Sport
Eismeister Zaugg

Ein Team in der falschen Liga – die Oltner haben sich im Nebel verirrt

Die Oltener Spieler mit Luca De Nisco, Mitte, sind enttaeuscht nach der Niederlage im vierten Spiel des Eishockey Playoff Finals der Swiss League zwischen dem EHC Olten und dem HC La Chaux-de-Fonds au ...
Trotz Niederlage: Im Playoff-Final 2023 war Olten sportlich auf der Höhe – aktuell liegt das Team auf dem vorletzten Platz.Bild: keystone
Eismeister Zaugg

Ein Team in der falschen Liga – wie sich die Oltner im Nebel verirrt haben

Der EHC Olten möchte aufsteigen und kann nicht. Die Frage ist nicht mehr ob, sondern nur noch wann Olten freiwillig in die MyHockey League absteigen, seine Hockey-Kultur neu justieren und sein Trauma loswerden wird. Keine Polemik. Eine sachliche Auslegeordnung.
10.10.2024, 02:40
Mehr «Sport»

Eine unsinnige Besonderheit unserer Hockey-Bürokratie verlangt von den Klubs der zweithöchsten Liga, ein Aufstiegsgesuch einzureichen. Lange bevor überhaupt klar ist, ob es sportlich reichen wird, muss ein offizielles Bekenntnis zum Aufstieg gemacht werden.

Der EHC Olten reicht auch diese Saison ein Aufstiegsgesuch ein. In Olten ist eigentlich allen klar, dass inzwischen ein Aufstieg weder möglich noch finanzierbar ist. Oltens Aufstiegsgesuche mahnen inzwischen – um es politisch etwas unkorrekt auszudrücken und wofür sich der Chronist sogleich entschuldigt – an einen Gatten, der nicht mehr an seine Ehe glaubt, aber seiner Angetrauten immer wieder versichert, er liebe sie. Um sie bei Laune zu halten.

Oltens Aufstiegsgesuch ist, bei Lichte besehen, eine Farce. Aber das Gesuch wird eingereicht, um das Publikum bei Laune zu halten. Inzwischen macht der EHC Olten Jahr für Jahr eine Million minus. Mit einem Team, das im Falle eines Aufstieges noch weniger konkurrenzfähig wäre als Ajoie.

Präsident Marc Thommen fürchtet den Aufstieg richtigerweise wie der Teufel das geweihte Wasser. Weil er dann mit seiner Männerrunde Jahr für Jahr ein noch grösseres Loch stopfen müsste. Was er so natürlich öffentlich nicht eingesteht.

Ein grosser Philosoph hat einmal gesagt, am Anfang stehe der Gedanke, dann folge das Wort und schliesslich die Tat. Im letzten Frühjahr hat Marc Thommen zum ersten Mal öffentlich über einen möglichen freiwilligen Abstieg in die MyHockey League gesprochen. Der nächste Schritt ist die Tat.

Die Frage ist natürlich: Würde es für Olten Sinn machen, dem Beispiel von Langenthal zu folgen und zum ersten Mal seit mehr als 50 Jahren nur noch Amateur-Hockey zu spielen? 1970 ist Olten in die damalige NLB aufgestiegen und seither in den beiden höchsten Ligen geblieben. Wäre ein freiwilliger Abstieg nicht ein Verrat an dieser grandiosen Hockeykultur?

Wenn es möglich ist, in Ambri oben, in Pruntrut und Langnau hinten ein Team in der höchsten Liga zu finanzieren – müsste das dann nicht auch im Mittelland, in Olten möglich sein?

Olten ist «Hockeytown». Ohne Wenn und Aber. Eine Stadt des Eishockeys. Die Identifikation mit dem Hockeyclub ist ähnlich hoch wie in Ambri, Langnau und Pruntrut. Wir spielen Eishockey, also sind wir. Aber Olten ist nicht Ambri, Langnau oder Pruntrut. In Olten steht nur das Volk hinter dem Hockeyclub. Also die einfachen, arbeitenden, braven und steuerzahlenden Leute. Die politische Elite hingegen gar nicht und die wirtschaftliche Elite, ohne die in keiner Stadt Profihockey finanziert werden kann, bloss mit vornehmer Zurückhaltung.

