Sport
Kommentar

Nati-Trainer Petkovic will weg – verständlich, aber das birgt Gefahren

epa09318274 Switzerland's head coach Vladimir Petkovic reacts during the UEFA EURO 2020 quarter final match between Switzerland and Spain in St.Petersburg, Russia, 02 July 2021. EPA/Anatoly Malts ...
Ein Abgang von Vladimir Petkovic wäre für die Nati ein grosser Verlust.Bild: keystone
Kommentar

Nati-Trainer Petkovic will weg – das ist verständlich, birgt aber Gefahren

Vladimir Petkovic scheint die Schweizer Nationalmannschaft verlassen zu wollen. Der 57-jährige Tessiner steht vor einem Wechsel zu Girondins Bordeaux. Eine Ausgangslage, die ziemlich viel Spannung beinhaltet.
26.07.2021, 13:15
etienne wuillemin / ch media
Mehr «Sport»

17 Tage erst sind vergangen, seit die Schweizer Fussballer den EM-Viertelfinal gegen Spanien nach heroischem Kampf im Penaltyschiessen verloren haben. Nun kommt die Nachricht: Trainer Vladimir Petkovic will die Schweizer Nationalmannschaft verlassen. Die Franzosen von Girondins Bordeaux haben ihm ein konkretes Angebot vorgelegt. Petkovic hat sich mit dem Verein geeinigt, er möchte einen Vertrag bis 2024 unterschreiben. Was ist davon zu halten?

Zunächst einmal: Noch sind nicht alle Formalitäten erledigt. Noch hat der Schweizer Fussballverband seinem Trainer die Freigabe für einen Wechsel nicht erteilt. Es geht auch um Geld. Das ist gerade im Nachgang zu Corona nicht unwesentlich. Bis zu einer halben Million Franken dürfte es Bordeaux kosten, Petkovic auszulösen.

Aber: Dass sich der Schweizer Verband quer stellt und auf den Vertrag mit seinem Nationaltrainer pocht, ist kaum vorstellbar. In gut einem Monat geht es bereits weiter mit der WM-Qualifikation, Gruppenfavorit Italien ist in Basel zu Gast, eine Hängepartie rund um den Nationaltrainer käme äusserst ungelegen.

Die Frage nach dem Zeitpunkt eines Trainerwechsels bei der Nati stellt sich natürlich trotzdem. Und die ist aus zwei verschiedenen Perspektiven zu betrachten.

Der Wunsch von Vladimir Petkovic, die sich bietende Chance bei Bordeaux zu ergreifen, ist verständlich. Sieben Jahre hat er die Nati nun betreut. 2014 hat er das Team von Ottmar Hitzfeld übernommen. Er hat dessen Erbe zunächst klug verwaltet, danach die Mannschaft sanft entwickelt. Und zuletzt auf ein neues Level gehievt. Drei grosse Turniere stehen in Petkovics Erfolgsbilanz, immer hat er dabei die Gruppenphase überstanden, zweimal schied die Schweiz im Achtelfinal aus, bevor nun der historische Sommer folgte.

Kein günstiger Zeitpunkt

Die EM 2021 war unbestritten das Highlight, das noch lange strahlen wird. Die erstmalige Qualifikation für einen Viertelfinal in der Neuzeit, der epische Sieg im Achtelfinal gegen Frankreich, überhaupt die ganze Dramaturgie dieses Turniers – es sind unübertreffliche Momente, das ist auch Petkovic selbst bewusst. Petkovic geht darum auf dem Höhepunkt, als Sieger ohne Wenn und Aber.

ARCHIVBILD --- ZUM RUECKTRITT VON ADMIR MEHMEDI AUS DER SCHWEIZER FUSSBALL NATIONALMANNSCHAFT STELLEN WIR IHNEN FOLGENDES BILD ZUR VERFUEGUNG --- Vladimir Petkovic Trainer der Schweizer Nationalmannsc ...
Mehmedi ist schon weg, geht jetzt auch Petkovic?Bild: keystone

Darum ist es nachvollziehbar, dass Petkovic eine neue Herausforderung sucht. Girondins Bordeaux tönt auf den ersten Blick zwar nicht nach dem lukrativsten Job aller Zeiten. Doch die Aufgabe beim französischen Traditionsverein ist durchaus reizvoll. Der Verein steckt in der Krise, stand im Frühsommer kurz vor dem Konkurs. Jetzt darf Petkovic eine neue Epoche einläuten. Es ist ihm zu gönnen.

