Die glorreiche Karriere von Claudio Pizarro ist am Montagabend zu Ende gegangen. Der 41-jährige Peruaner kam zwar in beiden Partien zwischen Werder Bremen und Heidenheim nicht zum Einsatz, mit dem Klassenerhalt erhielt die Karriere aber doch noch ein Happy End. Auch Pizarro stört es nicht, dass er nicht noch zu einem letzten Einsatz gekommen ist. «Es ist scheissegal, Hauptsache, wir sind drin», antwortete er seinem vier Jahre jüngeren Trainer Florian Kohfeldt, als sich dieser entschuldigen wollte.
Mit dem Rücktritt von Pizarro endet die Karriere einer richtigen Werder-Legende. Dabei hätte der Wechsel in die Bundesliga einst gar nicht stattfinden sollen. Am Anfang der grossen Bundesliga-Karriere des Peruaners steht das Geschick eines ehemaligen Fussball-Funktionärs.
Die Geschichte, die mit Pizarros Wechsel in die Bundesliga enden sollte, beginnt im Juli 1999 in der peruanischen Hauptstadt Lima. Erstligist Alianza trainiert wie gewohnt hinter verschlossenen Türen. Das ist zumindest der Plan. Niemand sieht, dass sich hoch oben auf der Tribüne ein Mann in einem Anzug aufhält, der das Geschehen aufmerksam beobachtet. Vor allem einen Spieler schaut sich der Mann ganz genau an: das noch unbekannte 20-jährige Sturmtalent mit Namen Claudio Pizarro.
Jürgen L. Born ist der Name des heimlichen Beobachters des Trainings. Der deutsche Banker ist eigentlich in Lima, um die peruanische Norbank zu überprüfen. Doch an diesem Abend hat er frei. So hat er sich in seinem Hotelzimmer an den jungen Pizarro erinnert. Er ist ihm im Juni bei einem Spiel der Copa America bereits aufgefallen.
Und so hat sich der Banker, der erst kürzlich seinen Job als ehrenamtlicher Vorsitzender der Geschäftsführung beim Bundesligisten Werder Bremen angetreten hatte, dazu entschieden, den Peruaner nochmals zu beobachten. Selbst als er gesehen hat, dass ein Zaun das Gelände umgibt, lässt er nicht locker. Ein bestehendes Loch in der Absperrung vergrössert er etwas, klettert hinein und schleicht sich auf die Tribüne, um Pizarro zuzuschauen.
Und was er sieht, imponiert Born. Der junge Stürmer trifft und trifft im Training und geht ihm auch in den kommenden Tagen nicht aus dem Kopf. Als er nach Deutschland zurückkehrt, sucht er deshalb das Gespräch mit Werder-Manager Klaus Allofs. Die beiden reisen gemeinsam ein weiteres Mal nach Lima, klettern durch das Loch, das Born bei seinem letzten Besuch gemacht hat und schauen dem Stürmer zu. Auch Allofs ist sofort überzeugt: Diesen Pizarro müssen sie nach Bremen holen.
So setzen sich die beiden Deutschen mit Pizarros Familie in Kontakt. Dem Vater, der ebenfalls Claudio heisst und einst als Offizier im Militär Karriere gemacht hat, sind die beiden sympathisch. Er lädt Born und Allofs sowie Spielerberater Carlos Delgado zu sich nach Hause ein. Auch dank «tonnenweise Pisco Sour», wie sich Born später erinnern wird, sind sie sich noch an diesem Abend einig: Pizarro soll nach Bremen wechseln. Und wenig später einigen sich Born und Allofs auch mit den Verantwortlichen von Alianza Lima über eine Ablösesumme von 1,5 Millionen Euro.
Noch ist der Wechsel von Pizarro allerdings nicht fix. Vor den Gesprächen mit Bremen hat sich der Stürmer eigentlich schon mit dem spanischen Team Betis Sevilla geeinigt. Und als die Spanier erfahren, dass Pizarro in Deutschland ist, um den Vertrag zu unterschreiben, wollen sie ihn sofort zum Gespräch treffen und melden sich bei Born. Dieser merkt, dass der Transfer scheitern könnte. So greift er zur Notlüge.
«Wir treffen uns mit Pizarro in Hamburg, im Hotel Vier Jahreszeiten», sagt er den Betis-Verantwortlichen, die sofort dorthin reisen. Dabei findet das Treffen mit Pizarro eigentlich im Hotel Maritim in Bremen statt. So werden dort noch in der Nacht die letzten Details geklärt, um 3 Uhr morgens ist der Vertrag unterschrieben. «Die Vertreter von Betis haben mich zur Hölle geschickt», erinnert sich Born Jahre später noch. Damit ist der Wechsel Pizarros nach Bremen fix – in eine Stadt, von der er neben dem Fussball nur das Märchen der Bremer Stadtmusikanten kennt. Und in ein Land, dessen Sprache er weder spricht noch versteht.
Dennoch braucht der 21-jährige Stürmer nicht lange, um in Bremen Fuss zu fassen. Bereits in seinem zweiten Spiel gelingt ihm sein erster Treffer, in seinem dritten gar schon ein Hattrick gegen Wolfsburg. Es sind die ersten Treffer von vielen in der Bundesliga. 109 Tore erzielt er für Werder Bremen, wo er insgesamt vier Mal spielt, 87 für seine zweite Liebe Bayern München und eines bei seinem Abstecher nach Köln. Mit diesen insgesamt 197 Treffern ist er der zweitbeste nicht-deutsche Torschütze der Liga, nur Robert Lewandowski ist noch besser.
In seinen 20 Saisons in der Bundesliga kam es nur zweimal vor, dass Pizarro ohne Treffer blieb. So auch in seiner letzten, wo er nicht mehr über eine Rolle als Ergänzungsspieler hinausgekommen ist. Trotzdem wurde er von seinen Teamkollegen nach dem Klassenerhalt nochmals gefeiert. Danach verliess Pizarro den Rasen – wohl für immer. Der 41-Jährige plant keine Karriere als Trainer. Stattdessen will er sich endlich mehr seiner Familie widmen und wieder mehr Zeit in Peru verbringen.
Die Scouting/Transfer-Story ist aber schon sehr lustig/komisch, würde heute wohl nicht mehr so klappen.
Und wenn du doch noch Bock hast den Rekord zu brechen, du schaffst das noch in deinen 50igern.