Hochdeutsch ist angesagt für Noemi Ivelj. Nicht nur an den Pressekonferenzen des Nationalteams, sondern ab der kommenden Saison auch im Klub. Die junge Mittelfeldspielerin geht nach acht Jahren bei den Grasshoppers den so oft zitierten nächsten Schritt auf der Karriereleiter und läuft künftig für die Eintracht aus Frankfurt auf.
«Die Bundesliga war schon immer ein Traum von mir. Der Spielstil der Eintracht passt perfekt zu meinem», sagt Ivelj. Der Klub aus Hessen habe sie vom ersten Gespräch an überzeugt. Bestärkt in ihrem Entscheid wurde die Zürcherin von ihren Nationalmannschaftskolleginnen Nadine Riesen und Géraldine Reuteler, die beide ebenfalls bei der Eintracht unter Vertrag stehen. Allzu viele Worte will Ivelj aber nicht über ihren neuen Klub verlieren. «Der Fokus liegt nicht in der Zukunft, sondern in der Gegenwart», sagt sie. Sprich: auf der EM.
Für die erst 18-Jährige ist die Europameisterschaft im eigenen Land das erste grosse Turnier. Erst zehn Länderspiele hat sie bestritten, dabei jedoch meist überzeugt, sodass sie nicht um ihren Platz im 23er-Kader von Nationaltrainerin Pia Sundhage bangen muss. «Ich spüre das Vertrauen der Trainerin und bin sehr dankbar dafür. Es gibt mir noch mehr Sicherheit und Selbstvertrauen.»
Die Konkurrenz im zentralen Mittelfeld, wo Ivelj ihre Stärken am besten ausspielen kann, ist jedoch gross. Captain Lia Wälti dürfte – wenn sie denn fit ist – gesetzt sein. Hinzu kommen Smilla Vallotto, deren Wechsel von Hammarby IF nach Wolfsburg unlängst bekannt wurde, und Iveljs künftige Klubkollegin Reuteler. Ivelj sieht im Trio jedoch nicht in erster Linie Konkurrenz, sondern Vorbilder. «Ich kann sehr viel von ihnen lernen. Von Lia die Ruhe am Ball, von Smilla und Géri den Offensivdrang und das Mutige, frei aufzuspielen.»
Mutig und frei aufspielen, den von Aussen an das Team herangetragenen Druck an sich abprallen lassen – es wird keine leichte Aufgabe werden, wenn am 2. Juli in Basel ein ausverkauftes Stadion den Sieg im Eröffnungsspiel gegen Norwegen erwartet. Ivelj zeigt sich jedoch gelassen: «Ich denke nicht gross nach auf dem Platz, sondern gebe einfach Vollgas.»
Den Kopf ausschalten, die letzten Spiele einfach nur vergessen, wäre kein schlechter Ratgeber. Zu vieles liessen die Schweizerinnen in der jüngeren Vergangenheit vermissen. Seit mittlerweile acht Spielen wartet das Team von Pia Sundhage auf einen Sieg. «Wir waren nicht so erfolgreich in den letzten Spielen. Aber an der EM werden wir bereit sein. Wir müssen mutiger werden, den Ball besser halten. Wichtig ist es, dies auch kontinuierlich zu machen. Dann liegt die Qualifikation für den Viertelfinal absolut drin», zeigt sich Ivelj analytisch und gleichzeitig selbstbewusst.
Womöglich rührt das Selbstbewusstsein von der vergangenen Saison. Mit den Grasshoppers landete Ivelj in der Qualifikation lediglich auf Platz 6, in den Playoffs jedoch stiessen die Zürcherinnen bis in den Final vor. Ivelj weiss also, was es braucht, um am Tag X bereit zu sein und als Aussenseiter einen Coup zu landen. «Wir haben mit GC hart gearbeitet, das machen wir nun auch mit der Nati. Man darf nie ein Team unterschätzen, es ist immer alles möglich.»
Vielleicht rührt das Selbstvertrauen aber auch vom Besuch Chiara Leones her. Die Olympiasiegerin schnupperte am Dienstag beim Training der Nati in Nottwil rein. Später hielt sie vor dem Team einen Vortrag, der als Inspiration dienen sollte. Zumindest bei Ivelj scheint die Schützin ins Schwarze getroffen zu haben. «Sie hat die Goldmedaille gewonnen, was für uns eine Inspiration ist, auch die Goldmedaille zu holen.» (riz/sda)