Und die Nati? Für das Nationalteam kommt der Wechsel nicht gerade zum günstigsten Zeitpunkt. Die Gruppe hat mit Petkovic bestens funktioniert, oder besser: harmoniert. Im Optimalfall wäre die Zusammenarbeit bis mindestens nach der WM 2022 in Katar bestehen geblieben. Nun geht es für den SFV darum, möglichst rasch einen Nachfolger zu finden. Wie auch immer dieser heisst, es steht gleich eine herausfordernde Zeit an. Die Qualifikation für Katar ist kein Selbstläufer. Gelingt der Schweiz der Überraschungscoup nicht, Italien hinter sich zu lassen, dann steht im März 2022 die WM-Barrage an. Es wären zwei Finalspiele (ohne Rückspiel) – nur bei zwei Siegen wäre die Qualifikation geschafft.

Es ist eine Ausgangslage, die ziemlich viel Spannung beinhaltet. Aber eben auch einige Gefahren.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
So wurde die Schweizer Nati nach der EM 2020 empfangen
1 / 27
So wurde die Schweizer Nati nach der EM 2020 empfangen
Die Spieler der Fussball-Nati werden nach ihrem Ausscheiden im Viertelfinal der EM 2020 gegen Spanien am Flughafen in Zürich empfangen.
quelle: keystone / ennio leanza
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Schweiz haut Frankreich raus – und diese Kommentatoren drehen völlig durch
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
67 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
winglet55
26.07.2021 13:52registriert März 2016
Das er auf dem Höhepunkt abtreten will, begreife ich voll und Ganz. Weil dieses Resultat zu toppen wird schwierig. Ich möchte mich bei Hr. Petkovic für die hervorragende Arbeit bednken. Ebenso für sein dickes Fell, mit dem er über Schmähungen hinweggesehen hat.
1576
Melden
Zum Kommentar
avatar
Überdimensionierte Riesenshrimps aka Reaper
26.07.2021 13:51registriert Juni 2016
Jetzt könnte doch der Blick übernehmen 😏
1234
Melden
Zum Kommentar
avatar
Devante
26.07.2021 13:40registriert Mai 2014
Der Zeitpunkt ist nicht ideal, aber ich kann VP verstehen. Auf dem Höhepunkt abtreten.

Herr und Frau Füdlibürger werden seinen Wert erst schätzen, wenn er nicht mehr da ist....die kommentarspalten in anderen Zeitschriften werden wohl nun endlich happy sein, sofern ein "Eidgenosse" übernimmt...

Die Nachfolge wird spannend sein zu Verfolgen, bequem (Lustrinelli, Berner), langweilig (Koller, Löw), experimentell (Weiler) oder gar ein "Trainer-Star" a la Favre? ich bin gespannt
10610
Melden
Zum Kommentar
67
Wir wünschen euch einen so guten Tag, wie ihn Pep damals beim Training hatte
Du hast schlechte Laune? Führ' dir mal dieses Video von Manchester-City-Coach Pep Guardiola zu Gemüte. Es geht dir dann besser, versprochen.

(Und Pep selbst sollte es vielleicht auch gleich schauen, nachdem er gestern Abend auf ziemlich bittere Art und Weise aus der Champions League ausgeschieden ist und sich emotional gerade in weniger berauschenden Dimensionen bewegen dürfte ...)

Liebe Community,
aktuell kann einem vieles auf die Stimmung schlagen (was soll dieser erneute Wintereinbruch, gopf?! Schnee??? Ernsthaft?
🤬). Aber jetzt bloss nicht den Kopf hängen lassen. Wir haben hier eventuell genau die Dopamin-Spritze, die ihr braucht. Toggi meinte jedenfalls, ihm sei es nach dem Video direkt wieder besser gegangen. «So fühl ich mich amis, und so rede ich zu den Kindern, wenn die mal selber das Zimmer aufgeräumt haben», gab er zu Protokoll.

Zur Story