Diese Niederlage gegen Gottéron im Dezember wird für den SC Bern am Ende der Qualifikation höchstens noch eine ärgerliche Episode sein. Für die SCB-Ausgabe der Saison 2024/25 muss das Ziel der Gewinn der ersten Meisterschaft seit 2019 sein. Die Berner gehören inzwischen zu den taktisch besten Teams der Liga und sie haben etwas, das eine Meisterschaft entscheiden kann: die wahrscheinlich beste 4. Linie um Simon Moser, den rauen, aber schlauen Saurier mit den hölzernen Füssen, der seinen Vertrag um eine weitere Saison verlängert hat. Jussi Tapola ist drauf und dran, die einzelnen Teile zu einem meisterlichen Puzzle zusammenzustellen.
Eishockey ist ein raues Spiel. Wer am Ende einer langen Saison den «Kübel» in die Höhe stemmen will, der muss nicht nur austeilen. Viel wichtiger, ja entscheidend ist in diesem Spiel, dass im Rahmen der Reglemente Aggressivität, Einschüchterung, Härte und direkter Körperkontakt die Fähigkeit erlauben, einstecken, leiden zu können.
Der SCB ist taktisch gut genug, um Meister zu werden. Die Ausländerpositionen sind so gut besetzt wie seit fünf Jahren nicht mehr. Talent haben die Berner also genug. Natürlich: Gross ist der Ärger über die 3:4-Verlängerungsniederlage gegen Gottéron. Es ist ein verschenkter Sieg nach einer 3:1-Führung bis zur 52. Minute. Aber es gibt diese eine Szene, die zeigt, was dem SCB nach wie vor fehlt, um den nächsten Titel zu holen. In der Verlängerung. Christoph Bertschy bedrängt SCB-Stürmer Marco Lehmann beim Laufduell um den Puck an der Bande. Erwischt der Gottéron-Leitwolf seinen Gegenspieler bei diesem Duell im Gesicht? Gibt es einen Griff nach dessen Schulter? Mit ziemlicher Sicherheit ja. Es ist eigentlich ein Foulspiel. Zwei Minuten. Aber der Schiedsrichter-Pfiff erfolgt nicht. Trotzdem stoppt Marco Lehmann sein Spiel, hält die Hand vor den Mund, um eine Verletzung zu signalisieren. Nicht ganz unähnlich dem Verhalten eines simulierenden Fussballspielers. Im Fussball mag simulieren funktionieren und weinende Knaben können es sehr weit bringen. Im Eishockey nicht.
Die Diskussion, ob es ein Foul gegen Marco Lehmann war oder nicht, erübrigt sich. Wir können auf Grund der TV-Bilder polemisieren und sagen: ja, Foul. Der SCB ist von den Schiedsrichtern um den Sieg betrogen worden. Allerdings ist nicht klar, ob die Berner, falls Christoph Bertschy bestraft worden wäre, das Spiel auch tatsächlich gewonnen hätten. Wir können auch noch sagen, dass einer der beiden Refs – Stefan Hürlimann – nicht zu den besten, sondern zu den meistdiskutierten Unparteiischen der Liga gehört und in den Playoffs wahrscheinlich nicht mehr zum Zuge kommen wird.
Aber das ist unerheblich. Es geht um etwas ganz anderes: Diese Szene unmittelbar vor Gottérons Siegestreffer offenbart fehlende meisterliche Härte. Meisterliche Härte bedeutet: einstecken und weiterspielen, wenn der Schiedsrichter nicht pfeift. Erst recht in der eigenen Zone. Ein brutales Foul von Christoph Bertschy mit einer Schockwirkung, die ein Weiterspielen verunmöglicht hätte, war es nicht. Was sich daran zeigt, dass Marco Lehmann dann, als er realisiert, dass es keine Strafe gibt, doch noch, aber zu spät versucht hat, ins Spiel zurückzukehren.
Je heftiger die Diskussionen um diese Szene und die Kritik an den Schiedsrichtern, desto weiter weg ist der SCB vom nächsten Titel. Mit Blick nach vorne auf die Playoffs erübrigt, ja verbietet sich für einen Klub mit dem Potenzial der Berner eine Schiedsrichter-Polemik. Wir verneigen uns so tief, wie wir es vermögen, vor der Professionalität und vor dem Talent von Marco Lehmann. Wir behaupten auch nicht, der Nationalstürmer habe simuliert. Das sei fern von uns. Wir stellen lediglich fest: In dieser alles entscheidenden Szene war er – wenn wir als Messlatte die Härte, das Einsteckungsvermögen und die Leidensfähigkeit nehmen, die in den Playoffs gefragt sind – ein weinender Knabe. Weinende Knaben werden nicht Meister.
Aktuelle
Note
7
Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.
6-7
Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.
5-6
Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.
4-5
Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.
3-4
Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.
Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.
5,2
09.22
5,2
09.23
5,2
01.24
Punkte
Goals/Assists
Spiele
Strafminuten
Er ist
Er kann
Erwarte
Ich frage mich, ob Herr Zaugg auch so hart wäre wie er hier einen Spieler beschreibt, der nach dem hohen Stock von Bertschy geblutet hat!
Tscherrig und Hürlimann sind das von vielen Fanlagern gefürchtetste Schiri Paar. Aber verloren hat der SCB wegen eigenem Unvermögen und dazu gehört auch das zuerst erwähnte Supertalent Wüthrich.