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Eishockey-WM: Patrick Fischer – es gibt eine gute Lösung für den Nati-Coach

Patrick Fischer, head coach of Switzerland national ice hockey team, talks to his players, during the IIHF 2023 World Championship quarter final game between Switzerland and Germany, at the Riga Arena ...
Die WM endete für Patrick Fischer und die Nati einmal mehr mit einer Enttäuschung.Bild: keystone
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Auf Patrick Fischer kann unser Hockey nicht verzichten – es gibt eine gute Lösung

Fünfmal hintereinander bei einem Titelturnier den Viertelfinal verloren: Patrick Fischers Position steht zur Debatte. Wenn personelle Konsequenzen erforderlich sind, dann gibt es die perfekte Lösung – auch um Patrick Fischer von einem Rücktritt abzuhalten.
26.05.2023, 06:2226.05.2023, 14:20
klaus zaugg, riga
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Der Nationaltrainer ist mehr als ein Bandengeneral. Er ist zugleich das Gesicht und der beste Verkäufer unseres Hockeys und der Nationalmannschaft. Mit Ausstrahlung weit über die Hockeyszene hinaus. Charisma und Kommunikationstalent sind ebenso wichtig wie ein feines Gespür im «Pulverdampf» hektischer Partien.

Wer sagt, Patrick Fischer sei ein sehr guter Kommunikator, aber kein guter Coach, ist kein Polemiker. Wer fünfmal hintereinander einen Viertelfinal bei Titelturnieren verliert (WM 2019, 2021, 2022, 2023, Olympia 2022), hat ein Problem. Die Wahrheit steht immer oben auf der Resultattafel. Diese Wahrheit ist für Patrick Fischer eine bittere.

Was ist also zu tun? Die perfekte Lösung: Den tüchtigen, aber überforderten Sportdirektor Lars Weibel unter Verdankung seiner Verdienste verabschieden und Patrick Fischer zum Sportdirektor des Verbandes befördern.

Die Zusammenfassung des Viertelfinals.Video: YouTube/SRF Sport

Der ehemalige Torhüter Lars Weibel hat in seiner Karriere nie bei einem Klub eine Führungsposition bekleidet. Ihm fehlen die Gelassenheit, die Erfahrung, die Persönlichkeit und in immer weiteren Kreisen auch die Akzeptanz, um die Sportabteilung des Verbandes mit sicherer Hand zu führen und Patrick Fischer Hilfe und Stütze zu sein. Im September wird ein neuer Verbandspräsident gewählt. Der perfekte Zeitpunkt, um in den Verbandsbüros zu lüften.

Unser Nationaltrainer hatte seit der Silber-WM von 2018 an der Bande kein Glück mehr. Den Weihrauch des silbernen Ruhmes haben die eisigen Winde der Gegenwart verweht. Aber Fischer hat inzwischen eine immense Erfahrung im internationalen Hockey gesammelt und er verfügt über ein Netzwerk, das so weit verzweigt ist wie das Wurzelwerk eines fünfhundertjährigen Eichenbaumes. Er weiss, wie Weltmeisterschaften und olympische Turniere gehen. Er weiss, wie die Spieler der neuen Generation ticken. Das zeigt sich unter anderem daran, dass er seine WM-Teams richtig zusammengestellt hat, und auch daran, dass er die NHL-Stars immer wieder für eine WM-Teilnahme zu begeistern vermag. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Unter Patrick Fischer hat es nie mehr ein «Absage-Theater» gegeben.

2026 wird die WM in Zürich und Fribourg ausgetragen. Es wäre ein Wunder, wenn Patrick Fischer seine Autorität als Coach bis dahin bewahren könnte. Die jüngste Niederlage gegen Deutschland, die bitterste seiner nunmehr siebenjährigen Amtszeit, bringt er fast nicht mehr aus den Kleidern. Aber seine Autorität als Hockey-Kenner, als Stimme und Gesicht unseres Hockeys bleiben weit über die Hockeyszene hinaus unangetastet.

ZUM KEYSTONE-SDA-TEXT MIT LARS WEIBEL STELLEN WIR IHNEN FOLGENDES BILD ZUR VERFUEGUNG --- General Manager von Swiss Hockey, Lars Weibel waehrend einer Medienkonferenz anlaesslich der Vorbereitung zur  ...
Nationalteam-Direktor Lars Weibel.Bild: keystone

Bleibt die Frage, wer Patrick Fischer an der Bande als Nationaltrainer ersetzen kann. Ein lösbares Problem. Sobald die Stelle des Nationaltrainers neu zu besetzen ist, wird es aus nah und fern Bewerbungen für den Job hageln.

Patrick Fischer weiss, was es für den Job des Nationaltrainers braucht. Er ist fähig, den richtigen Nachfolger auszuwählen.

