Die bayrische Fussball-Welt ist gestern etwas aus den Fugen geraten. Dass David Alaba sich nach 12 Jahren bei Bayern München mit den Klub-Bossen nicht über einen neuen Vertrag einigen konnte und deshalb zu Real Madrid wechselt, stiess den Anhängern des deutschen Rekordmeisters ja schon sauer auf.
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— Real Madrid C.F. (@realmadrid) July 21, 2021
Dass der 29-jährige Österreicher, der in München als Publikumsliebling und Identifikationsfigur galt, nun bei seiner Vorstellung in Madrid das Trikot seines neuen Arbeitgebers küsste, war für viele Bayern-Anhänger ein absolutes No-Go. Kein Wunder, schliesslich gilt der Wappen-Kuss bei Fans als eine der grösstmöglichen Liebesbekundungen eines Spielers zu seinem Verein. Die Kommentare in den sozialen Medien konnten deshalb deutlicher kaum sein:
Ziemlich heftig. Aber ist ein Kuss auf das Wappen seines Vereins wirklich so schlimm? Ganz nüchtern betrachtet muss man klar sagen: «Nein». Wer würde sich bei einem Job-Wechsel nach 12 Jahren bei ein- und demselben Arbeitgeber nicht über eine neue Herausforderung freuen? Bestimmt gibt es da draussen einen Ex-Microsoft-Arbeiter, der nach seinem Job-Wechsel heimlich das Google-Logo küsst.
¡Por fin! ¡Vamos Real! Estoy super feliz de poder dar mi mejor para este club en mi camiseta blanca. Estoy seguro de que celebraremos muchos éxitos juntos. ¡Gracias por esta cálida bienvenida!
— David Alaba (@David_Alaba) July 21, 2021
¡Hala Madrid! 🤍 @realmadrid pic.twitter.com/SGbSvvt84J
Aber Microsoft ist halt nicht Bayern und Google nicht Real Madrid. Alaba hat die öffentliche Wirkung seines Kusses sicherlich unterschätzt. Aber was soll er dann tun? Noch ein Mal ein Beispiel, das unseren Alltag betreffen könnte. Wenn man sich nach 12 Jahren von seiner ersten Freundin trennt und dann eine neue Beziehung beginnt, hat man doch auch das Bedürfnis, die neue Partnerin zu küssen. Selbst nach einer unschönen Trennung muss das ja nicht heissen, dass man die gemeinsame Zeit mit der Verflossenen nicht geschätzt oder genossen hat.
Klar hätte Alaba cleverer und vor allem sensibler sein können und seine öffentliche Liebesbekundung zu Real besser etwas nach hinten verschoben. Der Fan-Ärger ist bis zu einem gewissen Punkt ja auch verständlich: Wer will schon seine Verflossene kurz nach der Trennung mit einem Neuen knutschen sehen?
Alaba hat wohl unterschätzt, dass es im Fussball vor allem bei den Fans um Gefühle und Emotionen geht. Und die können gerade nach langen Beziehungen schnell verletzt werden. Die Liebe der Fans zu einem Verein ist auch eine völlig andere als bei einem Spieler, für den der Klub nicht in erster Linie Liebe, sondern vor allem Arbeitgeber ist.
🤳 ¡@David_Alaba ya está listo, #RMFans!#WelcomeAlaba pic.twitter.com/o2XPe8FwQ3
— Real Madrid C.F. (@realmadrid) July 21, 2021
Im Gegensatz zu den Fussballern bleiben die Fans ihrem Klub meist ein Leben lang treu und erwarten das auch von den Spielern. Doch hier ist die Realität – wie im richtigen Leben – halt eine andere. Nicht alle Beziehungen halten ewig, auch wenn man es sich so sehr wünschen würde. Die Beziehung zwischen Alaba und den Bayern ging im letzten Herbst in die Brüche, als man auf unüberbrückbare (finanzielle) Differenzen stiess. Die Trennung war dann der logische Schritt.
Nun hat sich der Verteidiger in ein neues Abenteuer gestürzt. Mit Real scheint es Liebe auf den ersten Blick zu sein. Das kann man ihm nicht verübeln. Und am Ende hat Alaba ja nur eines gemacht: Seine neue Freundin geküsst. Und das sollte doch eigentlich das Normalste der Welt sein.
Ich persönlich finde es eher stark, dass Alaba 12 Jahre für denselben Verein gespielt hat. Das sieht man auch immer weniger.