Vielleicht wird diese Szene am Ende der Saison Symbolcharakter haben. Gaëtan Haas erscheint nach dem Spiel mit einem Eisbeutel über dem Unterarm. Nach einem Testspiel. Das bedeutet: Er hat gegen den SCB Schläge eingesteckt. Das bedeutet auch: Er ist dorthin gegangen, wo es Schläge absetzt.
Gaëtan Haas, 2019 mit dem SCB Meister, personifiziert seit der Rückkehr aus Kanada (zwei Jahre bei Edmonton) im Sommer 2021 Biels Hoffnungen auf den ersten Titel seit 1983. Letzte Saison vermochte er sie bei Weitem nicht zu erfüllen (44 Spiele/7 Tore). Zwei Faktoren waren entscheidend: Er braucht nach den zwei Jahren in Nordamerika lange Zeit, bis er in Biel ankommt. Und dann wird er vor den Playoffs durch eine Krankheit geschwächt. Boshafte Naturen erinnern sich an einen Satz von Biels Sportchef Martin Steinegger aus der Zeit, als Gaëtan Haas noch für den SCB stürmte: «Der Fuchs ist der bessere Haas.» Er meinte damals: Jason Fuchs, damals noch bei Biel (heute Lausanne), sei besser als Gaëtan Haas.
Gut möglich, dass es in der neuen Saison sicher nicht mehr so sein wird. Gaëtan Haas wirkt in seinem Spiel dominanter, robuster, selbstsicherer. So als sei er sich seiner Verantwortung als teuerster Schweizer Spieler in Biels Geschichte mehr denn je bewusst. Als sei er endlich wieder angekommen in seiner Heimat Biel, die er 2017 Richtung Bern verlassen hat. Sozusagen ein neuer Gaëtan Haas (30).
Der EHCB verliert das Finale des Berner Cups gegen den SCB mit 4:6. #EHCB pic.twitter.com/bqmKXKd37A
— EHC Biel-Bienne (@ehcb_official) August 26, 2022
Das mag in einem Testspiel wenig heissen. Und doch deutet eine Aussage darauf hin, dass es so sein könnte. Gaëtan Haas sagt, er habe im Sommer endlich Zeit gehabt, den Kopf zu lüften. «Es war der erste Sommer seit Jahren, um richtig durchzuatmen.» Keine WM verlängerte die Saison und auch kein schwieriger Entscheid wie vor zwei Jahren (noch einmal NHL? Rückkehr in die Schweiz und wenn heimkommen, zu welchem Klub?) beschäftigte ihn.
Biels DNA ist die gleiche geblieben wie in den letzten Jahren: dynamisches Lauf- und Tempohockey. Offensive Schillerfalter. Zu wenig Biss gegen einen SCB, der nach zwei 9. Rängen und einem 11. Platz kraftvoll die Rehabilitation anstrebt und schon bei Testspielen im August zur Sache geht, als kämen bald die Playoffs. Und logischerweise in der Vorbereitung noch unbesiegt ist.
Aber bei Biel fehlten Männer für eine ganze Sturmlinie (Mike Künzle, Etienne Froidevaux und Luca Cunti). Absenzen, die auch ein bissiger Gaëtan Haas nicht zu kompensieren vermochte.
Biel spielte in Langenthal gegen den SCB. Der Ort passt. Denn aus Langenthal kommt das interessanteste Gerücht: Kehrt Kevin Schläpfer im nächsten Sommer nach sechs Jahren heim nach Biel? An den Ort, den er am 24. Oktober 2017 «unfreiwillig freiwillig» verlassen hat.
Gut zehn Jahre lang hatte er den EHC Biel als Sportchef und später als Trainer so geprägt, dass der Baselbieter im Seeland bis heute als «Hockey-Gott» verehrt wird: Mit Kevin Schläpfer als Sportchef ist Biel in die höchste Liga zurückgekehrt, mit ihm an der Bande hat sich Biel in der National League etabliert und die Playoffs erreicht. Bis er im Herbst 2017 Sportchef Martin Steinegger ersucht, ihn vom Amt des Trainers zu entbinden.
Danach scheitert Kevin Schläpfer in Kloten als Nothelfer, macht ein Jahr Pause und seit 2019 arbeitet er als Sportchef in Langenthal. Der Vertrag läuft Ende Saison aus. Eine Fortsetzung der Zusammenarbeit ist eher fraglich: Langenthal fehlen Geld und Ambitionen für höhere Ziele, und eigentlich ist Kevin Schläpfer eine Nummer zu gross für den Job in Langenthal.
Auf die Frage nach der Zukunft sagt Kevin Schläpfer: «Es gibt Gespräche. Mehr kann ich nicht dazu sagen, es ist noch zu früh.»
Biels Manager Daniel Villard bestätigt, dass er der Gesprächspartner ist. «Ja, es ist richtig, dass ich mich mit Kevin ausgetauscht habe. Es besteht die Möglichkeit, dass er bei uns im Nachwuchs arbeitet. Eine entsprechende Position müssten wir aber erst schaffen. Es sind noch nicht mehr als lockere Gespräche.»
Niemand kennt die Stärken und Schwächen von Kevin Schläpfer (50) besser als Daniel Villard (49). Er hat ihn in Biel als Manager und damit als Vorgesetzter während der ganzen Zeit begleitet. Wenn Kevin Schläpfer irgendwo in der höchsten Liga funktionieren kann, dann in Biel. Und mit seiner Energie und seiner Leidenschaft kann er sehr wohl bei der Ausbildung junger Spieler eine Schlüsselrolle übernehmen. Und auch als Botschafter für die Bieler Hockey-Kultur.
«Ja, ja, ich habe mich mit Daniel Villard unterhalten», bestätigt Kevin Schläpfer etwas unwirsch. Aber es sei wirklich noch viel zu früh, um konkrete Aussagen zu machen. Und er müsse sich auch gut überlegen, ob er mit einer Rückkehr nach Biel seinem Sohn Elvis einen Gefallen machen würde. Elvis Schläpfer (21) hat sich letzte Saison einen Stammplatz erkämpft. Nicht als Künstler wie einst sein Vater. Sondern als taktisch verlässlicher, zäher Offensivarbeiter im dritten oder vierten Sturm. Der Vertrag läuft aus, Martin Steinegger möchte verlängern. Vater und Sohn im gleichen Klub? Warum nicht?
Die Frage, wie es mit Kevin Schläpfer weitergeht, ist also noch lange nicht beantwortet und wird uns hin und wieder eine Story bescheren. Noch einmal ein Trainerjob in der National League? Die Chancen sind gering. Langnau war im letzten Frühjahr wohl seine letzte Chance. Die Langnauer haben sich für Thierry Paterlini entschieden.
Noch einmal Sportchef in der National League? Wohl kaum. Die Büroarbeit am Computer, die nun mal heute dazu gehört, mag er nicht. Ein Trainerjob in der Swiss League? Das könnte eine Option sein. Aber wer hat die Strukturen, die Kevin Schläpfer braucht, um zu funktionieren und wer die Ambitionen und Mittel, um seinem Ehrgeiz gerecht zu werden. Mit einer Fortsetzung der Karriere in der Swiss League, egal auf welchem Posten, driftet er immer weiter weg vom Traumland National League.
So gesehen ist Biel eine sehr gute Variante. Affaire à suivre.