Walter Wobmann ist ein Phänomen. Mit dem Verhüllungsverbot holte er seinen dritten nationaler Abstimmungssieg. Dabei erzielte der SVP-Nationalrat und Kopf des Egerkinger Komitees seine Erfolge quasi im Alleingang.
Den ersten Durchbruch gelang ihm 2009 bei der Volksabstimmung über das Minarettverbot. Vier Jahre später verhinderte er, dass die Autobahnvignette verteuert wurde, ebenfalls per Volksentscheid. Und nun, am Sonntag, der dritte Streich: Mit 51,2 Prozent nahmen die Stimmberechtigten das Verhüllungsverbot an.
Drei Siege an der Urne und das quasi im Alleingang: Das kann in Bundesbern kaum jemand vorweisen. Warum gelingt das genau Walter Wobmann? Hier kommen fünf Gründe für seinen Erfolg.
Die Politikwissenschaftlerin Isabelle Stadelmann bringt es auf den Punkt: «Die Vorlagen von Walter Wobmann behandeln keine komplexen Themen. Sie scheinen einfach, verständlich und unkompliziert.»
Das habe seinen Vorteil. Es sei immer klar, welche Konsequenzen Wobmanns Vorlagen haben werden: Es dürfen keine weiteren Minarette gebaut werden, die Autobahnvignette sollen weiterhin 40 Franken kosten und im öffentlichen Raum darf man sich nicht verhüllen. Keine Komplikationen, keine Personenfreizügigkeit oder Guillotine-Klaussel, die hineinspielen, wie etwa bei der Begrenzungsinitiative.
Ausserdem gäbe es immer gute Gründe, für seine Vorlage zu stimmen, sagt Stadelmann: «Es ist niemand dagegen, wenn man Hooligans oder Extremismus stoppen will.»
Auch FDP-Nationalrat Kurt Fluri sagt, Wobmann habe ein Gespür für einfache Lösungen und für Themen, die eine Mehrheit bewegen können. «Aber er politisiert auf Nebenschauplätzen. Die Burka und die Minarette: Das sind doch einfach Nichtprobleme», so Fluri gegenüber der NZZ.
Seinem Parteikollegen, Christian Imark, gefällt Wobmanns Art. «Man muss die Welt einfach machen und das kann Walter. Er spricht so, dass man ihn versteht», so der Präsident von der SVP Solothurn.
Dass der Solothurner Nationalrat auf Nebenschauplätzen politisiert, wird ihm zuweilen als Schwäche ausgelegt. Die SVP sah seine Kampagnen zur Minarett-Initiative als verschwendete Ressourcen. Selbst Christoph Blocher prognostizierte, dass die Vorlage scheitern würde. Wobmann gründete darauf ausserhalb der Partei das Egerkinger Komitee, sammelte Unterschriften und bewies das Gegenteil.
Die Zustimmung für die Vorlagen kam nicht von ungefähr. «Es ist einfacher, ein Ja auf Nebenschauplätzen zu erreichen», sagt Politologin Stadelmann.
Vier Minarette, 30 Niqabträgerinnen: «Viele Wählerinnen und Wähler teilen die Bedenken oder Ängste, die diese Vorlagen ansprechen. Sie wissen aber, dass die konkreten Vorlagen die Schweiz nicht wesentlich verändern», so die Politologin. Das erlaube es den Wählerinnen und Wähler, im Sinne dieser Ängste Ja zu sagen.
Die Erhöhung des Vignettenpreises auf 100 Franken bekämpfte die SVP im Parlament. Aber ein Referendum zu ergreifen und die Sache vors Volk zu ziehen wegen 60 Franken: Auf diese Idee kam nur Wobmann.
«Walter wird oft unterschätzt, aber er hat einen unglaublichen Riecher für die Mehrheit des Stimmvolkes», sagt sein Parteikollege Christian Imark.
Die Politologin Isabelle Stadelmann sieht das ähnlich: «Die Themen sind geschickt gewählt.» Er mache zwar keine substantiellen Beiträge, «kann aber damit Bürgerinnen und Bürger gut erreichen.»