Das mag polemisch tönen. Aber warum haben Ambri, Langnau und Ajoie neue Hockeytempel und Olten keinen? Weil sich in Olten die Politisierenden mit Lippenbekenntnissen begnügen. Warum können sich Ambri, Langnau und Pruntrut in wirtschaftlich ärmeren Gegenden ein Team in der höchsten Liga leisten und Olten nicht?

Weil sich die lokale Wirtschaft für Ambri, Langnau und Ajoie stärker engagiert als in Olten.

Natürlich ist Oltens Kultstadion «Kleinholz» juristisch-administrativ tauglich für die höchste Liga. Aber die Arena ist nicht gut genug, um die Einkünfte zu erwirtschaften, die es für ein konkurrenzfähiges Team heute in der höchsten Liga braucht. Es fehlen die Logen, die Möglichkeit der Bewirtschaftung des Publikums durch Gastronomie. Ein Aufstieg in die höchste Liga wäre der Anfang einer noch grösseren Schuldenwirtschaft.

«Traktor Olten» und die Tore der letzten echten Bauern unseres Hockeys
und so sahs aus im kleinholz!
Das Oltener «Kleinholz».Bild: comments://912890349/1747391

Ist also die zweithöchste Liga – einst Nationalliga B, dann Swiss League, heute Sky Swiss League und morgen vielleicht NOMOMO-League (No more Money League) – die richtige Liga für Olten? Nein, sie ist es seit der Aufstockung auf 14 Teams und der juristischen Selbständigkeit der National League (vormals NLA) nicht mehr. Das Nadelöhr für den Aufstieg ist mit der Liga-Qualifikation, die mit vier Ausländern gespielt wird, für Olten seit der Pandemie zu gross geworden.

Ein Olten, das keine realistischen Aussichten mehr auf einen Aufstieg oder mindestens einen Meistertitel in der zweithöchsten Liga hat, verliert auf Dauer seine emotionale Anziehungskraft. Die Leidenschaft des Publikums ist mit der Einreichung eines Aufstiegsgesuches so wenig zu wecken wie die erkaltete Liebe der Gattin durch ein Liebesbekenntnis – um das eingangs erwähnte, politisch nicht ganz korrekte Bild zu wiederholen.

Oltens Aufstiegsgesuch ist eigentlich ein grober Etikettenschwindel.

Ein Aufstiegsgesuch einreichen und gleichzeitig vom Sparen fabulieren ist nur noch die Katze mit dem Strohhalm geneckt.

Also braucht es eine neue Liga. Kann die MyHockey League eine Alternative sein? Ja, sie wäre die perfekte Liga für den EHC Olten. Aus mehreren Gründen. Erstens wären die Oltner alle finanziellen Sorgen los. Das Budget könnte um zwei Drittel auf weniger als zwei Millionen zurückgefahren werden. Natürlich könnte die aktuelle Publikumszahl (2178 pro Partie) in der höchsten Amateurliga nicht mehr erreicht werden. Aber etwas mehr als 1000 Zuschauende wie in Langenthal wären durchaus möglich.

Zweitens ist die sportliche Qualität der MyHockey League erstaunlich hoch: Eigentlich ist es eine Sky Swiss League ohne Ausländer und ohne überbezahlte Durchschnittsspieler, die sich den Karriere-Herbst vergolden lassen. Der Unterhaltungswert ist in der höchsten Amateurliga mindestens gleich hoch. Endlich gäbe es wieder das Derby gegen Langenthal (wir spielen gegen Langenthal, also sind wir), Arosa käme nach Olten, aber auch Huttwil, Lyss und Thun.

Sky Swiss League Teams 2024/25
Die Logos der aktuellen Teams aus der Sky Swiss League.Bild: swissleague.tv

Drittens könnte die Nachwuchsarbeit, die in Olten inzwischen gut und klug aufgegleist worden ist, konsequent weitergeführt werden: Nachwuchsspieler können in der MyHockey League besser ans Erwachsenenhockey herangeführt werden als in der Sky Swiss League. Die Identifikation mit dem Team wäre grösser.

