Bis Ende Jahr soll die Schweiz als erstes Land in Europa flächendeckend mit schnellem mobilem Internet versorgt sein. Die fünfte Generation drahtloser Kommunikationstechnologie soll rund hundertmal schnellere Datenübertragung ermöglichen als die derzeit üblichen 3G- und 4G-Netzwerke. Die Telecom-Gesellschaften Sunrise und Swisscom bauen emsig neue Antennen. Einige sind bereits im Betrieb.
Vielerorts wächst Widerstand, meist aus Angst vor Gesundheitsschäden wegen zusätzlicher Strahlenbelastung. Gleichzeitig ist ein anderer Aspekt kaum Thema, obwohl klimapolitisch äusserst relevant: Wie wird sich die allgegenwärtige Verfügbarkeit grosser Datenmengen auf den Stromverbrauch auswirken?
Bereits heute schluckt die gesamte IT-Branche rund 7 Prozent des weltweit produzierten Stroms. Während der Bedarf der Endgeräte durch die Miniaturisierung stetig zurückgeht, sind die immer grösseren Rechenzentren mit ihren Serverfarmen wahre Stromfresser. Ein Teil des Verbrauchs fällt auch in den Übertragungsnetzen an. Besonders ins Gewicht fallen Videos, weil sie sehr datenreich sind.
Wenn dereinst also immer mehr Menschen unterwegs hoch aufgelöste Filme schauen, wird der Stromverbrauch nicht nur in der Schweiz, sondern auch im Ausland ansteigen. Für eine Stunde Streaming seien derzeit etwa 300 Wattstunden Strom nötig, sagt Friedemann Mattern, Professor für Informatik an der ETH Zürich.
Damit könnte man 2 Kilometer mit einem Elektroauto fahren oder im Wasserkocher 3 Liter Wasser zum Kochen bringen. «Wir werden weniger fernsehen oder Internet über Festnetz nutzen, obwohl beides deutlich weniger Energie benötigt», ist Mattern überzeugt.
Gemäss Angaben der Swisscom ist 5G aber deutlich energieeffizienter als ältere Technologien. Das Übertragen eines Bits benötige sowohl beim Sender als auch beim Empfänger einen Bruchteil des Stroms, teilt Mediensprecherin Esther Hüsler mit. Zudem stelle die schnelle Datenübertragung die Basis für zahlreiche neue Anwendungen dar, die einerseits Vorteile für die Schweizer Wirtschaft bringen und anderseits auch energetisch relevant sind.
So zum Beispiel für Smart Grids: Die intelligenten Stromnetze können Angebot und Nachfrage besser aufeinander abstimmen. Sie werden vor allem im Zusammenhang mit dem Ausbau unregelmässig anfallender Strommengen wegen der erneuerbaren Energien grosse Bedeutung erlangen: Wenn in Norddeutschland gerade der Wind weht oder in Spanien die Sonne scheint, können mit dem Strom Autobatterien geladen oder Kühlhäuser betrieben werden.
Auch in Gebäuden könnten Heizung und Beleuchtung besser auf die aktuelle Belegung ausgerichtet werden. Doch die Swisscom-Verantwortlichen räumen ein, dass der starke Anstieg der übertragenen Daten die Stromersparnisse wieder zunichtemachen könnte.
Professor Mattern ist jedoch der Ansicht, für die energiesparenden Technologien brauche es 5G nicht unbedingt. «Die meisten dieser Anwendungen wären mit 4G oder WLAN genauso gut möglich.» Wegen der kürzeren Reaktionszeiten verspreche 5G hingegen neue Chancen bei der Steuerung von Maschinen, Robotern und Fahrzeugen aus der Ferne.
Zudem erlaube die Technologie, grosse Datenmengen zu übertragen – etwa hochauflösende Konstruktionspläne auf Baustellen oder im Bereich Augmented Reality.
Das 5G-Netz werde parallel zu den bestehenden erstellt, sagt der Fachmann. 2G und 3G würden wohl kontinuierlich reduziert und mit der Zeit abgeschaltet. Doch 4G befinde sich immer noch im Ausbau und werde wohl noch über Jahrzehnte weiterbetrieben, prognostiziert Friedemann Mattern. «5G kommt zusätzlich. Es wird nicht weniger Strom verbraucht.»
Ob das nun sinnvoll ist? Das darf jeder selbst entscheiden.
Fakt ist: Technologie wird nie entwickelt, um dann nicht genutzt zu werden. Der technische Vortschritt geht voran, da kann sich jeder gegenstemmen, der will, aber in ein paar Monaten/Jahren wird 5G Standard sein und die nächstschnellere Übertragungstechnologie wird in den Startlöchern stehen.