Der FC Basel ist unterwegs zum achten Meistertitel in Folge, als sein Führungsduo den Rückzug bekannt gibt. Unter Präsident Bernhard Heusler und Sportchef Georg Heitz hatte sich der Klub zum unangefochtenen Schweizer Branchenleader entwickelt.
Der neue Besitzer ist da: Bernhard Burgener. Sein Konzept der besseren Förderung regionaler Talente stösst an der Mitgliederversammlung auf grossen Zuspruch. Zumal trotz vieler Eigengewächse die Ziele gleich bleiben: Meister, Cupsieger, erfolgreicher Teilnehmer der Champions League.
Burgener machte im Filmgeschäft Millionen, mit seiner Firma Team vermarktet der 59-jährige Unternehmer die UEFA Champions League. Je nach Quellen legt er für die 90,6 Prozent der FC Basel Holding AG, die bislang Heusler und Heitz gehörten, zwischen 10 und 20 Millionen Franken hin.
Alles wird neu am Rhein. Trainer Urs Fischer erhält trotz des Gewinns des Doubles keinen neuen Vertrag mehr, der neue Sportchef Marco Streller setzt auf den bisherigen Basler Nachwuchstrainer Raphael Wicky. Der neue Präsident Bernhard Burgener installiert mit Jean-Paul Brigger einen CEO, der im Tagesgeschäft seine rechte Hand sein soll.
In der Champions League überrollt Basel beim 5:0-Sieg Benfica Lissabon, schlägt zuhause auch Manchester United 1:0 und überwintert. Erst im Achtelfinal ist gegen Manchester City Schluss. Doch insgesamt ist die Kampagne eine Sternstunde der Klubgeschichte, auch in der Super League läuft es bis zur Winterpause gut.
Die Erfolgsserie ist gerissen – nach acht Jahren der FCB-Dominanz heisst der Schweizer Meister YB. Die Berner werden überlegen Meister. Während Wicky trotz 15 Punkten Rückstand bleiben darf, geht mit Brigger der andere Walliser, einer, der nie im Klub angekommen schien.
Kaum hat die neue Saison begonnen, muss Wicky die Koffer packen. Nach zwei Pflichtspielen wird er entlassen, auf den Trainer-Rookie folgt mit Marcel Koller ein routinierter Meistermacher. Er ist nicht lange im Amt, als der FCB an Apollon Limassol hängenbeibt und erstmals nach 14 Jahren die Gruppenphase von Champions League oder Europa League verpasst.
Auch neben dem Platz läuft es nicht rund. Unternehmer Burgener sorgt sich um die Fans der Zukunft, hofft, diese durchs Gamen anziehen zu können. Die E-Sports-Strategie des Vereins kommt bei den alteingesessenen Anhängern jedoch gar nicht gut an, der Präsident gerät immer mehr in Kritik.
Eine 1:7-Niederlage gegen Meister YB ist der sportliche Tiefpunkt einer Talfahrt, bei der im Winter schon klar ist, dass es nichts wird mit der Wiedereroberung der Schweizer Spitze. Dort hat sich YB breit gemacht.
Erst E-Sports, nun Indien. Bernhard Burgener scheut sich nicht vor Innovationen und kündigt eine Kooperation mit dem Chennai City FC an. Der FCB wird Minderheitsaktionär des Klubs. Massimo Ceccaroni, als Spieler eine der grössten Legenden des FCB, soll in Indien nach dem Rechten sehen. Bis heute ist unklar, was die Zusammenarbeit bringt. Klar ist: Sie bringt neuen Ärger mit den Fans, die das Geld lieber in ihr Team gesteckt sähen, das gegen YB kein Land mehr sieht.
Ein Lichtblick: Dank einem 2:1-Sieg über den FC Thun wird der FC Basel Cupsieger. Der erste Titel in der Ära Burgener. Aber Ruhe breitet sich keine aus, ganz im Gegenteil. Koller soll entlassen werden, Sportchef Streller ist sich bereits mit Patrick Rahmen einig. Bis Burgener es sich anders überlegt und den Trainer doch behält. Daraufhin tritt Streller per sofort zurück.
Bernhard Burgener beginnt, den FC Basel der Zukunft aufzubauen. In dieser spielt ein Ex-Spieler eine zentrale Rolle: David Degen. Vielleicht kann er dereinst der starke Mann des FCB sein. Der 36-jährige Degen kauft Burgener zehn Prozent seiner Klub-Anteile ab und soll im Verwaltungsrat sein Fussball-Knowhow einbringen. Bis dahin führte er gemeinsam mit Zwillingsbruder Philipp Degen eine Spielerberatungs-Agentur.
Zu Beginn der Corona-Krise zeigt sich, wie schief der Haussegen in Basel hängt. Der Klub bittet die Spieler, während drei Monaten auf grosse Teile des Lohns zu verzichten. Die Profis sind entrüstet, wollen dem Klub nicht so stark entgegen kommen und wenden sich an die Medien, nachdem sie als Geizkragen dargestellt werden. Als Sprachrohr der Mannschaft agieren Captain Valentin Stocker und Fabian Frei, ein anderer Führungsspieler.
