Der Nationalrat empfiehlt ein Nein zur Renteninitiative der Jungfreisinnigen, und er will nun auch keinen Gegenvorschlag mehr dazu. Auf Antrag der zuständigen Kommission kam die grosse Kammer am Dienstag auf ihren Entscheid der vergangenen Woche zurück.
Der Nationalrat beschloss die Nein-Empfehlung zur Initiative mit 133 zu 40 Stimmen bei 16 Enthaltungen. Für ein Ja stimmten die FDP sowie einige Mitglieder der SVP. Auch die Enthaltungen kamen aus den Reihen der SVP.
Einen neuen Rückweisungsantrag mit dem Auftrag, eine Kommissionsinitiative mit dem Lebensarbeitszeitmodell vorzulegen, wies der Rat mit klarem Mehr ab. Ebenso verfuhr er mit dem Antrag für einen direkten Gegenvorschlag. Eine Minderheit hätte auf diesem Weg eine AHV-Schuldenbremse in der Verfassung verankern wollen.
Es läuft also auf eine grosse Abstimmung im Jahr 2024 hinaus, in der das Schweizer Stimmvolk über ein höheres Rentenalter entscheiden wird.
Nur noch die FDP und einige Mitglieder der SVP-Fraktion waren dafür, der Renteninitiative im Sinn eines indirekten Gegenvorschlages ein Lebensarbeitszeit-Modell für das Rentenalter entgegenzustellen. Den Verfassungsartikel mit einer AHV-Schuldenbremse wünschten sich FDP, GLP und ebenfalls einige Mitglieder der SVP.
Noch vergangene Woche hatte der Nationalrat mit knappem Mehr - damals mit der Zustimmung der SVP - eine Schuldenbremse für die AHV gewollt und sie als indirekten Gegenvorschlag der Initiative «Für eine sichere und nachhaltige Altersvorsorge (Renteninitiative)» entgegenstellen wollen. Er hatte das Geschäft deshalb der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK-N) zurückgewiesen.
Die SGK-N diskutierte daraufhin drei Vorschläge für einen indirekten Gegenvorschlag, darunter ein Modell mit Lebensarbeitszeit und höhere Bundesbeiträge an die AHV, Sie kam aber mit 14 zu 11 Stimmen zum Schluss, keinen Gesetzesentwurf ausarbeiten zu wollen. Sie begründete das mit dem engen Fahrplan.
Das in der Kommission diskutierte Lebensarbeitszeit-Modell sei nicht einfach umzusetzen, sagte Sprecherin Barbara Gysi (SP/SG) dazu. Offenbar foutiere sich die Mehrheit um den Auftrag des Rates von vergangener Woche, konstatierte Minderheitssprecherin Regine Sauter (FDP/ZH) dagegen und sprach von «Arbeitsverweigerung».
Die AHV sei zu wichtig für Wahlkampf-Spielchen, so Sauter. «Die Probleme verschwinden nicht von selbst.» Die Renten der Babyboomer müssten sicher finanziert sein, sagte Andri Silberschmidt (FDP/ZH). «Wir können uns politisch finden. Nichts tun ist keine Lösung», forderte er eine Debatte.
Den Befürwortern und Befürworterinnen des Gegenvorschlags hielt wiederum Katharina Prelicz-Huber (Grüne/ZH) vor, für das «Fairness-Paket AHV» nicht mehr bezahlen zu wollen. Die AHV sei die Volksversicherung schlechthin.
Mattea Meyer (SP/ZH) diagnostizierte bei einigen Ratsmitgliedern «kalte Füsse vor den Wahlen». Für vorzeitiges Handeln gebe es keinen Grund, erinnerte sie an den Auftrag der Räte an den Bundesrat, bis 2026 eine nächste AHV-Revision vorzubereiten. Auch zum Thema Lebensarbeitszeit habe das Parlament einen Bericht angefordert.
Melanie Mettler (GLP/BE) hätte sich einen Handlungsimpuls gewünscht. Allerdings fehlten für das Modell Lebensarbeitszeit noch die Entscheidungsgrundlagen, stellte sie fest. Auch Christian Lohr (Mitte/TG) warnte vor einem Schnellschuss. Der indirekte Gegenvorschlag schaffe nicht Klarheit, sondern wecke neue Ängste.
Die Jungfreisinnigen wollen mit ihrem Volksbegehren das Rentenalter an die durchschnittliche Lebenserwartung koppeln. In einem ersten Schritt würde es für Männer und Frauen auf 66 Jahre erhöht. Danach soll das Rentenalter pro Monat zusätzlicher Lebenserwartung um 0,8 Monate steigen.
Der Bundesrat ist gegen einen solchen Automatismus. Damit hätte die Politik keinen Spielraum mehr, um andere Kriterien wie etwa die Lage auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen, wandte er ein. Weitere Reformen der AHV seien zudem bereits in Arbeit.
Der Ständerat hatte im März ein Nein zur Initiative beschlossen, ohne Gegenvorschlag. Nach den Entscheiden des Nationalrates ist die Vorlage bereit für die Schlussabstimmungen.
(aeg/sda)
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Aber einseitig das Rentenalter zu erhöhen kostet zu viel Lebensqualität. Es wird eine ausgeglichene Lösung von höheren Abgaben, höherem Rentenalter und Abfangmechanismen für Berufe mit stärkerer körperlicher Abnützung brauchen. Und am besten Wahlmöglichkeiten für die Versicherten. Denn es gibt auch Leute, die sich z.B. mit 60 gerne zu beispielsweise 50% pensionieren lassen würden, dann aber bis 70 Teilzeit weiter arbeiten.