auf ein altes Bundesgerichtsurteil, das den fast identischen Sachverhalt vor fast zehn Jahren behandelt hat. Damals wollte die Universität von Lausanne die Zofingia verbannen – ebenfalls erfolglos.
Damals hielt das höchste Gericht fest, der Fall erscheine zu wenig wichtig, um die Versammlungsfreiheit einzuschränken. Die Frauen hätten keine allzu grossen Nachteile, wenn sie nicht von der Seilschaft dieses Clubs profitieren könnten.
Das Bundesverwaltungsgericht übernimmt nun diese Sicht. Denn die gesellschaftliche und politische Situation habe sich im vergangenen Jahrzehnt nicht bedeutend verändert. Dass dazwischen der Frauenstreik wiederauferstanden ist, erwähnt das Gericht nicht.
Ebenso wenig geht das Gericht darauf ein, dass das zitierte Bundesgerichtsurteil in der Lehre umstritten ist. Die Basler Rechtsprofessorin Denise Buser hat dieses in einem Aufsatz auseinandergenommen. Sie vergleicht die frauendiskriminierende Vereinigung mit einer Zunft, die Frauen ausschliesst. Solche Vereine seien zwar legal, doch wenn der Staat einen Umzug einer Zunft bewillige oder einen Serviceclub anerkenne, sei er an das Gleichstellungsprinzip gebunden.
Das Bundesverwaltungsgericht hat den Entscheid als Dreiergremium gefällt, das aus zwei Richtern der SVP und der Mitte sowie einer Richterin der FDP besteht.
Doch warum sind Frauen bei Zofingia eigentlich unerwünscht? Oft heisst es, Frauen könnten das Innenleben beeinträchtigen, weil die Männer dann nicht mehr die gleichen Gespräche führen könnten. Was damit gemeint sein könnte, illustrierte die Freiburger Sektion im Jahr 2012. Damals hängte sie auf dem Campus ein Werbeplakat mit Frauen in Reizwäsche auf und kündete damit ihre Versammlungen an: «Wir schätzen Frauen sehr … nur nicht donnerstags.»
Man muss die Verbindung nicht gut finden. Aber damit ist alles gesagt.