Kommt dazu: Wahrscheinlich könnte sich der EHC Olten dann gar ein Team in der höchsten Frauen-Liga leisten. Das würde zwar das Publikum nicht interessieren, gäbe aber politisches Prestige in der Stadt und Zugang zu neuen Sponsorengeldern.

Viertens könnte Olten in der MyHockey League um Qualifikationssieg und Meistertitel mitspielen. Nichts tut auch der Oltner Hockeyseele so wohl wie Siege und eine erste Meisterfeier nach mehr als einem halben Jahrhundert wäre nachgerade das Hochamt aller Hockeygefühle.

Fünftens könnten die Oltner endlich ihr «Ausländer-Trauma» überwinden: In der MyHockey League braucht es keine Ausländer mehr. Seit die Langenthaler im Frühjahr 2010 dem EHC Olten die beiden Kanadier Jeff Campbell und Brent Kelly ausgespannt haben, müht sich Olten Saison für Saison mit ungenügendem ausländischen Personal ab.

Wir können die Situation auch anschaulich mit den Wetterverhältnissen erklären: Inzwischen herrscht beim EHC Olten permanentes sportliches Nebelwetter ohne Aussichten auf Sonnenschein. Die Stimmung im Stadion beim Klassiker gegen Basel mahnte an melancholisches Herbst- und Winterwetter. Die Oltner haben sich im Nebel des Niemandslandes zwischen den beiden höchsten Ligen verirrt.

In der MyHockey League würden die Nebel weichen und es wäre sonniges Hockeywetter, das nur ab und zu von einem Gewitter kurz unterbrochen würde.
  • Stürmer
  • Verteidiger
  • Torhüter
player_image

Nation Flag

Aktuelle
Note

  • 7

    Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.

  • 6-7

    Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.

  • 5-6

    Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.

  • 4-5

    Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.

  • 3-4

    Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.

  • Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.

5,2

09.22

5,2

09.23

5,2

01.24

Punkte

Goals/Assists

Spiele

Strafminuten

  • Er ist

  • Er kann

  • Erwarte

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
HCD, SCB, ZSC und? Diese Klubs wurden schon Schweizer Hockey-Meister
1 / 13
HCD, SCB, ZSC und? Diese Klubs wurden schon Schweizer Hockey-Meister
HC Davos: 31 Titel, 6 seit 1986; zuletzt Meister: 2015.
quelle: keystone / ennio leanza
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Despacito mit Eishockey-Spielern
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
56 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Darkside
10.10.2024 03:10registriert April 2014
Tragische Entwicklung unseres Hockeys. Welche ohne Not, durch unfähige, selbstherrliche Funktionäre eingeleitet wurde. Shame on them.
1057
Melden
Zum Kommentar
avatar
bokl
10.10.2024 08:09registriert Februar 2014
Oder Olten gründet mit anderen Vereinen einen "Klub der Vernünftigen" in der Swiss League.

- kein Aufstiegsgesuch
- keine Ausländer
- keine überbezahlte Durchschnittsspieler
- vernünftiges Budget

Dann 2-3 Jahre warten bis die Unvernünftigen Pleite sind und weitere Interessierte in die nun finanzierbare zweithöchste Liga raufholen.
661
Melden
Zum Kommentar
avatar
maylander
10.10.2024 07:27registriert September 2018
Wenn schon ist das Nadelöhr zu klein geworden.

Das ist ja durchaus gewollt. Die Aufstiegsmöglichkeit ist nur noch theoretisch gegeben.
593
Melden
Zum Kommentar
56
Angstgegner Schweden für die Hockey-Nati wieder mal eine Nummer zu gross
Für das Schweizer Nationalteam setzt es im ersten Spiel des Heimturniers in Freiburg eine grosse Enttäuschung ab. Es unterliegt Schweden 1:4.

«Die Mannschaft hat das Potenzial, alle drei Partien zu gewinnen», sagte Nationaltrainer Patrick Fischer im Vorfeld des Turniers. Nachdem die ersten acht Partien vor heimischem Publikum im Rahmen der Euro Hockey Tour allesamt verloren gegangen waren, sollte nun endlich der erste Heimsieg her.

Zur Story