Der Gewerkschaftsbund schlägt Alarm: AHV-Beitragslücken werden immer häufiger. «Jeder fünfte in der Schweiz wohnhafte Neurentner hat Lücken in seiner Altersvorsorge», erklärt Gabriela Medici (39), Zentralsekretärin des SGB, gegenüber dem Blick.
Medici hat die AHV-Statistik der vergangenen Jahre ausgewertet: Der Anteil der Rentner und Rentnerinnen mit Beitragslücken ist innerhalb von 15 Jahren von etwa 11 auf fast 19 Prozent gestiegen.
Doch wie erreicht man überhaupt eine volle Altersrente? Spätestens ab dem Jahr nach seinem 20. Geburtstag muss man seine AHV-Abgaben bezahlen. Dies bis zum Renteneintritt mit 65. Für eine sogenannte Vollrente sind also 44 Beitragsjahre nötig.
Beitragslücken entstehen aus verschiedenen Gründen. So kann es passieren, dass man die Einzahlung während des Studiums oder bei einem längeren Auslandsaufenthalt vergisst. Ein weiteres Risiko besteht, wenn jemand aufgrund von Krankheit oder Unfall längere Zeit arbeitsunfähig ist. Häufige Arbeitgeberwechsel können dazu führen, dass die Übersicht über die Beiträge verloren geht und so Lücken entstehen. Schwarzarbeit führt ebenfalls zu Problemen.
Auch bei einer Einwanderung entstehen automatisch Lücken: Wer zum Beispiel erst mit 30 oder 40 Jahren einwandert, dem fehlen automatisch Beitragsjahre – weshalb auch hier von einer Beitragslücke gesprochen wird.
Die Rechnung sieht also folgendermassen aus: Für jedes verpasste Beitragsjahr wird die Rente um 2,3 Prozent gekürzt. Bei einer Altersrente von bis zu 2520 Franken monatlich macht das jeweils rund 60 Franken aus.
Die Gewerkschafterin kritisiert besonders die Kürzungen bei unverschuldeten Beitragslücken. «Das ist insbesondere bei Schwarzarbeit der Fall, wenn der Arbeitgeber seiner AHV-Pflicht nicht nachkommt und die Arbeitnehmenden nichts davon wissen», so Medici. «Für die Betroffenen ist das ein finanziell schmerzhafter Schock.»
Die Beitraglücken lassen sich aber schliessen: Sie können bis zu fünf Jahre, nachdem sie entstanden sind, nachbezahlt werden. «Aber nur, wenn sie rechtzeitig bemerkt werden», erklärt Medici. «Danach fehlen sie unwiderruflich.»
Viele AHV-Pflichtige seien sich der Problematik gar nicht bewusst, da sie ihren individuellen Kontoauszug über die geleisteten Beiträge selbst aktiv bei den Ausgleichskassen anfordern müssen. Medici hält dieses Verfahren für veraltet. «Angesichts der verschärften Problematik braucht es ein Umdenken. Die AHV muss so funktionieren, dass Beitragslücken möglichst vermieden werden.»
Der Gewerkschaftsbund hat drei zentrale Forderungen:
In Zukunft sollen die Versicherten automatisch einen jährlichen AHV-Ausweis erhalten, der ihre einbezahlten Beiträge, Beitragsjahre, Erziehungsgutschriften und weitere relevante Informationen auflistet und sie auf mögliche Beitragslücken hinweist.
Die AHV-Ausgleichskassen oder eine zentrale Bundesstelle sollen ein kostenloses Beratungsangebot für Arbeitnehmende aufbauen. Medici argumentiert: «Damit sollen sie die möglichen Konsequenzen auf ihre Rente frühzeitig erkennen können.»
Für die AHV sollen bessere Nachzahlungsmöglichkeiten geschaffen werden – zumindest für unverschuldete Beitragslücken. «Bei den Pensionskassen und in der dritten Säule wurden die Einkaufsmöglichkeiten deutlich ausgebaut», sagt Medici. «Ausgerechnet in der AHV als wichtigste Säule ist diese Möglichkeit eingeschränkt.»
Die Gewerkschaftsforderungen dürften bei künftigen Projekten ins Spiel gebracht werden. So arbeitet der Bund laut dem «Blick» derzeit an einer Internetplattform, welche den Informationszugang zum individuellen AHV-Konto vereinfachen soll. Und noch dieses Jahr will Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider die Eckwerte für die nächste grosse AHV-Reform vorlegen. (les)
Aus meiner Sicht eigentlich in Ordnung, man kann nicht erwarten, in ein Land zu kommen und dann den vollen Beitrag zu erhalten, ohne da zugearbeitet zu haben. Aus meiner Sicht sollte es aber möglich sein, das mit entsprechenden Nachzahlungen zumindest zu beheben. Die 5 Jahre Nachholfrist finde ich gar kurz und absolut nicht förderlich für eine daraus resultierende Leistung, die Jahrzehnte in der Zukunft liegt.
Mit einem jährlichen AHV Ausweis wäre das aufgefallen. Und die Frist von 5 Jahren zur Nachzahlung sollte aufgehoben werden. Unverständlich, wozu die überhaupt da ist.