Oder sollten wir nach dem Motto «Neue Saison, neues Glück» einfach zur Tagesordnung übergehen? Nach der Weisheit «Die Hunde bellen, die Karawane zieht weiter, der nächsten WM entgegen»? Natürlich können wir das und vielen in den Verbandsbüros käme das gerade kommod.

Aber wenn wir das grosse, das von Patrick Fischer formulierte Ziel «WM-Titel» irgendeinmal erreichen wollen, dann geht es nicht ohne personelle Konsequenzen. Dabei wäre es eine Torheit sondergleichen, das Kind (bzw. den Nationaltrainer) mit dem Bade auszuschütten und sich vom Nationaltrainer zu trennen. Weiter mit Patrick Fischer, aber in der Position des Verbandsdirektors.

Switzerland's players look disappointed after losing against the team Germany, during the IIHF 2023 World Championship quarter final game between Switzerland and Germany, at the Riga Arena, in Ri ...
Am Boden zerstört – wieder einmal gelingt gegen Deutschland fast nichts.Bild: keystone

Der grosse Maler und Philosoph Francis Bacon hat einmal gesagt: «Wer neue Heilmittel scheut, muss alte Übel dulden.»

Das mag etwas gar martialisch tönen. Aber im Kern trifft diese Aussage das Problem rund um die Nationalmannschaft: Wer den Wechsel jetzt scheut, muss das alte Übel der Niederlagen zur Unzeit dulden.

Es gibt bei der Diskussion rund um Patrick Fischer eine Variante, die wir nicht ganz vergessen und ausschliessen sollten. Manchmal können wir aus der Geschichte lernen.

Vor 14 Jahren hat Patrick Fischer im Sommer 2009 völlig überraschend seine Karriere als Spieler in Zug trotz eines noch ein Jahr weiterlaufenden Vertrages beendet. Nach einer grandiosen Saison mit 46 Punkten aus 50 Spielen in der Qualifikation und 8 Punkten aus zehn Playoffpartien.

Er hätte sicher noch drei, vier weitere Jahre in der höchsten Liga spielen können. So gesehen schmiss er einen siebenstelligen Betrag aus dem Fenster. Er sagte damals: «Aus finanzieller Sicht hätte ich nicht zurücktreten dürfen, doch Geld stellte für mich nie die Motivation zum Eishockeyspielen dar. Ich habe lieber etwas weniger Geld und bin dafür zufrieden.» Später sollte er zu diesem Karriere-Schritt sagen: «Ich habe es nie bereut, dass ich zurückgetreten bin. Im Gegenteil, es war der wohl beste Entscheid, den ich je gefällt habe.»

Es wäre ein herber Verlust für unser Hockey, wenn der Charakterkopf Patrick Fischer zum Schluss kommen sollte, es sei nun trotz eines noch ein weiteres Jahr bis 2024 laufenden Vertrages Zeit, der Nationalmannschaft und unserem Hockey den Rücken zu kehren.

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quelle: keystone / pavel golovkin
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97 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Ketchum
26.05.2023 07:20registriert August 2015
1. Schritt: Halbfinal erreichen, 2. Schritt: Halbfinal gewinnen, 3. Schritt: Weltmeister werden. Über 3 wurde oft geschrieben & geredet, 1 & 2 quasi als selbstverständlich erachtet. Und das bei dieser Viertelfinal-Bilanz!
Das erinnert mich an die englische Erwartungshaltung an den Fussball-WM ab 1970
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Ich hol jetzt das Schwein
26.05.2023 07:12registriert September 2015
Fischer ist ein überaus netter, hoch
Anständiger Zeitgenosse. Auch ist er ein begnadeter Kommunikator. Offenbar so begnadet, dass sogar der Chronist, dessen Name mir gerade entfallen ist, ihm auf den Leim geht und alle Fehler dem in Sportbelangen nicht operativ tätigen Verbandsdirektor aufbürdet. Obwohl der operativ Verantwortliche die Verantwortung für das peinliche Scheitern übernimmt. Zumindest verbal. Kann er ja auch, im Wissen, dass ihn sein alter freundlicher Kumpel nicht feuern wird. Einverstanden, Weibel muss gehen. Wenn man aber die Bilanz von Fischer weiter ignoriert, bessert nichts.
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Marsupilami123
26.05.2023 07:38registriert Juni 2016
also ist jetzt Weibel schuld? haha

es lief zu gut in der Gruppenphase, der Spielplan kam gelegen (zuerst gegen die schwächeren Teams). Man hatte also keinen Druck mehr auf dem Kessel zum Ende der Gruppenphase. Und dann wieder umschalten im Viertelfinale, ja das können nur die allerbesten.
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