Es fragt sich, ob das, was Wobmann tut, Strategie oder einfach innere Überzeugung ist. Sein Parteikollege Imark geht eher von Instinkt aus. «Wobmann hat gezeigt: Man muss nicht Professor sein, um die Mehrheitsfähigkeit einer Vorlage zu beurteilen. Im Volksmund sagt man dem Bauernschläue», so Imark. Der Schlaue wisse instinktiv was er tun müsse, ohne einen grossen Bildungsrucksack zu tragen.
Bei Wobmanns Vorlagen geht es fast immer um den politischen Islam. Wie kam es dazu? Der SVP-Nationalrat sagt gegenüber der NZZ, er habe in der Aussenpolitischen Kommission realisiert, dass die Schweiz durch den «politischen Islam» bedroht werde.
Die Vorgeschichte dazu: Wobmann wurde 2003 in den Nationalrat gewählt und in die Aussenpolitische Kommission entsandt. Es herrschte «Krieg gegen den Terror»: In Madrid detonierten Bomben in Pendlerzügen, in London starben Menschen wegen Selbstmordattentaten in U-Bahnen und Bussen.
Allerdings wird Wobmann vorgeworfen, für seine Vorlagen Stimmung gegen den Islam zu machen. Auch dass er sich für Frauenrechte einsetze sei nur eine Show, so die Gegner der Verhüllungs-Initiative.
«Der politische Islam ist ein Thema, das ein wesentlicher Teil der Bevölkerung anspricht», sagt die Politologin Stadelmann. Rund die Hälfte sei offen für restriktive Vorlagen. Denn die Stärke an diesem Thema: Es weckt Ängste. «In den Debatten ging es nie direkt um den politischen Islam. Es ging um Minarette und Niqabs, Symbole für den Islam. Das reichte, um die beabsichtigte Stimmung zu kreieren», sagt Stadelmann.
Walter Wobmann ist an der Urne erfolgreich. Nicht so durchschlagkräftig ist er im Parlament. Er stellt mehr Anfragen als dass er Vorstösse einreicht. Einige Beispiele aus seinem Repertoire: Wie entsorgt die Schweiz Akkus von Elektroautos? Was tut der Bundesrat gegen Gefängnisausbrecher? Was tut er gegen Schwarzfahrer im Zug?
«Als Parlamentarier fällt mir Wobmann nicht besonders auf», sagt Philipp Kutter von der Mitte. Zusammen mit Wobmann sitzt er in den Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen. «Er ist ein gewöhnlicher Vertreter der SVP, der gerne über das Grundsätzliche redet», so Kutter.
Die NZZ schreibt über Wobmann, er gleiche mehr seinen eigenen Wählern als den Kollegen im Parlament. Die Politologin Stadelmann legt ihm das als Vorteil aus: «Damit kann er seine Klientel gut ansprechen.»
Ob Wobmann auf den Nebenschauplätzen bleibt oder ob er in Zukunft grössere Vorlagen für die SVP durchbringt, wird sich zeigen. Gegenüber «Tamedia» verrät er einen Strategie-Tipp: «Ich empfehle der Partei, stärker zu fokussieren.» Worauf? «Das kann man so allgemein nicht sagen. Man muss es spüren.»
Bitte nicht verharmlosen!
Mit seiner schnörkellosenen Sprache & der hemdsärmeligen Art spricht Wobmann zwar ein Wählersegment an, das von allen anderen Parteien vernachlässigt wird. Wer jedoch im gelernten Automechaniker bloss den einfachen Büezer mit simpel gestricktem Geist sieht, verkennt, dass er wohl aus diesem Milieu kommt, heute aber als KMU-Berater und Verkaufsleiter arbeitet, im Vorstand diverser nationaler Verbände sitzt (HEV, FMS, ...), Kantonalpräsident der SVP Solothurn war und hinter seinen Aktionen mehr Kalkül & Strategie stecken als man vordergründig wahrhaben will.