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Revolution neben dem Eis: So ändern die Eishockeyfans die Ticketpolitik

Eishockey Ambri Fans
Auch die Ambri-Fans aus der Curva Sud zeigten sich unzufrieden über die Preispolitik ihres Klubs.Bild: keystone

Revolution neben dem Eis: So ändern die Eishockeyfans die Ticketpolitik in der Liga

Wegen hoher und ungleicher Ticketpreise boykottieren Gästefans Ambri. Auch der eigene Anhang rief zum Streik auf. Nach acht Spielen knickte der Tessiner Klub ein.
05.10.2023, 11:0005.10.2023, 15:52
soraya sägesser / ch media
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Das Tessiner Derby steht an. Während die Fans von Lugano in der Corner Arena den Platz einnehmen, warten die Fans vom HC Ambri-Piotta (HCAP) vor dem Stadioneingang in Dunkelheit. Die Fans blicken auf etliche Handybildschirme und schauen dort das erste Drittel des Tessiner Klassikers.

Einer im Kreis jubelt. Tor für Ambri. Bei den anderen ist es still, denn nicht alle Übertragungen auf den Handys sind an diesem Abend gleich schnell. Macht es einmal die Runde, dass die Leventiner in Führung gehen, jubeln alle. Bei der Übertragung auf dem Handybildschirm ist ein fast leerer Gästesektor zu sehen. Doch weshalb schauen alle Fans draussen das Spiel?

Lugano's player Joey LaLeggia, left, fights for the puck with Ambri's player Jakob Lilija, right, during the preliminary round game of National League Swiss Championship 2023/24 between HC L ...
Beim Derby boykottierten die Fans den Gästesektor.Bild: keystone

Zwar wurden fünf Stunden vor dem Spiel sämtliche Gästesektortickets wegen eines Fehlers im Reservationsprozess storniert und gingen wieder in den Verkauf. Doch bei den anwesenden Fans vor dem Stadion hatte die Mehrheit ein gültiges Ticket. Der Grund war ein anderer: Boykott. Denn die Tifosi von Ambri streiken seit dieser Saison wegen der hohen Ticketpreise in ihrem Heimstadion – nun können sie einen Erfolg feiern.

Schwere Ausschreitungen als Ausgangslage

Die Geschichte nahm vor fünf Jahren ihren Lauf. Während eines Spiels gegen Lausanne gab es in der heute abgerissenen Valascia schwere Ausschreitungen. Der Verwaltungsrat von Ambri entschied sich danach, eine Preisdifferenz zwischen dem Heim- und Gästesektor einzuführen. Mit dem Umzug in die Gottardo Arena bleibt diese Preisdifferenz bestehen. Für diese Saison legten die Tessiner noch eine Schippe drauf.

Neben den Saisonkarten erhöhten sie auch die Preise bei den Einzeltickets. Der Grund seien steigende Kosten im und rund um das neue Stadion, so der Klub. Zu Beginn der neuen Saison sollten die Tickets für den Heimsektor 35 Franken und diese im Gästesektor 40 Franken kosten.

Bis vor kurzem zahlten die Gästefans in Ambri mehr als das Heimpublikum.
Bis vor kurzem zahlten die Gästefans in Ambri mehr als das Heimpublikum.Bild: watson

Doch nachdem einige Fangruppierungen in der National League beschlossen hatten, Ambri künftig zu boykottieren, krebste man im Tessin zurück. Noch vor dem Saisonstart beschloss der HCAP, den Preis wieder um drei Franken zu senken. So musste jeder Gast bis anhin nur noch 37 Franken, die Heimfans 32 Franken bezahlen.

Ambri hat die teuersten Tickets

Diese hohen Preise lösten in der Liga dennoch eine Diskussion aus. Denn Ambri hat mit Abstand die teuersten Ticketpreise. Im Vergleich: In Davos bezahlt man 31, in Zug und Kloten 30 Franken. In allen restlichen Stadien kommt man unter 30 Franken in den Genuss von Eishockey. Die billigsten Tickets kosten 25 Franken.

Dass es in der Leventina derart teuer ist, stösst vielen Fans sauer auf. So haben nach anfänglich wenigen nun sämtliche Fangruppierungen beschlossen, die Gottardo Arena zu boykottieren. Auch den Ambri-Fans passt dieser Preisanstieg und vor allem der Preisunterschied der beiden Sektoren von fünf Franken nicht.

Neben ihrem Boykott in den Auswärtsstadien stoppen sie in der Gottardo Arena immer wieder ihre Gesänge und zeigen ihren Unmut mit Bannern. Weiter haben sie während den Spielen Unterschriften gesammelt. Die Forderung: «Das Bild des populären Vereins, das Ambri nach aussen trägt, ist irreparabel beschädigt», schreibt die Tessiner Fangruppierung.

Plötzlich will Ambri ein Vorbild sein

Nach acht Spielen knickt der HC Ambri-Piotta ein. Am Montag teilt der Klub mit, dass er die Preise für den Gästesektor per sofort auf 32 Franken senkt. Künftig bezahlen Heimfans und Gäste gleich viel. «Heute ist der Unterschied nicht mehr gerechtfertigt», heisst es in der Mitteilung. Es sei im Sinne des Sports, heimische und auswärtige Fans gleich zu behandeln.

Von einem vorangegangenen Boykott und einer Petition steht kein Wort. Dennoch ist es offensichtlich, dass der Klub auf die Forderungen der Fans eintritt. Weiter will Ambri, das während fünf Jahren unterschiedlich teure Tickets verkaufte, plötzlich einen neuen Weg einschlagen.

«Der HCAP wird den wenigen anderen Nationalliga-Klubs, die aktuell eine Preisdifferenzierung praktizieren, einen Vorschlag unterbreiten, die Gebühren für Gäste und heimische Fans in Zukunft anzugleichen», schreibt der Klub weiter. Eine Umschau bei allen anderen Klubs der Liga zeigt aber, nur noch der HC Fribourg-Gottéron hat ungleiche Ticketpreise.

Es scheint, als wolle man im Tessin damit nun «das irreparabel beschädigte Bild» wieder flicken und mit gutem Vorbild vorangehen. Doch es zeigt einmal mehr, dass in Ambri die Fans das Sagen haben.

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24 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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urs3
05.10.2023 12:47registriert Februar 2018
Lächerliches Statement des Klubs. So macht man sich nur noch unbeliebter. Und das sage ich als Ambri-Anhänger.
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Chalbsbratwurst
05.10.2023 14:22registriert Juli 2020
"Es scheint, als wolle man im Tessin damit nun «das irreparabel beschädigte Bild» wieder flicken und mit gutem Vorbild vorangehen."

Also kostet jetzt die Bratwurts auch keine CHF 12.- mehr in Ambri?

Das reicht für mich nämlich schon um "Fan-Abzocke" zu schreien. Dazu hätte es nicht mal die hohen Ticketpreise gebraucht. Und wenn sie jetzt so grosse Sprüche klopfen von wegen Gleichbehandlung, dann sollen sie ihr Bild auch auf der ganzen Breite reparieren und für alles wieder marktübliche Preise einführen!
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Sinndeslebens
05.10.2023 12:47registriert Januar 2023
Grosses Lob an die Ambri Fans. So muss das.
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