Für einmal beschert Kloten Ambris Sportchef Paolo Duca zusätzliche Arbeit. Im Sommer hat er Stefan Mair als Cheftrainer für die höchste Junioren-Mannschaft verpflichtet. Und nun muss er bereits einen Nachfolger suchen. Stefan Mair wird ab Montag Klotens neuer Cheftrainer.
Ein Wechsel mit Brisanz und Polemik-Potenzial: Kloten und Ambri stehen zumindest theoretisch in Konkurrenz um die Play-in-Plätze. Nun überlässt Ambri aus einem laufenden Vertrag heraus ausgerechnet Kloten einen fähigen Trainer. Das ist Paolo Duca durchaus bewusst und er sagt: «Wenn ein Trainer eine Chance in der höchsten Liga bekommt, die vielleicht nie wiederkehrt, dann ist es auch im Sinne des Sportes, ihm zu ermöglichen, diese Chance zu packen.» Wo er recht hat, da hat er recht. Kommt dazu: Ambri hat 13 Punkte Vorsprung auf Kloten plus ein Spiel weniger ausgetragen. Wenn Ambri diese Reserve verspielt, dann ist der Grund dafür nicht der Wechsel von Stefan Mair nach Kloten. Dann hat Ambri andere Probleme.
Stefan Mair ist zwar Italiener und war auch schon italienischer Nationaltrainer. Aber er hat reiche Erfahrung als Cheftrainer in der Schweiz. Sechsmal hintereinander (2016 bis 2022) hat er Thurgau in die Play-offs der Swiss League geführt und zweimal den Halbfinal erreicht. Er hat nicht nur aus einem Minimum ein Maximum herausgeholt. Eine ganze Reihe von Spielern sind bei ihm besser geworden (so gut, dass sie Jobs in der NL gefunden haben) oder haben ihr bestes Hockey gespielt: Unter anderem Simon Seiler (Gottéron), Joel Scheidegger (Ajoie), Ian Derungs (Zug), Michael Loosli, Jonathan Ang (Kloten) oder T.J. Brennan (Ajoie) und Torhüter Luis Janett, der nächste Saison Biels neue Nummer 2 wird.
Ein Trainer, der unser Hockey kennt, die Leistungskultur pflegt, ein Maximum fordert und Talente besser macht: Das ist das Profil eines Trainers für eine Organisation, die in ihrer DNA die Förderung eigener Talente hat. Stefan Mair ist in seinem Wesen und Wirken durchaus mit Trainern wie Thierry Paterlini, Christian Wohlwend oder Luca Cereda vergleichbar, die alle drei ebenfalls Erfahrung auf den Stufen Junioren und/oder Swiss League gesammelt haben.
Im Frühjahr musste Aufstiegs- und Liga-Erhalt-Trainer Jeff Tomlinson aus gesundheitlichen Gründen sein Amt aufgeben. Sein Nachfolger Gerry Fleming passte bald einmal nicht mehr zu Klotens DNA, kannte aber Sportchef Larry Mitchell aus seiner Tätigkeit in Deutschland. Das brachte ihm den Job ein und Larry Mitchell in die Bredouille: Der tüchtige Sportchef feuert den Kanadier am 19. November und übernimmt zusätzlich auch noch das Amt eines Cheftrainers. Gerry Fleming wird sich wohl ob des «Verrats» durch seinen Kumpel gedacht haben: «Auch Du, Brutus …» Aber es ging nicht mehr anders.
Die Doppelbelastung Trainer und Sportchef vermag sonst nur noch Christian Dubé zu tragen und auch er wird ab nächster Saison «nur» noch Trainer sein. Die Doppelbelastung wird für Larry Mitchell eine zu grosse Herausforderung. Spätestens seit der völlig missglückten Verpflichtung des Ersatzausländers Nathan Beaulieu ist der Führung um Jan Schibli klargeworden, dass Kloten nicht nur ein Trainer, sondern auch ein Sportchef-Problem hat. Larry Mitchell war zwar zur Einsicht gekommen, dass er einen Trainer braucht. Aber er suchte erneut in der deutschen Hockey-Szene – und war drauf und dran, den Fehler zu wiederholen, den er bereits bei Gerry Fleming gemacht hatte. Also hat die Führung die Notbremse gezogen.
Der Entscheid, Larry Mitchell am nächsten Montag vom Traineramt zu «erlösen» und Stefan Mair zu verpflichten, ist vor den beiden Derby-Siegen gegen die ZSC Lions (3:1 in Zürich, 3:1 in Kloten) vom letzten Samstag und Sonntag gefallen. Am Dienstag hat Paolo Duca Stefan Mair aus dem Vertrag freigegeben. So wohl diese Derby-Triumphe Klotens Gemüt auch tun, so wenig haben sie Einfluss auf die langfristige Entwicklung. Zwei Siege gegen einen Rivalen, der zurzeit offensichtlich nicht dazu in der Lage ist, sein bestes Hockey zu spielen, machen noch keinen Frühling. Sie haben Larry Mitchell den Platz an der Bande nicht gerettet.
In der Geschichte der Klotener Hockeykultur gibt es in diesem Jahrhundert einige dramatische Wendungen, Irrungen und Wirrungen. Gerade auf der Führungsebene. Von Peter Bossert (der den Klub saniert und als Tabellenführer übergab) und Jürg Bircher über Philippe Gaydoul, Bill Gallacher oder Hans-Ulrich Lehmann bis zu Mike Schälchli plus einem kurzweiligen und kurzen Intermezzo mit Adi Fetscherin hat Kloten eine bunte, unterhaltsame, ja hollywoodreife «Ahnen-Galerie» an Besitzern und Präsidenten: Gentlemen, Gaukler, Abenteurer, Macher, reiche Onkel aus Amerika, geizige Millionäre oder spendable Millionäre mit zu viel Geld und zu wenig Sport-Verstand – ach, hätte das unser aller Gottfried Keller («Seldwyla») das alles noch erleben dürfen. Dazu kommen noch Namenswechsel plus Abstieg und Wiederaufstieg.
Nun hat Jan Schibli den Vorsitz. Er kennt Klotens «Hockey-Seele» und die Mentalität im «Dorf» seit Jahrzehnten. Als lokal verwurzelter Unternehmer hat er reiche Führungserfahrung und ein Netzwerk so weitreichend wie das Wurzelwerk einer tausendjährigen Eiche. Er ist drauf und dran, nach einer stürmischen, zeitweise chaotischen Anfangsphase den Klub nach dem Vorbild von Ambri, Langnau oder Ajoie in ruhige Gewässer zu steuern. Nicht so charismatisch wie Ambris Filippo Lombardi, nicht so gelassen wie Langnaus Peter Jakob und politisch nicht ganz so erfahren und schlau wie Ajoies Patrick Hauert. Aber er hat von allen drei etwas. In stürmischen Zeiten der richtige Mann für Kloten.
Der Trainerwechsel von Larry Mitchell zu Stefan Mair ist ein Schritt in die richtige Richtung zurück zu den Wurzeln. Ob Larry Mitchell seine Position als Sportchef halten kann, wird sich im Laufe der nächsten Wochen zeigen. Affaire à suivre.
Aktuelle
Note
7
Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.
6-7
Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.
5-6
Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.
4-5
Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.
3-4
Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.
Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.
5,2
09.22
5,2
09.23
5,2
01.24
Punkte
Goals/Assists
Spiele
Strafminuten
Er ist
Er kann
Erwarte