«Perfekt» sei es gewesen, sagt Marcel Koller. Perfekt, es ist nicht unbedingt ein Wort, das dem Trainer des FC Basel häufig über die Lippen kommt in der öffentlichen Aufarbeitung eines Spiels. Am Donnerstagabend, oder vielmehr Donnerstagnacht, wählt Koller aber dieses Wort. Es ist weit nach Mitternacht, als er das 2:2 zwischen Trabzonspor und dem FC Basel analysiert. Ein Punkt, mit dem der FC Basel sehr gut leben kann – in Anbetracht des guten Gegners, der heissen Atmosphäre, der langen Reise und der späten Anspielzeit.
Der FCB hatte das Spiel früh in eine gute Richtung gelenkt. Oder besser: Silvan Widmer tat dies. In der 20. Minute stieg er an der ersten «Stange», wie Koller es mit leichtem österreichischem Einschlag sagt, hoch, traf die Flanke von Kevin Bua perfekt mit dem Kopf und brachte so den Ball an der zweiten «Stange» unter.
Eine einstudierte Eckballvariante der Basler. Und eine, die dem Cheftrainer eben das Prädikat «perfekt» entlockt. «Natürlich ist das kein Zufall, dass das Tor so gefallen ist. Wir haben gute Kopfballspieler und Silvan ist sicher einer davon. Er hat das hervorragend gemacht», lobt der Trainer seinen Rechtsverteidiger.
Dass Widmer Qualitäten im Kopfballspiel aufweist, ist in dieser Saison nicht zu übersehen. Drei Tore hat er in dieser Spielzeit erzielt. Allesamt mit dem Kopf. Das erste gegen Thun, das zweite gegen YB und das dritte eben am Donnerstag. Eine wenig überraschende Konstellation, wie der Spieler selber meint: «Es ist ja nichts Neues, dass ich kopfballstark bin. Ich habe in meiner Karriere schon einige Tore mit dem Kopf gemacht.» Ein Blick in die Statistik verrät: Gar die Hälfte all seiner Karrieretore hat er mit dem Kopf erzielt, 12 von 24. Diese Stärke habe er seit der Jugend. «Die Sprungkraft war immer schon eine meiner Stärken, genauso wie das Timing. Das ist bei Kopfbällen vielleicht noch wichtiger.»
Dennoch fiel Widmer in der vergangenen – seiner ersten – Saison in der Super League nicht zwingend als Kopfball-Ungeheuer auf. Er stellt dies nicht in Abrede, sagt aber: «Im Moment habe ich einfach das Gespür.» Ein Gespür, dessen Ursachenforschung selbst für ihn nicht einfach ist. «Ich weiss es nicht», sagt er, angesprochen auf seinen Lauf. Es ist aber nicht gewagt zu sagen, dass bei Silvan Widmer aktuell nicht nur der effektive Moment des Erzielens eines Tores Kopfsache ist.
Sein Start vor einem Jahr war schwierig. Die Vorbereitung war knapp, die Fitness nicht auf dem gewünschten Niveau. Dann kamen die schwachen Resultate dazu, das Hadern – mit sich, aber auch damit, der Mannschaft nicht wie erhofft helfen zu können. Mittlerweile ist vieles anders. Widmer ist fit, er ist ein Hilfe, ein Gewinn. Weil es im Kopf wieder stimmt, stimmt es eben auch auf dem Platz. «Dieses Gespür für die Tore kommt auch mit den Erfolgserlebnissen», findet er doch noch eine Erklärung.
«Das Selbstverständnis und das Selbstvertrauen ist da. Und vor allem, das Wichtigste: Daran zu glauben, dass man an den Ball kommt. Und das tue ich in den letzten Wochen einfach.» Mit diesem neuen Selbstverständnis und -vertrauen hat sich Widmer zu dem Leistungsträger entwickelt, als der er geholt wurde. Im September schaffte er es auch wieder in den Kreis der Nationalmannschaft.
Für die beiden anstehenden Partien gegen Dänemark und Irland gehört er jedoch nicht mehr zum Kader. Denn während Widmer und Co. den vierstündigen Heimflug absolvieren, veröffentlichte der Verband das Aufgebot – ohne Widmer. Es wäre jenes Detail gewesen, welches wohl auch Silvan Widmer als perfekt bezeichnet hätte. (bzbasel.ch)