Eigentlich wollte Bayern München vor der neuen Saison richtig gross in neues Spielermaterial investieren. Doch beim Werben um die Topstars ging der deutsche Rekordmeister bislang leer aus. Zwar hat man mit Lucas Hernandez und Benjamin Pavard zwei französische Weltmeister verpflichten können, die begehrtesten Spieler meiden die Bundesliga aber wie der Teufel das Weihwasser.
Eden Hazard wechselt zu Real Madrid, Matthijs de Ligt zu Juventus Turin, Frenkie de Jong sowie Antoine Griezmann zum FC Barcelona, Jungstar Joao Felix zu Atlético Madrid und der Spanier Rodri zu Manchester City. Und selbst der deutsche Nationalspieler Leroy Sané hat sich gemäss verschiedenen Medienberichten dazu entschieden, bei den «Citizens» Ergänzungsspieler zu bleiben, statt bei den Bayern zum grossen Aushängeschild zu avancieren.
Beim Wettbieten um die Crème de la Crème des europäischen Fussballs haben die Münchner momentan stets das Nachsehen. Das hat seine Gründe.
Zwar ist die Bundesliga im Vergleich der europäischen Top-Ligen seit Jahren diejenige mit den meisten Toren pro Spiel und dem höchsten Zuschauerschnitt, dennoch gilt sie für Topspieler nicht als besonders attraktiv. Der bei 1860 München gross gewordene Watford-Profi José Holebas brachte es zuletzt in einem Interview mit Sportbuzzer auf den Punkt: «So wie ich das mitbekomme, will einfach keiner mehr nach Deutschland. Wen hast du denn da noch grossartig? Du hast in Deutschland nur vier, fünf gute Vereine, danach kommt nichts mehr», so der in Deutschland geborene griechische Nationalspieler.
Der Bundesliga fehlt die Ausgeglichenheit, ausserdem hinkt sie der Konkurrenz aus Spanien, England und Italien bezüglich Taktik und Intensität derzeit etwas hinterher. Das manifestiert sich vor allem in den internationalen Wettbewerben. Dort konnte in der letzten Saison nur Eintracht Frankfurt für Furore sorgen, womit man immerhin Rang drei in der UEFA-Fünfjahreswertung absichern konnte. Eine Wiederholung des Eintracht-Märchens scheint derzeit aber nicht in Sicht. Die Garanten für den Erfolg (Luka Jovic, Sébastien Haller) sind abgewandert – zu Real Madrid in die Primera Division und zu West Ham United in die Premier League.
Englische, spanische und italienische Klubs verfügen dank Investoren und der Zentralvermarktung der Klubs über deutlich höhere Einkünfte als die Konkurrenz aus der Bundesliga. Die TV-Gelder spülen den Vereinen aus der Premier League und den Topklubs der Primera Division ausserdem zusätzliche Einnahmen in die Kasse. Zur Veranschaulichung: Premier-League-Schlusslicht Huddersfield kassierte in der letzten Saison mit 109,3 Millionen Euro an TV-Geldern deutlich mehr als Deutschlands Serienmeister Bayern München (68 Millionen).
Die zusätzlichen Einnahmen investieren die Klubs vor allem in Ablösesummen und höhere Löhne. Mit dieser Preistreiberei können die Bundesliga-Klubs nicht mithalten. Holebas dazu: «Die Vereine in der Premier League kannst du nicht mit anderen in Europa vergleichen. In der Premier League hat jeder Verein Geld – da geht ein gescheiter Spieler auch mal nicht gleich zu einem Top-Verein, um richtig Geld zu verdienen.»
Den deutschen Klubs bleibt deshalb oft nicht viel anderes übrig, als zu warten, bis in England das Transferfenster am 8. August schliesst. Dann werden die Preise für viele Spieler purzeln und jeder hofft, sein Schnäppchen machen zu können.
Die Bundesliga war noch nie der Ort, wo die internationalen Topstars hingehen. Real Madrid und Barcelona sind seit jeher die Traumdestinationen aller Fussball-Profis, in den 1990er-Jahren war die Serie A das Mass aller Dinge, mittlerweile ist die Premier League «the place to play».
Zwar spielten oder spielen in der Bundesliga immer wieder Topstars, doch hatten diese bei ihrer Verpflichtung noch einen ganz anderen Status. Arjen Robben beispielsweise war vor seinem Bayern-Wechsel 2009 bei Real Madrid nur zweite Wahl, ausserdem mussten die Königlichen den Transfer von Cristiano Ronaldo zum Teil refinanzieren.
Thiago Alcantara und Xabi Alonso wurden nicht von Bayerns Strahlkraft, sondern von derjenigen von Pep Guardiola nach München gezogen. Franck Ribéry und Robert Lewandowski galten vor ihrer Verpflichtung noch mehr als aufstrebende Talente statt als gereifte Superstars.
Die 50+1-Regel verhindert in der Bundesliga, dass Investoren die vollständige Kontrolle über einen Klub übernehmen können. Das hat aber auch zur Folge, dass allfällige Löcher in der Klubkasse nicht einfach so gestopft werden können, weshalb ein seriöses Wirtschaften in der Bundesliga unerlässlich ist. Nur was eingenommen wird, kann reinvestiert werden.
Transfers in der Höhe von 60 oder 70 Millionen Euro können in Deutschland höchstens Bayern München oder Borussia Dortmund stemmen. Für den Rest ist das unternehmerische Risiko schlicht zu gross. «Dann könnte ich nicht mehr schlafen», sagte Gladbachs Sportdirektor Max Eberl im letzten Sommer auf die Frage, ob ein Transfer in dieser Grössenkategorie möglich sei. Für den 45-Jährigen ist der Weg, den viele Bundesliga-Klubs gehen müssen, nach wie vor «alternativlos»: Talente entdecken, fördern, entwickeln und dann irgendwann gewinnbringend verkaufen, um neue Talente einzukaufen.
Davon profitieren vor allem Bayern München und Borussia Dortmund. Die beiden Topvereine der Bundesliga sind es vornehmlich, die der Konkurrenz die ausgebildeten Talente abnehmen. Ein Geschäftsmodell, das sich angesichts der gesunkenen Chancen auf die Verpflichtung eines Topstars seit Jahren bewährt hat.
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