Sportlich lief es durchzogen. Der Cupfinal ging verloren, in der Meisterschaft fiel man nicht nur hinter YB, sondern auch noch hinter den FC St.Gallen zurück. Highlight war die Europa League, in welcher in den Achtelfinals Eintracht Frankurt mit dem Gesamtskore von 4:0 rausgeworfen wurde.
Die Bewegung «Yystoo für e FCB» (Einstehen für den FCB) formiert sich aber nicht nur wegen der Resultate. Sie fordert den Rücktritt von Präsident Burgener. Der hat für das Jahr 2019 ein Minus von 20 Millionen Franken kommuniziert und sucht deshalb neue Investoren. Er findet sie angeblich in Grossbritannien, die Investmentfirma Centricus soll bereit sein, einen namhaften Anteil am Klub zu kaufen. Damit bringt Bernhard Burgener nicht nur die Fans gegen sich auf, sondern auch David Degen. Es kommt zum Bruch mit dem Mitaktionär.
Mit Alex Frei verlässt ein Jahr nach Streller auch dessen früherer Sturmpartner den Klub. Er war U21-Trainer und sollte Marcel Koller beerben, von dem sich Basel trennt. Doch Frei wird so lange hingehalten, bis es ihm reicht, und er eine Offerte des FC Wil annimmt. Und so folgt auf Koller nicht Frei, sondern mit Ciriaco Sforza eine andere Nati-Legende. Ironie der Geschichte: Sforza kommt von Wil.
Wohl um einen Schritt auf seine Kritiker zuzumachen, kündigt Burgener seinen Abgang als Klubpräsident an. Das ändert aber im Grunde genommen nichts, denn er bleibt Hauptaktionär und hat somit das Sagen. Auf dem Rasen verpasst die Mannschaft erneut den Einzug in die Gruppenphase der Europa League, in der Liga dümpelt sie vor sich hin.
Die Zusammenarbeit mit Chennai City hat von aussen betrachtet noch nichts eingebracht. Allerdings betont Massimo Ceccaroni in der «BAZ», wegen Corona habe man ein Jahr verloren. Das Scouting wurde ebenso auf Eis gelegt, wie sich der Bau einer Nachwuchs-Akademie verzögerte. Diese soll langfristig eine Vorreiterrolle innehaben: «Ich bin nach wie vor motiviert, das Projekt zu Ende zu führen.»
Ausser Bernhard Burgener versteht es fast keiner mehr, dass Ciriaco Sforza immer noch Trainer des FC Basel ist. Denn der ist im Cup gerade zuhause gegen den den FC Winterthur untergangen, hochkant mit 2:6. Ein Debakel sondergleichen.
Captain Valentin Stocker wird beurlaubt – weil er sich im TV-Interview in der Pause des Winterthur-Matchs zu kritisch über Sforzas Taktik geäussert hatte? Über die Gründe hält sich die FCB-Führung bedeckt. Wie sehr der Klub die Stadt nach wie vor beschäftigt, zeigt sich am Tag von Stockers Freistellung, als rund 1000 Fans bei einem Protestzug ihren Unmut äussern. Nach zehn Tagen wird Stocker begnadigt, darf wieder trainieren. Gespielt hat er seit dem Cup-Aus nicht mehr.
Aber Stockers Geschichte ist nur ein Nebenschauplatz. Denn im Fokus steht erneut ein möglicher Machtwechsel. Die Zeichen verdichten sich, dass Centricus, die britische Investmentfirma, Burgener einen Teil seiner Aktien abkauft. Dem FCB-Besitzer wird nun möglicherweise zum Verhängnis, dass er Degen ins Boot geholt hat. Denn dieser besitzt offenbar ein Vorkaufsrecht. Das heisst: Hat Burgener ein Angebot auf dem Tisch, kann Degen dies kontern und die Aktien kaufen.
Am 29. März 2021 überschlagen sich die Ereignisse. Degen hat das Geld offenbar beschaffen können und sieht sich deshalb als legitimer neuer starker Mann. «Ich bin bereit, die Verantwortung für den FC Basel zu übernehmen. Ich habe eine klare Strategie mit kompetenten und sehr erfahrenen Leuten an meiner Seite», teilt er mit.
Um sicherzustellen, dass der Klub die Aktien nicht an jemand anderes überträgt als ihn, hat Degen vor Gericht eine superprovisorische Verfügung erreicht. Dem Verwaltungsrat der FC Basel Holding AG sind somit die Hände gebunden, der mutmasslich angestrebte Verkauf an «Basel Dream & Vision» (angeblich ein Joint-Venture von Burgener und Centricus) ist derzeit nicht möglich.
Aber auch die Aktienübertragung an David Degen ist nicht erfolgt. Filmhändler Bernhard Burgener könnte wohl für einmal auf diese Feststellung verzichten: Fortsetzung folgt.
In dieser Beziehung hat das zuvor äusserst erfolgreiche Duo Häusler/Heiz jämmerlich versagt. Ihre Bilanz ist deswegen nachhaltig geschmälert.
Zurückblickend müssen sich auch die alteingesessenen Basler-Fans an der Nase nehmen. Denn so richtig gewehrt hat sich von denen keiner, als man Coach Fischer abgesägt hat. Doch diese Massnahme war der Anfang des FCB-Niedergangs. Das war die erste falsche Entscheidung! Vor da weg ging es in die falsche Richtung.